„I’ll be back…“

Wie weit wir noch vom Terminator entfernt sind

Text: Milan Ziwich – Illustration: Isabell Beck – Layout: Lisa Luthardt
Text: Milan Ziwich – Illustration: Isabell Beck – Layout: Lisa Luthardt

Wie sieht unser Körper in der Zukunft aus? Diese Frage setzt uns meist Bilder aus diversen Science-Fiction-Filme in den Kopf, in denen kein Unterschied zwischen organischen und technischen „Bauteilen“ eines Menschen gemacht wird. Welche Möglichkeiten wir schon haben und wie die Kultur darauf reagiert, kann uns einen kleinen Einblick geben, wie unsere Folgegenerationen vielleicht aussehen werden.

Jeder kennt dieses T-Shirt: Zu sehen ist das klassische Bild schwarzer Schemen unserer Vorfahren, die, nach Zeitabschnitt geordnet, immer aufrechter gehen. Sie enden jedoch nicht im stehenden Homo sapiens, sondern bekommen wieder einen krummen Rücken und sitzen am Ende, eingefallen wie am Anfang, vor dem Computer. Eine Darstellung also, die zeigen soll, dass der menschliche Körper sich wieder zurückentwickelt.

Von der reinen, biologischen Entwicklung ist – die nähere Vergangenheit betrachtet – tatsächlich eine Veränderung an unseren Körpern erkennbar. Ihr komplexes organisches System stellt sich auf alle Faktoren der Umwelt ein, zu denen heutzutage eben der Computer und billiges, ungesundes Essen gehören. So beklagten sich in Deutschland im Jahr 2007 ganze 21 Prozent der Werktätigen über computerbedingte Schmerzen in Hand und Unterarm. In Spanien hat sich außerdem die Anzahl der fettleibigen Menschen von 1990 bis 2009 verdoppelt. Da rückt die Dystopie aus dem Disneyfilm „Wall-E“, worin sich alle Menschen nur noch faul und dick auf ihren Schwebestühlen mit einem Computer unterhalten, erschreckend nahe. Die inflationär ansteigende Anzahl diverser Lieferdienste und Home-Entertainment-Systeme sind dabei keine Hilfe, diese Entwicklung aufzuhalten.

Ein Puzzle von Mensch

Selbst wenn wir gemerkt haben, dass wir zukünftig nicht nur in unseren Sesseln sitzen und uns die Pfunde stehen lassen wollen, ist mit dem stetigen Fortschritt medizinischer Eingriffe keinerlei Anstrengung nötig, um auszusehen, wie man es sich wünscht. Ja, es ermöglicht sogar Menschen, die unzufrieden mit dem allgemeinen Erscheinungsbild sind sich durch Körpermodifikationen von der langweiligen Allgemeinheit abzuheben.

Wie zum Beispiel Jasmine Tridevil, die sich aus dem Film „Total Recall“ die Dreibusigkeit abgeschaut hat. Sie ließ sich operativ eine dritte Brust zwischen die beiden schon vorhandenen setzen. Dass schon solche Dinge aus Science-Fiction-Filmen Realität geworden sind, zeigt, dass die operative Ummodellierung zwar nicht die Normalität aber eine gewisse Alltäglichkeit erreichen wird.

Farben hören ohne LSD

Doch viel interessanter als medizinische Modifikationen sind technische. Der US-Amerikaner Hugh Herr, ein begeisterter Kletterer, verlor mit 17 Jahren beiden Beine, die in einem Schneesturm erfroren sind. Doch er ließ sich nicht unterkriegen und entwickelte Prothesen, die er, nach einem abgeschlossenen Biophysikstudium, technisch ausbaute und optimierte. Diese machen ihn 2,40 Meter groß und zu einem viel besseren Kletterer als seine Mitstreiter. Schon jetzt spricht er von einer zunehmenden Verschmelzung des Menschen mit der Maschine. Die Roboterhand, die Luke Skywalker mit seinem schwer atmenden Vater teilt, ist also nicht mehr so weit entfernt. Technikfans versprechen vollmundig, dass körperliche Behinderungen bald der Vergangenheit angehören werden. Es gibt bereits Mikrochips für die Ohren, die Taube wieder hören lassen. Speziell geschliffene Kunststofflinsen heilen den grauen Star und verbessern die Sehleistung auf 180 Prozent. Der britische farbenblinde Künstler Neil Harbisson besitzt ein Gerät, das Farben wahrnimmt und diese in Töne umwandelt, welche via Knochenschall von ihm gehört werden. Dadurch hat er sogar die Fähigkeit Infrarot und Ultraviolett zu „sehen“.

Ratten_1200px

Doch die Körper-Maschinen Verschmelzung hört nicht bei Prothesen auf. Sogenannte „Body-Hacker“ implantieren sich zum Beispiel Magnete in die Fingerkuppen, um magnetische Felder zu spüren. Auf einer einschlägigen Seite wird man mit einem „Who do you want to be today?“ begrüßt und erfährt, dass es schon LED-Implantate für den Arm gibt mit denen man Nachrichten von seinem Handy durch seine Haut projezieren kann. Die Biophysik ist der reale Zarathustra: Sie steigt vom Berg und erzählt uns vom Übermenschen. Wenn diese Modifikationen ausgebaut und bei der breiten Menschheit angekommen sind, werden unsere Enkel uns vielleicht nicht mehr mit Piercings und Tattoos, sondern elektrischen Gliedmaßen schocken.

Die Körperlosigkeit

Vieles lässt vermuten, dass der Körper in der Zukunft eine weniger wichtige Rolle spielen wird. Wie in Mr. Nobody könnten wir unsterblich sein, immer jung und Körperlichkeiten obsolet. Schon jetzt gibt es ja Menschen, die mit der Entscheidung, ihr Leben vor dem Bildschirm zu verbringen, ihrem Körper entschwinden. Ihre menschliche Hülle ist abgelegt worden und ihre Seele in eine digitale Figur umgezogen.

Muskeln werden überflüssig, Hirnmasse wird übertrumpft, Äußerlichkeiten eine Entscheidungssache. Es wird ein Schritt von der Wichtigkeit und Einzigartigkeit des Körpers zurückgetreten.

Und so ist die These des anfänglich erwähnten T-Shirts hinfällig geworden. Wir sind nämlich nicht mehr am Evolieren. Wir sind selbstverschuldete Kreationisten geworden.

Ausgabe 28: Körper Dieser Artikel erschien zuerst in Ausgabe 28 unseres gedruckten Magazins.

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