Selbstversuch: Tausch durch die Nacht (Teil 2)

Mit einem Bier gewappnet, starte ich in die Augsburger Clubszene. Meine Mission: Tausche dich durch die Nacht. Von billig zu teuer. Von klein zu groß. Dieser Selbstversuch erzählt von harten Geschäften, lockeren Angeboten, einem halben Strip Club-Dollar und davon, dass Alkohol auch keine Lösung ist. Und so geht es weiter in Teil zwei.

Drei Zigaretten und ein cheesy Angebot für Lau oder: Warum Alkohol auch keine Lösung ist

Wir erinnern uns: Nach dem missglückten Versuch einen ertauschten Lippenstift loszuwerden, habe ich beschlossen, meine Geschäfte mit etwas Spiritus wieder anzuheizen – und bin zum Bier zurückgekehrt. Das Bier präsentierend, frage ich nun ein dynamisches Männer-Gespann auf der Tanzfläche: „Hättet ihr Lust dieses Bier gegen etwas einzutauschen?“ (komische Präsentationsbewegung in meiner Handgegend). Nicht sonderlich angetan von meinem Angebot, lehnen sie ab: „Nein, wir mögen kein Bier.“ Einige Minuten Stille. Ein verstörter Blick auf den Vollbart des einen. Dann überschlagen sich die Ereignisse und ich verliere den Überblick. Zweierlei Dinge könnten in den nächsten Minuten passiert sein: Entweder habe ich noch verstörter gewirkt, als angenommen, sodass man mich nun beruhigen muss, oder – was mache ich mir hier eigentlich vor? Denn mit offensichtlich (!) sexy Absichten ergänzt einer der beiden Jungs nun ein cheesy Angebot: „Behalte dein Bier und wir schenken dir drei Zigaretten. Dafür bleibst du bei uns.“ Da steht sie also plötzlich im Raum, eine komische Flirt-Kiste – unangenehm, unübersehbar und bislang unkommentiert.

Nach den richtigen – weil respektvollen und zugleich eindeutig verneinenden – Worten suchend, beschließe ich erst einmal aufgesetzt locker zu lachen und eine peinliche Wink-Bewegung zu machen. “Ach lass mal!”, sage ich. “Ein anderes Mal vielleicht”, heuchle ich noch ein bisschen. Und nehme frech die Zigaretten an mich.

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Die verstörenden Ereignisse auf der Tanzfläche einigermaßen verdrängt, wird mir nach meinen zwei missglückten Tauschversuchen bewusst: Alkohol ist eben auch keine Lösung. Jemand muss euch endlich die Wahrheit sagen! Am Ende werde ich mein Bier aber doch noch los. An David. Jedenfalls glaube ich, dass er so heißt, denn er bietet mir einen Schlüsselanhänger mit der Aufschrift „David“ an. Ein wirklich schickes Teil: adrette Form, beruhigende Farben und praktische Handhabung. Kann man ja easy weitertauschen, denke ich. Also an einen David eben. Mist. Als ich diesen erneuten Schnitzer in meiner Methodik bemerke, hat David das Bier schon in der Hand.

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Zigaretten gegen Freikarten

Mein Bier bereits an den Mann gebracht, fallen mir plötzlich die Zigaretten wieder ein. Ungelenk klemme ich sie mir zwischen die Finger und trage sie ins Freie. Dort treffe ich zwei nette Studenten. Sie geben mir zu verstehen, dass sie die Zigaretten gerne hätten, aber auch, dass sie nichts zum Tauschen anbieten können. Einer der beiden kramt etwas aus seiner Gesäßtasche – der vielleicht letzte Ort von dem ein Tausch-Gegenstand kommen sollte, denke ich vor mich hin. Das bestätigen dann auch die beiden Freikarten für den Touch Club, die er dort herausholt. „Dein Ernst?“, frage ich und werde etwas indiskreter, weil panisch: „Bekomme ich dein T-Shirt?“

Natürlich bekomme ich das T-Shirt nicht. Stattdessen frage ich mich weiter durch die Gruppe der Raucher. Keiner will tauschen. Mittlerweile hat es angefangen zu regnen und meine Zigaretten sehen bereits etwas unschön aus. Voller Demut krieche ich zurück, zurück zu zwei Freikarten für den verdammten Touch Club.Tausch durch die Nacht 5_Grafik

Schlüsselanhänger gegen Tampon, Glocke und das mit dem halben Strip Club-Dollar

Als ich den Club gegen vier Uhr verlasse, habe ich einen Schlüsselanhänger von und für David, zwei Freikarten für den Touch Club und kläglich versagt. Doch am Königsplatz nimmt mein Selbstversuch eine erneute Wendung. Dort treffe ich auf eine Gruppe, die sich fälschlicherweise als Franzosen ausgibt und richtigerweise Bock hat, zu tauschen. „Heißt von euch zufällig jemand David?“, frage ich eher rhetorisch als ernst. „Ja, wieso?“, entgegnet mir David. Ob man mich gerade verarscht, vermag ich durch meine müden Augen nicht mehr zu erkennen. Ebenso wie die Tatsache, dass ich es geschafft habe, mich noch weiter nach unten zu tauschen: zu einem Tampon und einer kleinen Glocke. „Sie läutet sogar“, rede ich mir ein und freue mich.

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Getrieben vom scheinbaren Erfolg dieses Tauschgeschäftes versuche ich auch noch die Freikarten loszuwerden. Plötzlich vernehme ich die Worte „Dollar“ und „Strip Club“. Ich wittere einen guten Handel, doch der Besitzer hängt an seinem Dollar. Er bedeute ihm sehr viel, sagt er, sie seien eben dort gewesen, hätten Spaß gehabt. Von seinen Freunden und diversen Präsentationsbewegungen meinerseits zugrunde gerichtet, knickt er aber letztlich ein. Triumphierend schließe ich meinen Versuch ab: mit einem halben, rosafarbenen und sexy bedruckten (!) Dollar aus der „Golden Girls“ Tabledance-Bar. Und mit lustigen, netten wie fragwürdigen Bekanntschaften.

 

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Schwerpunkt: Geld

Das Studentenleben dreht sich häufiger darum, als uns manchmal lieb ist: Geld. Ganz egal, ob wir es brauchen, um es in Bier zu investieren, den Kühlschrank zu füllen oder es für unsere kleinen Träume zurückzulegen. Darum widmet die presstige-Redaktion dem Geld einen Schwerpunkt. Alle bisher erschienenen Beiträge sind hier gesammelt.

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