Mein schönstes Ferienerlebnis

Uni mit ohne Studenten

Ein geheimer Tip für ungenutzte Ferienstunden: Es lohnt sich ein kleiner Ausflug in die Uni außerhalb der Vorlesungszeiten (aber psssst, das habe ich euch unter dem Siegel der Verschwiegenheit verraten – sonst ist der Uni-mit-ohne-Studenten-Effekt weg). Eigentlich bin ich ja nur mitten in den Semesterferien zur Uni gefahren, um zwei Scheine abzuholen. Schon in der Straßenbahn herrscht wohltuende Mittagsruhe – ich liebe es, wenn ich in den Ferien Zeit zum Lesen finde!

Von Tanja Thomsen

Ohne Zwischenfälle erreiche ich den Seiteneingang der Universität – kein Fahrrad klingelt mich weg, kein Grüppchen bummelnder Studenten versperrt mir den Weg. Drinnen ist es dämmerig, es wundert mich direkt, dass die Türe aufgeschlossen war. Der Teppich auf den Gängen wirkt heute das erste Mal gemütlich. In einer Ecke stehen zwei im Flüsterton fachsimpelnde Professoren, zwei Damen vom Reinigungsdienst verabschieden sich winkend voneinander – die einzigen Menschen (abgesehen von der Sekretärin), die ich heute zu Gesicht bekomme. Die Ruhe ist himmlisch. Kaum zu glauben, wie entspannt man in der sonst so hektischen Paukanstalt spazieren gehen kann! Ich komme durch einen Flur, der nach Heizung und Kaffee duftet; wünschte, sie würden hier Sofas aufstellen. Da könnte ich sofort meine Straßenbahnlektüre fortsetzen, vielleicht ein Nickerchen machen… Hinter einzelnen Türen vernehme ich gedämpfte Gespräche – die Uni ist kein leeres Geisterhaus in den Ferien! Unaufdringlich und dezent – gerade so, dass man sich nicht unwohl fühlt, weil’s zu einsam ist. Noch was ist anders: kein Zigarettenqualm – weder im Nichtraucherbereich noch sonstwo. Ist ja keiner da, der raucht. So erholt bin ich noch nie nach drei Stockwerken Treppensteigen im Sekretariat angekommen. Die Sekretärin lächelt mich freundlich an, wackelt mit den Zehen in ihren Hausschuhen und reicht mir meine Scheine. Eine Eins, eine Zwei. Ich komme nach Hause und hatte heute mein schönstes Ferienerlebnis: Uni mit ohne Studenten.

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