Wischen – oder nicht wischen …?

Auf Tuchfühlung mit Tinder und Lovoo

Text: Palina Dautfest – Illustration:
Text: Palina Dautfest – Foto: Paul von Platen

Oberflächlich, unverbindlich und locker: Dating-Apps wie Tinder und Lovoo haben einen ganz besonderen Ruf. Trotzdem wird ein regelrechter Hype um sie gemacht. Sollte man als Single einen Versuch wagen? Kann man einfach „wischen“ und sich verlieben? Für alle Unentschlossenen unter euch, haben wir mit vier Studenten gesprochen, die uns von ihren Erfahrungen berichtet haben.

Gleichmal vorweg – wer nichts von solchen Apps hält, kann sich mal auf Instagram durch ein paar süße Babyfotos klicken, die unter dem Hashtag #tinderbaby gepostet wurden. Ja, richtig gehört. Mütter und Väter, die sich auf Tinder kennen gelernt hatten, teilen unter dem Hashtag die Schnappschüsse ihrer Babys. Diese Kinder  werden später einmal behaupten können: „Meine Eltern haben nach rechts gewischt!“ Ziemlich abgedreht oder bald Normalität? „Ich finde es heutzutage fast normal, Leute online kennen zu lernen“, so Matthias (24). „Sonst wäre ich meiner Freundin wahrscheinlich nie begegnet.“  Vor ein paar Monaten sind die beiden zusammengezogen.

„Ich hätte mir nie träumen lassen, dort einen Partner zu finden“

Auch Anne (23) hatte ihren Freund über Lovoo kennen gelernt. Die Beziehung der beiden hielt fast drei Jahre. „Ich hätte mir nie träumen lassen, dort einen Partner zu finden“, sagt sie. Eine feste Beziehung hatte sie nicht im Sinn, als sie sich dort angemeldet hatte – ähnlich wie Alina (20) und Selina (22). Eher aus Spaß und Langeweile probierten sie die Apps aus und lernten so ebenfalls ihren jeweils letzten Freund kennen. „Mein erstes Tinder-Date war sehr entspannt. Wir hatten uns in der Augsburger Innenstadt getroffen und auf Anhieb gut verstanden“, erzählt Selina. „Nach ein paar Monaten hat sich eine Beziehung daraus entwickelt.“

Und wo bleiben nun all die aufdringlichen Tinder-Typen, die nur auf unverbindlichen Sex aus sind? Dass Frauen häufig angeschrieben werden – und nicht immer auf die charmanteste Weise, geben alle drei Studentinnen zu. „Manchmal sind es wirklich nette Texte“, erzählt Selina. „Allerdings gibt es auch sehr direkte, sexuelle Aufforderungen.“ Auch Matthias als männlicher Lovoo-Nutzer räumt ein, dass Mädchen oft aufgrund ihrer bisherigen Tinder-Erfahrungen negativ auf ihn reagiert hätten.

Seinen Ruf hat sich Tinder nicht umsonst verdient. Das Konzept dahinter bleibt oberflächlich. Nur anhand eines Fotos wird entschieden, ob nach links oder rechts gewischt wird. Das Profil selbst enthält kaum Informationen über die Nutzer. „Das Aussehen spielt aber doch im ‚echten‘ Leben genauso eine große Rolle“, meint Alina.  „Wird man im Club von jemandem angesprochen, den man unattraktiv findet, geht man ja auch nicht darauf ein.“ Genauso wie jeder von uns auch im Club vor blöden Anmachen nicht verschont bleibt. Also was nun – wischen oder nicht wischen? „Wenn du offen für Neues bist, dich ausprobieren oder einfach nur Leute kennenlernen willst, dann bist du bei einer solchen Plattform richtig“, meint Anne. Wer zu hohe Erwartungen hat, könnte jedoch schnell eine Enttäuschung erleben.

Letztendlich entscheidet wohl jeder selbst, ob und mit welchen Hoffnungen und Erwartungen er an die Sache herangeht. Fest steht: Eine Garantie, den oder die Richtige zu finden, gibt es auf Lovoo oder Tinder nicht. Vielleicht hat man aber auch Glück und kann eines Tages ein niedliches #tinderbaby posten …

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