Schockgefrostet und tiefgekühlt: Der kälteste Ort der Welt

Text: Vanessa Plentinger - Illustration: Lara Neidhardt
Text: Vanessa Plentinger – Illustration: Lara Neidhardt

Jetzt hat uns Väterchen Frost doch noch einen eindrucksvollen, wenn auch kurzen Besuch abgestattet und Augsburg für die einen in ein Winter-Wonderland, für die anderen in eine Schneehölle verwandelt. So schön die verschneite Landschaft auch aussehen mag, gibt es vor allem von uns Mädchen, alias Frostbeulen, viel Klagen, sobald die Temperaturen unter 10° Celsius in Richtung Gefrierpunkt fallen: „Es ist einfach viel zu kalt!“ Ich zähle mich selbst zu diesen chronischen Jammerlappen und bin ein bekennender Sommerliebhaber. Seit ich aber von dem kleinen Dorf Oimjakon gehört habe, hat sich meine Meinung etwas geändert.

Oimjakon-Die Tiefkühltruhe der Welt

Oimjakon, was ironischerweise „heiße Quelle“ bedeutet, befindet sich im östlichsten Osten Russlands und gilt als kältester, bewohnter Ort der Welt. Die niedrigste dort gemessene Temperatur betrug im Jahr 1933 -67,8° Celsius, wobei es Berechnungen zufolge davor bereits einmal unglaubliche -71,2° Celsius gegeben haben soll. Der Grund für diese Kälte sind die den Ort umschließenden Bergketten, die die kalte Luft am Ausströmen hindern. Von einem Wärmeeinbruch wird dort gesprochen, wenn die Temperatur über -45° Celsius steigt, „Kältefrei“ gibt es in der Schule erst ab -55° Celsius. Diese unglaublichen Temperaturen rufen einige physikalische Phänomene hervor, wie zum Beispiel, dass warmes, in die Luft geworfenes Wasser als Schneewolke wieder herabfällt, oder, dass Wäsche, die zum Trocknen aufgehängt wird, innerhalb weniger Minuten gefriert und so mit Leichtigkeit zerrissen werden kann.  Die extremen Temperaturbedingungen fordern einige Vorkehrungen, um überhaupt überleben zu können: So ist es ein ungeschriebenes Gesetz, mindestens fünf Lagen Klamotten zu tragen, da es sonst sofort zu ernsten Erfrierungen kommen kann.- also der „Zwiebellook“ in Perfektion. Das wird dadurch noch deutlicher, dass die Nasenflügel binnen kurzer Zeit von innen zufrieren und das Atmen schmerzhaft und immer schwerer wird. Außerdem müssen Automotoren den ganzen Winter über laufen, da sonst das Benzin einfrieren würde.

In dem Ort gibt es weder fließend Wasser, noch sonstige flüssige Getränke. Um Trinkwasser zu haben, schneiden die Bewohner Eisblöcke aus dem Fluss und tauen diese auf. Auch Milch und andere Getränke werden in Blöcken verkauft und scheibenweise aufgetaut. Die Bewohner des kältesten Pols der Welt ernähren sich von Fisch Rentier-, und Pferdefleisch. Der auf mehrere Meter tief gefrorene Permafrostboden macht es unmöglich irgendetwas anzubauen. Die einzige Industrie ist eine Milchfabrik, die allerdings im Winter geschlossen ist, da es selbst den Kühen zu kalt wird, um Milch zu geben und sie ein Fell um das Euter tragen müssen, damit es nicht einfriert.
Ein weiteres Paradoxon an Oimjakon ist, dass es im kurzen Sommer auch Temperaturen über +30°Celsius geben kann und der Boden zu Schlamm wird. Daher bestehen die meisten Häuser aus Holz oder stehen auf Stelzen, da Gebäude aus Beton ansonsten einsinken oder rutschen würden.

Mein Fazit

Dass wir uns hierzulande über „tropische“ Temperaturen aufregen können, ist tatsächlich ein Luxusproblem. Ich kann unser „raues“ Klima jetzt weitaus mehr schätzen und würde für kein Geld der Welt dieses Dorf besuchen wollen. So viel zum Thema Ice-Bucket-Challenge, die Bewohner von Oimjakon würden uns wahrscheinlich auslachen. Wenn Ihr das tiefgekühlte Örtchen ganz ohne Frieren live sehen wollt, dann haben wir hier noch ein eindrucksvolles Video für euch.

Links:

http://www.stern.de/politik/ausland/2-russland-minus-51176-605955.html

https://www.planet-wissen.de/laender_leute/russland/sibirien/reise_oimjakon.jsp

http://www.bild.de/news/ausland/kaeltewelle/kaeltester-ort-russland-28218342.bild.html

http://de.rbth.com/reisen/2013/08/21/oimjakon_der_gefrorene_jungbrunnen_25553.html

 

 

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