Studentendroge Ritalin

Gut gedopt ist halb gewonnen

Klausuren, Hausarbeiten, Bachelorarbeit oder Staatsexamen. In stressigen Zeiten sind viele Studenten dankbar für die kleinen Hilfsmittelchen, die sie leistungsfähiger machen. Wenn Kaffee und Traubenzucker nicht mehr ausreichen, greifen einige sogar zu härteren Mitteln.

Von Annika Wagner – Illustration: Sebastian Baumeister

Ritalin. So heißt der wundersame Stoff, der scheinbar etlichen Studenten zu guten Noten verhelfen soll. Eine Pille, die jeden Durchschnittsstudenten zum Superhirn macht? Normalerweise wird das Medikament Kindern verschrieben, die am Aufmerksamkeitsdefizit- /Hyperaktivitätssyndrom, kurz ADHS, leiden. Die Kinder sollen dadurch ruhiger werden und sich besser konzentrieren können. Verantwortlich dafür ist der Wirkstoff Methylphenidat. Der Transport und somit auch die zu schnelle Wiederaufnahme von Dopamin – ein anregendes Hormon, das unter anderem unkontrollierbare Bewegungen steuert – und Noradrenalin wird gehemmt, was folglich zu einer erhöhten Konzentration der Botenstoffe führt. Dieser Konzentrationsanstieg führt schließlich zu einer geringeren Impulsivität und einer verbesserten Aufmerksamkeitsfunktion. Die Wirkung von Ritalin kann man mit der von Kokain vergleichen. Ohne Rausch, dafür mit Klarheit. Ein bisher unbekannter Ehrgeiz, eine grenzenlose Arbeitswut durchfährt den Körper. Man ist wach. Fokussiert. Diszipliniert.

In Deutschland fällt das Medikament unter das Betäubungsmittelgesetz und ist somit verschreibungspflichtig. Trotz allem gelangen zahlreiche Studenten leicht an die Wunderpille. Zu leicht.

Zu Risiken und Nebenwirkungen…

Bei all den positiven Auswirkungen auf die gesteigerte kognitive Leistungsfähigkeit durch Ritalin vergessen oder eher verdrängen die Konsumenten meistens die Risiken des Medikamentenmissbrauchs. Und die sollten auf keinen Fall unterschätzt werden.

Durch die aufputschende Wirkung des Wirkstoffs Methylphenidat wird der Blutdruck erhöht und das Müdigkeitsgefühl unterdrückt. Infolgedessen leiden viele Konsumenten unter Kopfschmerzen und Schlaflosigkeit, was langfristig zu Erschöpfungszuständen oder sogar Halluzinationen führen kann. Auch Herz-Kreislauf-Probleme oder ein fehlendes Hunger- und Durstgefühl sind keine Seltenheit.

Neben den körperlichen Folgen hat die Pille auch Auswirkungen auf die Psyche. Die Betroffenen werden häufig aggressiv und wirken angespannt. Hinzu kommt die fehlende Lust auf zwischenmenschliche Kontakte. Das Sozialleben wird zur Belastung. Isoliertheit ist die Folge.

Letztendlich endet der Konsum von Ritalin meistens in der Abhängigkeit. Sobald die Wirkung nachlässt, wird prompt die nächste Tablette geschluckt. Ein Teufelskreis, aus dem man alleine nicht herauskommt. Der Ausweg: eine Behandlung in einer Suchtklinik – zusammen mit Alkohol- und Drogenabhängigen.

Schweigen ist Gold

Auch unter den Augsburger Studenten ist die Einnahme von Ritalin zur Leistungssteigerung bekannt. Viele haben von diesem Problem bereits in TV-Beiträgen oder Zeitungsartikeln erfahren. Das heißt jedoch nicht, dass dieses Medikament auch akzeptiert wird. „Ich finde es schrecklich und schlimm, dass Studenten schon zu solchen Mitteln greifen müssen, um ihr Studium zu schaffen‟, antwortet eine Studentin. Bemängelt wurde auch,  „dass dieses Studiensystem so konstruiert ist, mit den Bachelor- und Master-Studiengängen, dass Studenten denken, dass sie irgendwelche Aufputschmittel brauchen, um das zu schaffen‟.

Im Bekanntenkreis wollen die Augsburger Studenten aber keinen kennen, der Ritalin konsumiert. Kein Wunder, schließlich ist das eine Grauzone, über die lieber geschwiegen wird. Sei es aus Scham oder aus Angst fehlender gesellschaftlicher Akzeptanz.

Laut Wissenschaftsmagazin „Nature‟ helfen bis zu 25 Prozent der amerikanischen Studenten ihrem Denkapparat auf die Sprünge. Über den Ritalinkonsum unter deutschen Studenten gibt es hingegen keine Zahlen.

Pimp your brain

Die Frage ist, warum man überhaupt zu solchen Mitteln greifen muss? Wird den Studenten heutzutage etwa zu viel abverlangt? Ein Studium scheint für viele ein Kräftemessen zu sein. Ein Kräftemessen auf kognitiver Ebene. Den Studienabschluss schaffen viele, aber nur mit Eins-Komma-Etwas kann man sich zur Elite zählen.

Die Angst, dem Druck unserer Leistungsgesellschaft nicht Stand halten zu können, chancenlos auf dem Arbeitsmarkt zu sein, veranlasst zahlreiche Studenten, ihr Hirn mit Hilfe von sogenannten Smart Drugs auf Vordermann zu bringen. Lieber wird man zur ausgebrannten Denkmaschine als einen mittelklassigen Job zu haben. Ganz nach dem Motto: Wer nicht zu den Besten gehört, hat später nichts zu sagen!

Finger weg!

Wer auch ohne Chemie zu guten Noten kommen möchte, der sollte lieber früh genug mit dem Lernen anfangen, denn eines ist sicher: Mit Ritalin alleine wird man nicht zum Einstein. Die Pillen bewirken schließlich keine Steigerung des IQ, sondern können unseren grauen Zellen lediglich mehr Ausdauer verleihen. Folglich sollte man lieber die Finger von diesem Medikament lassen. Die Langzeitfolgen, die der Tablettenkonsum mit sich bringt, sind bisher nämlich noch unbekannt. Und wer will schon unnötig seine Gesundheit gefährden?

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