Rüstungsforschung in der Friedensstadt

Die Diskussion um eine Zivilklausel

An der Uni Augsburg wird seit geraumer Zeit die Aufnahme einer Zivil- und Transparenzklausel in die Grundordnung der Universität diskutiert. Ein solcher Passus würde vorschreiben, dass Lehre, Forschung und Studium „ausschließlich zivilen und friedlichen Zwecken dienen“ (Zivilklausel). Außerdem soll vorgeschrieben werden, dass die Details zu allen Drittmittelprojekten veröffentlicht werden (Transparenzklausel).

Angestoßen wurde die Debatte von einigen Studenten, die sich zur „Initiative Friedliche Uni Augsburg“ (IFUA) zusammengefunden haben. Von Anfang an dabei ist Leo Selinger, der heute als Pressesprecher der Gruppe fungiert. Für ihn ist Militärforschung mit dem Wesen einer Universität nicht vereinbar. Das Militär stehe für strenge Hierarchie, Befehlsprinzip und Geheimhaltung, wohingegen sich eine Universität den Werten Demokratie, Pluralität und Transparenz verschreiben und einen offenen Diskurs pflegen sollte. Der Antrag der IFUA wurde auf einer studentischen Vollversammlung im Sommersemester 2012 mit breiter Mehrheit angenommen. Das Votum der Studentenschaft ist jedoch eher ein Appell. Entscheiden muss letztlich der Universitätsrat, der neben Vertretern von Professorenschaft, Mitarbeitern und Studierenden auch mit externen Mitgliedern aus Wissenschaft und Wirtschaft besetzt ist.

Gegner einer Zivilklausel berufen sich häufig auf die Freiheit der Wissenschaft. Eine Argumentation, die Jost-Hinrich Eschenburg nicht nachvollziehen kann: Forschung zu militärischen Zwecken hält der Mathematik-Professor für unvereinbar mit der Wissenschaftsfreiheit, da diese den freien Zugang zu Forschungsergebnissen einschließe. „Ich sehe das moralische Problem von Rüstungsforschung als einer Forschung, die potenziell im Dienste des Todes steht“, so Eschenburg. Eine Zivilklausel als eine Art Selbstverpflichtung, ähnlich dem Hippokratischen Eid unter Medizinern, würde er daher begrüßen.

Rüstungskonzerne im Innovationspark?

Eine besondere Bedeutung bekommt das Thema im Hinblick auf den Augsburger Innovationspark. Bei diesem Projekt sollen Technologieunternehmen und Forschungsinstitute auf einem Areal südlich der Uni angesiedelt werden und eng mit dieser kooperieren. Zu den Schwerpunkten des Innovationsparks gehören Mechatronik und Faserverbundtechnologie – Bereiche, die auch für die Rüstungsindustrie von großem Interesse sind. In Augsburg gibt es mehrere große Rüstungsunternehmen, etwa Renk (Panzergetriebe) und die EADS-Tochter Premium Aerotec (Bauteile für Kampfflugzeuge). Kritiker fürchten, dass im Zuge des Innovationsparks Rüstungsprojekte gemeinsam mit den Physikern und Materialwissenschaftlern der Uni vorangetrieben werden. Jano von Zitzewitz, im Wirtschaftsreferat der Stadt Augsburg für den Innovationspark zuständig, antwortet auf die Frage, ob an diesem Standort Rüstungsforschung betrieben werden wird, schlicht: „Nein.“

Bei den Augsburger Grünen ist man sich da offensichtlich nicht so sicher. Sie versuchten über den Stadtrat eine eigene Zivilklausel im Leitbild des Innovationsparks zu verankern. Im November einigte man sich im Wirtschaftsausschuss auf einen Kompromiss, der aus Sicht der IFUA nicht ausreicht. Die Initiative setzt sich weiterhin für ihren Entwurf einer Zivilklausel in der Grundordnung der Uni ein.

Im Siegel der Universität findet sich der Schriftzug „Scientia et Conscientia“, zu Deutsch: Wissen und Gewissen. Bleibt abzuwarten, wie der Universitätsrat diesen Wahlspruch interpretiert.

Die von der Vollversammlung verabschiedete Zivil- und Transparenzklausel im Wortlaut:

(1) Die Universität Augsburg ist eine Universität, an der Lehre, Forschung und Studium ausschließlich zivilen und friedlichen Zwecken dienen.

(2) Unter besonderer Berücksichtigung der Frage, ob zivile Zwecke verfolgt werden, sind alle Drittmittel in Bezug auf Drittmittelgeber, Zeitraum, Projektverantwortliche, Finanzvolumen nach Drittmittelgeber, Zielsetzung und Fragestellung vor Beginn des Projekts öffentlich bekannt zu geben. Als Drittmittel sind dabei solche anzusehen, wie sie im Abschnitt 1.2 der bayerischen Verwaltungsvorschriften zur Annahme und Verwendung von Mitteln Dritter an Hochschulen benannt sind.

 

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