Dipl. Google-Betriebswirt

Ob aus Unfähigkeit, Zeitdruck oder Eitelkeit – auch an der Uni Augsburg wird abgeschrieben

Fragen nach ihrem Beruf beantworten Ghostwriter in der Regel so: „Lassen sie mich in Ruhe!“, „Darüber gebe ichdoch keine Auskunft!“, „Ein Interview? Wie stellen siesich das vor?!“ oder auch mit einem schlichten Aufknallen des Telefonhörers. Alle, bis auf einen.

Von Claudia Dörr / Lissy Gomm / Heike Haala

Natürlich möchte der 56-jährige seinen Namen nicht in der Zeitung lesen, daher soll er hier Erich Schulze heißen. Schulze ist seit 20 Jahren im Geschäft und kennt sich aus: „Noch nie ist
eines unserer Plagiate aufgeflogen“, verkündet er stolz. Er hat etwa 50 freie Autoren unter sich, die er je nach Fachgebiet beauftragen kann. Kunde und Ghostwriter treffen dabei nie aufeinander. „Der Anonymität wegen läuft alles Organisatorische übers Büro“, erklärt Schulze. Auf die Frage, ob es bestimmte Fachgebiete gebe, in denen besonders viele Anfragen kämen, meint er: „Grundsätzlich sind wirklich alle Wissenschaftsgebiete vertreten, doch besonders viele Anfragen kommen aus dem Bereich BWL.“
Noch eine andere Gruppe ist sehr an Texten aus fremder Hand interessiert: Berufstätige. Anwälte, die bereits eine Kanzlei haben, oder Apotheker mit eigenem Geschäft. Sie haben keine Zeit und können nicht ohne weiteres ins Universitätsleben zurück. „Denen kommt es nur auf den Titel an. Eitelkeit ist ein gutes Geschäft“, witzelt Schulze. Er kennt seine Grenzen genau. „Ich nehme keine Aufträge an, bei denen eine eidesstattliche Versicherung abgegeben werden muss!“ Das ist wichtig für ihn, denn im Fall der Enttarnung hätte sich nicht nur der Kandidat strafbar gemacht, sondern auch der Ghostwriter. Es kommt auf den Ausdruck „an Eides statt“ an, „wenn diese Wortfolge vorkommt, lehne ich ab“, so Schulze. Soll nur eine Erklärung angehängt werden, passiere ihm nichts. Das sei lediglich eine Lüge, deren Entdeckung nur den Studenten betreffe. Er hätte universitätsinterne Strafen zu erwarten, ein Straftatbestand wäre das noch nicht. Doch es gibt eine weitere Hürde, die so manchen Studenten abschrecken dürfte: Je nach Aufwand kostet die Auftragsarbeit 40 bis 50 Euro – pro Seite!

Auch Profs kennen Google

Arbeiten und böten Anlass zur Recherche. Das bestätigt An der Uni wird keine Plagiatsstatistik geführt. Pressesprecher Klaus Prem hält die Lage für „nicht so dramatisch, dass wir Zahlen erheben müssten.“ Doch hat man in den Fakultäten durchaus Erfahrungen mit Plagiate. „Es sind jedoch Grenzfälle“, meint Carmen Bachmann, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Betriebswirtschaftliche Steuerlehre. „In den meisten Fällen handelt es sich dabei nicht um komplett plagiierte Arbeiten, sondern um teilweise abgeschriebene beziehungsweise aus dem Internet herunter geladene Kapitel oder Einleitungen“, so die Dozentin. Ihr Vorgehen bei der Fahndung nach Plagiaten beschreibt Bachmann wie folgt: „Ich versuche wie ein Student vorzugehen und frage mich: Wo könnte ich diese Arbeit herkriegen?“ Triviale Suchmaschinenanfragen bei Google oder Diplomarbeiten.de reichten oft schon aus, um Plagiate aufzudecken. Auch von der Arbeit abweichende Inhaltsverzeichnisse, viele Fremdwörter und durchgängig perfekte Formulierungen seien Anzeichen für abgeschriebene auch Olaf Asbach, Professor für Politikwissenschaft. Oftmals fallen dem Korrektor die in Essays verwendeten, plagiierten Argumente sofort auf – weil er sie schon als solche kennt.

Plagiatoren sind gebrandmarkt

Ein Plagiat wirke sich sehr ungünstig auf das Arbeitsklima Welche Konsequenzen man zu erwarten hat, wenn man ein Plagiat abgibt? „Die Konsequenzen sind ganz unterschiedlich, je nach Umfang“, so Bachmann. Von der Chance bei einzelnen plagiierten Textpassagen diese noch mal auszubessern, bis hin zur 5,0, und somit dem Durchfallen, sei schon alles dabei gewesen. Auf die Frage, ob es so etwas wie eine „Schwarze Liste“ gebe, auf der alle bisherigen Plagiatoren stünden, schmunzelt die Wirtschaftswissenschaftlerin: „Natürlich tauscht man sich mit Kollegen aus, man will ja auch sicher gehen, dass wirklich ein solcher Fall vorliegt. Aber eine ‚Schwarze Liste’ existiert natürlich nicht.“aus, wenn der Student im kommenden Semester den Kurs wiederhole um den Schein nachträglich zu erwerben, weiß der Politikwissenschaftler Asbach zu berichten. „Wer abschreibt, ob als Student oder als Mitarbeiter, hat die Grundlagen der Arbeit verfehlt.“ Wie auf den Homepages der meisten Fakultäten der Uni Augsburg deutlich gemacht wird, ist Plagiieren kein Kavaliersdelikt und beschädigt den Ruf des jeweiligen Studenten für den Rest seiner Uni- Laufbahn.

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