Gleich in allen Sprachen

Wie gut aufgenommen fühlen sich die ausländischen Studierenden an der Universität Augsburg?

„Student“ ist eines der wenigen Wörter, das fast in allen Ländern ähnlich klingt. Sogar „Universität“ steht an unserer Uni-Haltestelle in sechs internationalen Varianten geschrieben, die jeder lesen kann. Verbinden uns diese Ausdrücke und ist es bedeutungslos, woher man kommt? Fünf ausländische Studierende erzählen, ob man die staatlichen Grenzen überwinden kann, wenn wir alle auf dem Campus leben.

Von Ina Veneva – Fotos: Stanislav Atanasov

Endlich unabhängig!…und wohin jetzt?

„Wenn man jung ist, ist man ganz verrückt und bereit alles zu machen!“ Mit der Hochschulreife in der Tasche ist der frische Studierende so stolz, dass er in Deutschland zugelassen ist und etwas total anderes als seine bisherige Welt sieht. Natürlich hat er Angst, aber er lebt mit dem Prinzip „Versuch und Irrtum“. Warum zieht genau Deutschland die Aufmerksamkeit auf sich? Das Ausbildungssystem und der große Praxisbezug sind die häufigsten Antworten. Hier muss erwähnt werden, dass 1000 Kilometer Distanz Jahrzehnte von unterschiedlicher Entwicklung bedeuten können. Für manche ausländischen Studierenden ist Deutschland der Platz, wo sie Beamer, die spezielle Kinect Camera und sogar ein Medienlabor nutzen können. Um ihre bekannte Umgebung, alle Freunde und Familie zu verlassen und allein nicht nur in eine neue Stadt, sondern in ein neues Land umzuziehen, können nur mit drei Begriffen beschrieben werden – verrückt, verrückt und wieder verrückt!

Die Anfangskatastrophe

Man kommt aus Bulgarien, liest das Skript auf Englisch und schließlich schreibt man die Klausur auf Deutsch… Für Stanislav (Bulgarien) waren seine ersten Vorlesungen wie „ein kleines Trauma“. Marco (Italien/ Finnland) war auch schüchtern, sich auszudrücken und ist in seinem ersten Semester in drei von seinen sieben Klausuren durchgefallen. Deni erinnert sich auch an ihren ersten Tag: „Ich habe mich gefragt: Habe ich irgendwann überhaupt Deutsch gelernt?!“ Der ausländische Studierende denkt nicht nur die ganze Zeit daran, was der Dozent sagt. Er beobachtet, wie die Deutschen aussehen, wie sich der Professor benimmt und wie er seine Notizen fortsetzen kann, wenn er das Wort „Hüne“ nicht versteht! Trotzdem finden alle ausländischen Studierenden, dass die Deutschen sehr tolerant sind. Nach Ansicht von Milan (Bosnien) existiert, im Vergleich zu Osteuropa, kein anderes Volk, das so hilfsbereit und nett gegenüber Ausländern ist. Er war erstaunt, dass die Leute, wenn er sie auf der Straße nach der Richtung fragt, ihm 15 Minuten lang erklären, wo sich was befindet, welche Geschichte es hat und was sie ihm weiterhin empfehlen anzusehen. Die Deutschen sind begeistert von anderen Kulturen, interessieren sich für andere Traditionen und sind immer bereit, zehn Seiten Hausarbeit zu lesen, um grammatikalische Fehler zu korrigieren. Die Dozenten haben auch Verständnis und beantworten alle E-Mails mit Hunderten von Fragen, während die Studierenden in Bosnien keinen anderen Kommunikationsweg als die Sekretärin und den Briefkasten kennen.

Die Deutschen können auch feiern!

Der ausländische Studierende kommt mit den Vorurteilen, dass die Deutschen nur Bier trinken und selten ausgehen. Wenn man die richtigen Leute kennen lernt, lässt sich das totale Gegenteil beweisen. „Wenn ich schon einen deutschen Freund gefunden habe, stellt er mich seiner Clique vor und sie laden mich zu allen Partys ein!“, sagt Deni. Für Doti (Bulgarien) sind die Jahre in Deutschland die beste Zeit ihres Lebens: „Ich hatte großes Glück mit diesen Menschen zu studieren!“ An ihrem Geburtstag hat sie sogar geweint, als 40 Leute ihr „Happy Birthday“ auf drei Sprachen gesungen haben! „Man fühlt sich nicht nur gut aufgenommen, sondern sogar als ein wichtiger Teil ihres Freundkreises.“

In jedem Gerücht steckt ein Körnchen Wahrheit

Die Deutschen sind als kalt und reserviert bekannt, trotzdem meint Marco, dass die Finnländer introvertierter sind. „Die Deutschen sind Individualisten. In Bulgarien  leben wir in einer Gesellschaft und machen alles zusammen“, meint Doti. Sie kommunizierte am Anfang vor allem mit Ausländern: „Wir teilen dieselben Probleme.“ Die Deutschen sind nicht so spontan und planen alles vorher. Man kann nicht einfach an der Tür klopfen und sagen: „Gehen wir Kaffee trinken?“, und von der anderen Seite „Ja“ als Antwort erwarten. Für den ausländischen Studierenden mangelt es hier am wilden Studentenleben. Die Deutschen sind sehr verantwortungsbewusst und machen ruhigere Pläne. Sie wissen schon zwei Monate früher, ob sie am 10. Mai eine Party besuchen werden. In Bosnien hingegen, als Milan eine Klausur an seinem Geburtstag hatte und deswegen die Leute später eingeladen hatte, waren alle seine Freunde um 00.00 mit einer Torte in seinem Zimmer und „zwangen“ ihn zu feiern.

Wo ist mein zu Hause?

Der ausländische Studierende ist offen und bereit, neue Sachen zu lernen. Er trennt auch den Müll, trink viel Bier (man kann das einfach nicht überwinden), geht auf deutsche Partys und feiert deutsche Feste. Seine Probleme sind dieselben: „Die Dozenten bei der Fachrichtung Medien und Kommunikation reichen nicht!“, „In Augsburg gibt es nicht genug Parks.“, „Warum schreibe ich die Hausarbeit immer erst im letzen Moment?“ und so weiter. Augsburg ist schon sein zweites zu Hause, weil er mehr Zeit hier verbringt. Alle fünf Studierenden sagen, dass sie die Stadt ohne den großen Stress und der Verschmutzung der Metropolen sehr nett und freundlich finden. Auf dem Campus ist alles auch schnell erreichbar und gemütlich. Doti meint: „Ich würde Augsburg noch 100 Mal wieder wählen! Ich bin sicher, dass ich auf dem richtigen Platz gelandet bin!“

 

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