Denn zum Melken sind sie da

Wie eine Augsburger Wissenschaftlerin die letzten Geheimnisse des Wolpertingers lüftet

Fast alle Studenten schreiben Abschlussarbeiten über Allerweltsthemen. Nicht so Andrea Hartl. Die Studentin der Europäischen Ethnologie hat sich in ihrer Magisterarbeit ausführlich mit einem bayerischen Kuriosum beschäftigt: dem Wolpertinger. „Auf diese Idee kam ich, nachdem ich mich in meiner Zwischenprüfung schon mit diesem überaus nützlichen Wesen angefreundet hatte“, so die Expertin für seltene Tierarten. Wer noch keines dieser scheuen Tierchen gesichtet hat – hier eine kurze Beschreibung seiner Urform: Hasenkörper kombiniert mit Rehbockhörnern, Adlerflügeln und Entenfüßen.

Von Nadya Khan, Maja Viel

Diese Zusammenstellung kann je nach Wahl des Geschlechtspartners variieren. Daher entstanden eine Vielzahl an Unterarten. Er macht sogar vor Wasser nicht Halt und so ward der Flusspertinger geboren.

Speichel lässt müde Bärte sprießen

Bei ihren Untersuchungen in der Unibibliothek beschäftigte sich die 26-jährige ausführlich mit den Urvätern des Wolpertingers: Alfons Schweiggert und Paul Schallweg. Dabei machte sie eine geniale Entdeckung: Der Speichel dieses „bayerischen Viechs“ lässt müde Haare wieder sprießen. Dies haben sich auch die Oberammergauer Passionsspieler zu Nutze gemacht, wie man an ihrer ausgeprägten Gesichtsbehaarung leicht erkennen kann. Auch seinem Bauchfett wird eine besondere Wirkung zugesprochen, es verleiht uns Bayern Kraft und unvergleichliche Stärke.
Doch wo kann man diesem wundersamen Geschöpf begegnen? Kaum zu glauben: Er lebt immer noch in unseren Wäldern, Flüssen und Bergen. Dabei bevorzugt er „eine unterirdische Wohnhöhle mit Schlafkammer und einer Toilettenhöhle, natürlich mit Spülung – ermöglicht durch einen Fluss“, weiß die Absolventin zu berichten. Natürlich sind auch zahlreiche Fluchtwege vorhanden, die es den bayerischen Waidmännern erschweren sollen, ihn zu jagen.

Es steckt viel Spaß im Décolleté

Traditionell lockt man ihn mit einem Kartoffelsack – eine davor stehende Bienenwachskerze weist ihm den Weg in die Falle. Der Jäger steht mit einer Kohlenschaufel bereit um dem possierlichen Gesellen den letzten Schubs zu geben. Seiner Freiheit beraubt, fällt er in eine Schreckstarre. So macht er sich ganz prächtig auf dem Kaminsims oder auch wahlweise im Volkskundemuseum Oberschönefeld, wo ihm Andrea hautnah in seine erstarrten Augen blickte. In diesem Zustand kann man ihn nun nach Bedarf melken, um an seine begehrten Sekrete zu gelangen. Bis er in einem unbeobachteten Moment wieder flieht.
Aber Vorsicht: Denn so wie wir auf der Jagd nach ihm sind, so liegt auch er auf der Lauer!
Den Burschen beißt er gerne kräftig in die Wadeln, was die bayrischen Kniestrümpfe als Schutz erklärt. Auch die Madeln sind nicht sicher: sie sind seine begehrteste Jagdtrophäe. Liebend gern springt er ihnen in den üppigen Ausschnitt des Dirndls. Als Schutz haben sich zahlreiche bunte Verzierungen und Schmuck jeglicher Art am Rand des Décolletés bewährt.
Doch ist dies alles kein Grund, dieses friedliebende Tierchen wegen seines kostbaren Fells zu töten. Schließlich ist er ein elementarer Bestandteil beinahe aller bayerischen Traditionen. Und so fordert Andrea: Rettet die Wolpis.

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