Student sein: Rätselhafte Ereignisse in der Bib

Was geschieht eigentlich im Inneren der Universitätsbibliothek Augsburg? Studenten lesen, Studenten schreiben und die Mutigen reden sogar. Langweilig! Aber das ist ja auch nur die offizielle Version. Die grauen Betonmauern der Bibliothek beherbergen noch ganz andere Szenarien. Was unsere Kolumnistin so alles beobachten konnte und welche Rolle der „Mercedes C 305 Kombi” dabei spielt, erfahrt ihr in der heutigen Ausgabe von „Student sein“.

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Text: Rebecca Naunheimer, Illustration: Marina Schröppel

Er holte zu einem kräftigen Schubser aus. Nur schwer konnte sein Gegenüber den Stoß ausbalancieren und taumelte gegen das braune Regal hinter sich. Es wackelte ein bisschen. Dem Getroffenen gelang es aber, sich unversehens davon zu lösen und er schubste zurück. Diesmal knallte es richtig. Die Beherrschung der beiden schwebte durch den Raum wie eine Seifenblase. Jeden Moment konnte sie zerplatzen.

Wo sich diese Szene zutrug? In der Universitätsbibliothek Augsburg, wo sonst?. Zugegeben, so dramatisch war es vielleicht nicht, aber eine Fast-Schlägerei, erzählt mir eine Zeugin. Es gibt in der Bib eben nicht nur jene „Normalos“, die dem Tagesgeschäft mit Texten und Schriften nachgehen. Nein, inmitten der studentischen Normalität gibt es sie: die „Andersartigen“. Der Betonkoloss auf dem Gipfel des Augsburger Campus ist zuweilen Schauplatz kurioser Begebenheiten, Gestalten und Eigenleistungen (Hausarbeiten, Referate und Abschlussarbeiten ausgenommen). Es lohnt sich daher die Studie der Literatur einmal für die mitunter spannende Studie der Bibliotheksbesucher zu unterbrechen. Nachfolgend möchte ich einige rätselhafte Beobachtungen exemplifizieren.*

Kolumne: Student sein

Student sein. Student sein? Was bedeutet das eigentlich? Ein guter Freund von mir – Hollywood heißt er – hat mir einmal erzählt, ein Student würde sich typischerweise folgendermaßen verhalten: Feiern bis zum Exzess, Leben in kommunenartigen WGs und so oft wie möglich nackt sein. Doch gilt das auch für Augsburger Exemplare? Welche verhaltensbezogenen Feinheiten machen die Augsburger Studenten aus? Rebecca Naunheimer schreibt diese Kolumne meistens dienstags und immer im Wechsel mit “Generation der Helden” von Christian Endt. Beide Kolumnen werden von Marina Schröppel illustriert.
Alle Folgen von “Student sein” zum Nachlesen

Der „Schnaufer“ ist berühmt und berüchtigt. In seinem Lebensraum, der Bib, kann er beinahe täglich beobachtet werden. Was er dort macht? Schnaufen. Einfach nur schnaufen. Schnaufen um des Schnaufens Willen – die Luft in der Bib ist ja auch etwas ganz Besonderes. So vermag er jede noch so andächtige Stille der Konzentration zu durchschnaufen. Da hilft nur noch eines: Flüchten! Allerdings gibt es da ein winziges Problem. Spione berichteten mir zuletzt, der „Schnaufer“ zocke an den Bibliothekscomputern häufig Mobiliar auf eBay. Es ist nicht auszuschließen, dass er sich dort häuslich einrichten wird. Und Grauen über Grauen: Wenn er so schnauft, wie schnarcht er dann?

Aber eigentlich hat er doch recht, der „Schnaufer“: Schlafen in der Bib scheint nicht ungemütlich zu sein. Ein intellektuell anmutendes Buch als Alibi locker in die Hand und Augen zu! So beobachtete man unlängst am Vorabend des Weihnachtsfestes einen männlichen Bibliotheksbesucher vor dem Computer. Schnarchend.

Die zweckentfremdete Nutzung der Bibliothekscomputer scheint dabei kein Einzelfall zu sein. „Kurios ist auch der Opa, der jeden Abend am PC Schach spielt und sich Skulpturen auf eBay ansieht“, erzählt mir ein Freund. Oder der Herr, der um Erläuterung der Funktionsweise von Tastatur und Google bittet, nur um kurz darauf im Netz den „Mercedes C 305 Kombi” aufzurufen. Und da gab es auch mal diesen jungen Mann, der sich mehrere Stunden gebannt Wrestling-Videos ansah. Am Ende möchte ich fast fragen: Wer nutzt den Computer denn eigentlich zur Literaturrecherche?

Bleiben wir doch gleich beim Stichwort „Computer“. Ich möchte kurz jene Beobachtung erläutern, die einen Freund von mir bis heute zu verstören vermochte: Ein dreister Diebstahl, der sich in unserer lieben Bib ereignete. Ein Typ spazierte mit einem Laptop aus der Bibliothek hinaus. Erst einmal nichts Ungewöhnliches. Verstörend wurde es allerdings dann, als ein aufgelöstes Mädchen die Szenerie betrat und nach ihrem Laptop fragte. Ich möchte das zum besseren Verständnis gerne nochmals paraphrasieren: Unter den Augen anwesender Zeugen entwendete jemand völlig seelenruhig einen Laptop und spazierte damit durch die Tore der Bibliothek in die Außenwelt.

Zum Schluss noch einige rätselhafte Ereignisse aus dem Zeitungslesesaal der Zentralbibliothek, deren genaue Ausführung keinen Platz mehr finden konnte: Ob der Konsum von Schokolade mit Messer und Gabel in nahezu voller Skimontur oder der Konsum von ordinären Videos mit Gelächter und dafür ohne Scham – im Lesesaal tat sich in der Vergangenheit schon manch ein menschlicher Abgrund auf. Doch wie konnte es so weit kommen? Was ist da bloß los in der Bib?

Diese Frage vermag ich heute (noch) nicht zu beantworten. Dennoch möchte ich mutig vorpreschen und folgende These aufstellen: Das Giftgasgemisch aus Prüfungsangst, Schweiß, schlechtem Atem, verbrannten Gehirnzellen und alten Büchern, das zuweilen in der Bib aufkommt, wirkt bewusstseinsverändernd und genmanipulierend. Doch sorgen müssen wir uns wohl erst, wenn die Diebstähle zunehmen oder jemand einen Zyklopen oder einen Minotaurus sichtet. Hinweise bitte an mich.

Habt ihr auch manchmal das Gefühl, in der Bib geschehen sonderbare Dinge? Erzählt mir euer kuriosestes Bib-Erlebnis!

*Alle Ausführungen entsprechen realen (oder jedenfalls zum jeweiligen Zeitpunkt real geglaubten) Beobachtungen und Handlungen.

 

3 thoughts on “Student sein: Rätselhafte Ereignisse in der Bib”

  1. Herrlich, unser legendäres Schokoladeessen, mit Mütze, Schal und Handschuh, hat Einzug in diesem Artikel gehalten. DANKE 🙂

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