Beipackzettel für Studiengang gesucht?

Eine Gebrauchsanweisung für Volkskunde und Umweltethik

Es gibt Unterhaltungen, mit denen jeder Student spätestens auf der ersten Uniparty konfrontiert wird. Denn um diese eine bestimmte Frage kommt man in jedem netten Pläuschchen an der Bar auf keinen Fall herum. Beim unverfänglichen „Was studierst Du eigentlich so?“ sollte man sich deshalb auf einige Überraschungen gefasst machen.

Von Lieve Langemann / Nadya Khan

Der Grund dafür: Nicht von jeder Bezeichnung für einen Studiengang lässt sich direkt auf dessen Inhalt und Verwendungszweck schließen. presstige versucht, Licht ins Dunkel zu bringen! Mit unserem Bericht über den Studiengang Europäische Ethnologie/Volkskunde und das Aufbaustudium Umweltethik wollen wir allen Fachfremden einen Einblick in diese ungewöhnlichen Studiengänge gewähren – und allen Studierenden des Faches einen Ausblick in die berufliche Zukunft bieten.

Studiengang der Zukunft?

Schalten wir den Fernseher oder das Radio an, dringen immer neue Katastrophenmeldungen an unser Ohr: Dürreperioden, Waldsterben und Überschwemmungen – Probleme, die uns in Zukunft immer häufiger beschäftigen werden. Genau in diesem Bereich lassen sich auch Jobs der Zukunft finden. Klug ist, wer sich schon jetzt für das immer wichtiger werdende Thema Umwelt qualifiziert. Eine Möglichkeit dazu bietet der Aufbaustudiengang Umweltethik der Universität Augsburg. Er bietet Absolventen und Berufstätigen aller Fachrichtungen die Möglichkeit, das Thema Umwelt von unterschiedlichen Seiten zu beleuchten. Zum Beispiel wird gelehrt, welche Rolle die Umweltthematik in der Bildung oder in einem Unternehmen spielt. Im Mittelpunkt steht die Frage, wie umweltgerechtes Handeln ethisch begründet werden kann. Seit dem Wintersemester 2002/03 wird der multidisziplinäre Studiengang von der Theologischen Fakultät angeboten.
„Was den Aufbaustudiengang Umweltethik ausmacht ist, dass abgesehen von den klassischen Naturwissenschaften eigentlich alle Disziplinen vertreten sind“, beschreibt Johannes Frühbauer, Wissenschaftlicher Mitarbeiter des Lehrstuhls für Christliche Sozialethik. „Ich wurde während meiner mündlichen Abschlussprüfung gefragt, ob der Studiengang nichts für mich wäre“, erzählt Andreas Ihm, einer der Umweltethik-Absolventen. „Neben meinem Theologiestudium wollte ich mir ein zweites Standbein aufbauen, denn eine Übernahme durch die Diözese war nicht sicher.“Bewerbungsmöglichkeiten nach dem Diplom-Abschluss bieten sich viele. Denn „typische Spezialgebiete gibt es nicht“, verrät Frühbauer, „diese richten sich ganz nach Interesse, Neigung und dem Schwerpunkt der Studenten.“ Jobs für Umweltethiker finden sich vor allem in Umweltverbänden, in der Umweltbildung, in der Unternehmensberatung bei Umwelt- und Entwicklungsfragen und in Behörden wie dem Bayerischen Landesamt für Umwelt. „Das Aufbaustudium Umweltethik bietet die Chance, eine naturwissenschaftliche oder technische Grundausbildung mit einer geisteswissenschaftlichen Schulung zu verknüpfen. Ideal also für die Öffentlichkeitsarbeit, bei der es bei uns darum geht, verschiedene Zielgruppen mit unterschiedlichen Denkformen für den Umweltschutz ins Boot zu holen“, berichtet Dr. Thomas Henschel, Pressesprecher des Bayerischen Landesamts für Umwelt. Bei dieser großen Auswahl fällt eine Entscheidung nicht leicht. „Man muss wissen, was man will und was man kann“, sagt Frühbauer und betont den Nutzen der Pflichtpraktika. „Der Einblick in die Praxis ist ganz wichtig. Außerdem ist er eine gute Brücke, denn so lassen sich erste Kontakte zu möglichen Arbeitgebern knüpfen.“

Fach für ungewöhnliche Laufbahnen

„Du machst Zwischenprüfung über die Geschichte der Schokolade? Interessant … Und was machst du dann später damit?“ So ähnlich lauten Fragen, die sich Studierende des Fachs Volkskunde/Europäische Ethnologie immer wieder anhören müssen. Themen wie der Wolpertinger, Froschkönig und Kostümkunde klingen abwechslungsreich, aber wo finden Absolventen der Volkskunde später einen Arbeitsplatz?
„Seit den 70ern,“ so Prof. Dr. Sabine Doering- Manteuffel, „als die Umbenennung von Volkskunde auf Europäische Ethnologie stattfand, ist es unseren Studenten nicht nur möglich, sich mit klassischen Kanonthemen, wie Volksmedizin, Hausforschung und Sachkultur zu beschäftigen, sondern darüber hinaus neue Bereiche wie Medien und Migration zu erforschen.“ Dies wirkt sich enorm auf die Jobsituation aus: Ethnologen sind bei Rundfunk, Fernsehen und Zeitungen gefragt, alleine zehn Absolventen aus Augsburg arbeiten bei Radio FM Network und drei beim Bayerischen Rundfunk. Doktorandin Diana Moraru (27) entschied sich für den modernen Zweig der Interkulturellen Beratung für Unternehmen: „Um im Ausland florieren zu können, ist es für die Mitarbeiter nötig, über Hierarchiestrukturen, Religion, Normen und Werte des Landes Bescheid zu wissen. Auch die Lösung ethnischer Konflikte innerhalb der Firma fallen darunter.“ Doch auch Arbeitsplätze im traditionellen Bereich haben es in sich. Sehr gefragt sind Stellen bei Kulturämtern, Puppentheatern und Museen.Was aber muss man als Absolvent der Volkskunde mit in den Job bringen? „Voraussetzung ist echtes Interesse für den Bereich, in dem man arbeitet“, erklärt Oliver Seitz, Direktor des Augsburger Puppentheatermuseums. „Man begleitet die Konzeption für eine Ausstellung von der Idee bis hin zur Ausführung. Dabei ist selbstständiges Arbeiten und eine gute Kommunikationsfähigkeit unerlässlich. Ich bin sehr zufrieden mit Volkskundlern. Sie eignen sich perfekt für diesen Job, weil sie außergewöhnliche Einfälle haben. “Volkskunde/Europäische Ethnologie lässt den Studenten viele Türen offen.
Entscheidend ist, für sich selbst heraus zu finden, ob man eher die traditionelle oder die moderne Richtung bevorzugt. „In der Regel dauert es ein Jahr bis man einen Job findet. Magisterabsolventen fällt dies leichter als den Promovierten. Man muss eine Neugierde für alles besitzen und flexibel sein“, sagt Doering-Manteuffel lächelnd. „Denn wir sind das Fach für ungewöhnliche Laufbahnen.“

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