Keine Studiengebühren! Keine Bildung?

Es ist geschafft: Die Studiengebühren sind Geschichte! Doch plötzlich tauchen Bedenken auf: Die Mitarbeiter bangen um ihre Arbeit, es wird kaum mehr Studienfahrten geben. Wie es um die Finanzen tatsächlich steht, hat presstige für euch recherchiert.

Klaus Wolf
Klaus Wolf

Wer hat nicht schon davon gehört: Der Universität Augsburg fehlt Geld durch die Abschaffung der Studiengebühren. Die Studienbeiträge wurden 2013 nicht mehr erhoben, stattdessen werden den Universitäten in Bayern aus dem Landeshaushalt Studienzuschüsse zugeteilt. Im Gegensatz zu anderen Bundesländern wird hier zu 100 Prozent ausgeglichen. Formal wird der Wegfall voll kompensiert, doch basieren die Berechnungen auf Zahlen aus dem Jahr 2012. Immer mehr Studierende kommen an die Universität Augsburg, sodass die fehlenden Studiengebühren durch andere Programme, wie beispielsweise der Ausbauplanung des Freistaates Bayern aufgefangen werden. Die Gelder werden dann, genau wie zuvor auch, nach Studierendenäquivalenten an die Fakultäten verteilt, nur 25 Prozent gehen an die Zentrale und werden zum Beispiel für das Prüfungsamt verwendet.

Dennoch fehlt Geld in der Haushaltskasse — doch woran liegt das? Zum Beispiel sei der Universität Geld verloren gegangen, weil sie zum Wintersemester 2011/12 die Studienbeiträge um zehn Prozent senkte, erklärt Prof. Dr. Werner Schneider, der Vizepräsident der Universität. Somit beziehen sich die Kalkulationen auf diesen Beitragssatz. Obwohl dies laut Schneider ärgerlich sei, sollte beachtet werden, dass andere deutsche Universitäten zum Teil mit nur 60 Prozent Bezuschussung auskommen müssten. Hätte dies die Uni Augsburg auch getroffen, wäre das der „Supergau“ gewesen, so Schneider. Er ist der Meinung, dass trotz sinkender Studienzuschüsse keine große Gefahr für den nächsten Doppelhaushalt bestehe, also nicht wesentlich weniger Gelder verfügbar seien. Mittel- und langfristig gesehen, gehe er persönlich jedoch schon davon aus. Durch die fehlenden Studiengebühren wird also nichts umverteilt oder anders gerechnet.

Jessica Schreyer

 

Die Fakultäten entscheiden selbst über die Verwendung ihrer Mittel

Wenn Stellen fehlen, so Schneider, müsse man die Gründe dafür genau betrachten. Die wissenschaftlichen Arbeitsverträge an der Universität sind zeitlich befristet. Diejenigen, die verlängert werden sollen, werden es auch. Eine Planungssicherheit dahingehend gab es immer nur bis zum Auslaufen der Verträge, betont der Vizepräsident. So hat der Wegfall bestimmter Stellen an der Philosophisch-Sozialwissenschaftlichen Fakultät im letzten Jahr andere Gründe. Diese wurden aufgrund eines Haushaltüberschusses überhaupt erst geschaffen und waren nie dauerhaft vorgesehen, worüber sich die Mitarbeiter im Klaren waren. Was jedoch laut Schneider dringend benötigt werde, ist Personal, vor allem im wissenschaftlichen Bereich. Zudem fehlten durch den Wegfall der Studiengebühren bestimmte Möglichkeiten, wie zum Beispiel flexible Mittel für Lehraufträge, Tutorien oder Exkursionen. Doch wie die Fakultäten das Geld letztendlich verwenden, entscheiden sie autonom und gemeinsam mit den Studenten.

Die Einnahmen aus Studienbeiträgen im Studienjahr 2012:
12.548.087,- € (brutto)

Nach Abzug der vorgeschriebenen Beitragsrückerstattungen und der Einlagen in den Sicherungsfonds:

9.485.418,- € (netto – also der Betrag, der zur Verausgabung zur Verfügung stand).

Studienzuschussmittel im Haushaltsjahr 2014:

9.676.167,- € (brutto)

9.311.246,99 € (netto – also nach Abzug der früheren Einlagen-Summe und von Verwaltungskosten)

Dass Mittel fehlen, bemerkt auch Prof. Dr. Klaus Wolf der Lehrprofessur für Deutsche Literatur und Sprache des Mittelalters und der Frühen Neuzeit mit dem Schwerpunkt Bayern. „Es werden wieder schlechtere Bedingungen herrschen“, ist er sich sicher. Obwohl seine Exkursionen „nur ein Bayernticket kosten“, sieht er für den Fachbereich Geschichte oder Archäologie in dieser Hinsicht größere Probleme. Auch die Streichung der Mittel für Gastvorträge oder Tutorien, vor allem aber die Reduktion der Lehraufträge, ist seiner Meinung nach eine gravierende Konsequenz fehlender Gelder.

„Was hier ankommt, ist einfach zu wenig.“

Valentin Magg
Valentin Magg

Valentin Magg und Jessica Schreyer, die Fachbereichsräte des StuRa Phil.-Hist. (Studierendenrat der Philologisch-Historischen Fakultät) weisen aber auch darauf hin, dass alle mit der Abschaffung der Studiengebühren einverstanden waren. Als Vertreter des Studierendenrates sind sie Mitglieder der Studienzuschussvergabekommission, welche die Verteilung der Gelder an der Phil.-Hist. nach Prioritäten beschließt. Sie wissen: „Was hier ankommt, ist einfach zu wenig.“ Dennoch sind auch sie sich sicher, dass dies verschiedene Gründe habe. Im letzten Semester wurde beispielsweise die Studierendenzahl falsch berechnet. Zudem führten die Lohn- und Tariferhöhungen zu einer geringen Endsumme. Die festen Stellen, die von den Erhöhungen profitieren, nehmen einen Großteil der Mittel ein, sodass zur Verteilung nicht sehr viel übrig bleibt.

Dennoch hat die Kommission an der Phil.-Hist. Exkursionsgelder bewilligt, welche jedoch extern mitfinanziert werden. Dass es aber Kürzungen geben wird, steht fest, insbesondere bei Skripten, Ergänzungen der Lehrbuchsammlungen und Gastverträgen. Doch die Fachbereichsräte sehen das größte Problem in den Kürzungen, welche die Tutorien betreffen. „Manche Einführungsveranstaltungen sind ohne Tutorium nicht zu bestehen“, so Magg. Dass auch Lehraufträge gestrichen werden, steht zusätzlich fest, waren sie doch eine „Erfindung“ der Studiengebühren. Im schlimmsten Fall sei es denkbar, dass bei steigender Studierendenzahl das Lehrangebot sinkt. „Wie die allgemeine Situation nach dem nächsten Semester aussehen wird, das wissen wir auch nicht“, so Schreyer und Magg, womit sie sich dem Vizepräsidenten anschließen.


Trotz aller Konsequenzen ist es wichtig, nicht nur die Abschaffung der Studienbeiträge für Finanzdefizite verantwortlich zu machen. Viele Faktoren spielen an einer Universität eine Rolle, jede Berechnung und Kalkulation ist höchst komplex und jede Fakultät verteilt ihre Gelder anders. Zusätzlich muss klargestellt werden, dass einige Fakultäten externe Forschungsgelder beziehen und wie es Prof. Schneider ausdrückt: „Jeder Euro für die Forschung ist auch ein Euro für die Lehre“.

 

2 thoughts on “Keine Studiengebühren! Keine Bildung?”

  1. Natürlich fehlt an gewissen Stellen das Geld,, aber in erster Linie haben durch die Abschaffung der Studiengebühren endlich alle die Möglichkeit und das gleiche Recht auf Weiterbildung, was oftmals vielen aufgrund der Gebühren nicht möglich ist.

  2. Eine Möglicheit Kosten zu sparen und dabei sogar das Serviceangebot für Studenten auszubauen wäre die “Virtuelle Hochschule Bayern”, die noch ziemlich unbekannt ist. Ich bin selbst durch Zufall darauf gestoßen, an der Uni in Augsburg habe ich zumindest nicht davon erfahren. Und dort kann ich, als Ergänzung natürlich nur, viel Material nutzen, was Fakultäten anderswo in Bayern dort einbringen.

    Auf dieser Plattform könnten die bayerischen Hochschulen ihre Kapazitäten wunderbar bündeln, so dass nicht jedes Skript immer wieder neu erstellt und gepflegt werden muss, usw., die Sache mit den “MOOCS” ist ja groß in den Medien – dabei ist wie gesagt den wenigsten bewusst, dass wir eine entsprechende Plattform in Bayern eigentlich längst haben. Auch Onlinevorlesungen finde ich sinnvoll, lieber höre ich mir eine gut gemachte Vorlesung auf Video an, als eine langweilige (und für mich wenig hilfreiche) “in Persona”. Die einzigen Zusatzkosten um solch ein “Vorlesungsarchiv” aufzubauen bestünden ja in entsprechenden Kameras und einem zentralem Videoserver. Die Vorlesungen werde ja so oder so gehalten. Daneben kann dann noch jeder Zuschauer der Vorlesung das entsprechende Skript, was ja auch die Studenten erhalten, runterladen und schon hat man eine hilfreiche Ergänzung, ohne große Zusatzkosten.

    Klar gibt es viele Dinge, die eine Uni unersetzlich machen. Aber es gibt auch Dinge, die man Online machen kann und womit man etwas Last von der Uni als Ort nehmen kann (zB auch endlich mehr Ebooks zur Verfügung stellen, die zB von Zuhause aus gelesen werden können, so dass man nicht mehr wegen jeder Kleinigkeit in die Präsenzbibliothek muss und entsprechend Platz wegnimmt).

    Vielleicht könnt ihr das bei einem nächsten Gespräch mal an die Unileitung herantragen?! Ich sehe da wie gesagt große Potentiale.

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