Zeitfresser im Internet

Wie viel Zeit verbringen wir tatsächlich online?

Wer hätte sich vor zwanzig Jahren je träumen lassen, dass einmal jeder Mensch mit jedem anderen Menschen auf der Welt verbunden sein kann? Eine E-Mail von Kanada nach Italien oder eine Sprachnachricht von Deutschland nach Kolumbien. Heutzutage ist dies alles möglich, Internet das neue Zauberwort. Aber wie viel Zeit verbringen wir tatsächlich in ständiger Verbindung?

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Text: Jessica Hubatsch, Illustration: Simone Mayer

Montag

Das Wochenende steckt mir noch in den Knochen. Beim Aufwachen erhalte ich erst einmal drei WhatsApp-Nachrichten, eine neue Freundschaftsanfrage in Facebook und zwei neue E-Mails auf meinem Smartphone. Der Wecker klingelt also kaum und ich checke bereits meine Neuigkeiten. Am Frühstückstisch rufe ich dann auch noch Instagram auf. Was haben denn meine Freunde am Wochenende gemacht? Was isst eine Münchener Bloggerin zum Frühstück oder welche Kleidung trägt sie heute? Dank Instagram, und somit auch dem Internet, bin ich genauestens informiert. Und auch in einer weniger spannenden Vorlesung lohnt es sich für mich, diese App aufzurufen. Laut Rescuetime, einem Tool, das meine verschwendete Zeit am Handy misst, habe ich 52 Minuten und vier Sekunden mit der Foto-App verbracht.

Dienstag

In fünf Stunden Mittagspause kann man einiges tun. Ich nehme mir dort ein wenig Zeit und recherchiere für mein Referat im Grundkurs Politikwissenschaft. Selbst um die Grundlagentexte zu erhalten, brauche ich das Internet. Sämtlich Texte und Folien werden schließlich von den Dozenten in den Digicampus hochgeladen. Auch wenn eine Vorlesung entfällt, werde ich per E-Mail über den Ausfall informiert. Zurück zu meiner Recherche. Das Internet bietet mir unzählige Möglichkeiten, mich über ein Thema genauestens zu informieren. Was gibt es also Besseres?

Schwerpunkt: Internet

Auch wenn wir es mit der NSA und anderen Datensammlern teilen müssen: Das Internet bleibt unser Zuhause. Wir essen und schlafen vorläufig noch analog, aber sonst findet unser Leben zunehmend im Netz statt. Darum widmet die presstige-Redaktion dem Internet einen Schwerpunkt. Alle bisher erschienenen Beiträge sind hier gesammelt.

Mittwoch

Heute ist mein freier Tag. Zeit also, um auch einmal zu entspannen. Wie wäre es mit einem guten Film oder einer neuen Folge meiner Lieblingsstaffel von Gossip Girl? Die habe ich zwar nicht auf DVD, aber dank Laptop und der neuesten Technik kann ich es mir in meinem Bett mit einer Tasse Tee gemütlich machen und dort für einen Augenblick den Unistress vergessen.

Donnerstag

Spätestens donnerstags wird es Zeit, sich über die Möglichkeiten für das kommende Wochenende zu informieren. In Facebook finde ich alle Veranstaltungen von „gelikten“ Clubs und Bars. So kann ich Veranstaltungen meiden, zu denen Personen, mit denen ich mich nicht mehr gut verstehe, zugesagt haben. Und nebenbei werde ich über alle Neuigkeiten der über 300 „Freunde“ informiert, wer jetzt mit wem zusammen ist oder was sie auf Spotify gehört haben. RescueTime zeigt mir, dass ich 25 Minuten und fünf Sekunden auf Facebook verbracht habe.

Freitag

Das Wochenende ist greifbar, die Planung steht in den Startlöchern. In welche Disco könnten meine Freunde und ich dieses Mal gehen? Oder sollen wir besser bei jemandem zu Hause bleiben und es uns dort gemütlich machen? Nach einer kurzen Diskussion mit ein paar Freunden auf WhatsApp und schon steht der Plan für die nächsten zwei Abende. Mit dieser App verschwende ich sogar die meiste Zeit, nämlich eine Stunde und 50 Minuten.

Fazit

In den fünf Tagen, an denen ich genau darauf geachtet habe, wie oft ich das Internet verwende, ist mir erst richtig bewusst geworden, dass ich zumindest immer mein Smartphone in Reichweite habe. Insgesamt war ich in fünf Tagen circa 20 Stunden allein mit meinem Handy online. Außer für die Recherchearbeit und die Serie habe ich meinen Laptop so gut wie nie hochgefahren. Außerdem fiel mir auf, wie mein Umfeld mit dem Smartphone so umgeht: Es gibt kaum einen Hörsaal oder eine Straßenbahn, in der keiner auf sein Handy schaut. Zumindest schalte ich jetzt nachts das Internet auf meinem Smartphone aus. Da brauche ich es eh nicht. Aber auch wenn ich mit Freunden unterwegs bin, sollte ich das Handy einmal in der Tasche lassen. Meistens verpasse ich ja doch nichts Wichtiges, wenn es nicht zur Hand ist.

 

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