k wie kunterbunt

Das Jugendzentrum k15

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Text: Isabell Beck – Fotos: Paul von Platen

Gelb, türkis, rot, weiß – Augsburg ist bunt. So heißt es in der städtischen Friedensbewegung gegen Rechtsextremismus. Das Jugendzentrum k15 lebt dieses Motto intuitiv und ohne sich auf Migration zu konzentrieren. Die Menschen kommen einfach und finden ein offenes Wohnzimmer für alle.

Türkisfarben leuchtet das Treppengeländer, das hinauf in die Villa K führt, das Café und Wohnzimmer des k15. Das Jugendzentrum liegt als grauer Betonbau in der Kanalstraße 15, der Namensgeberin des Begegnungsortes. Doch der erste Eindruck täuscht. Weder trist noch grau, stattdessen farbenfroh, bunt präsentiert sich der Alltag hier, wie Dennis Galanti, der Leiter des Jugendzentrums berichtet: „Die Straße runter befindet sich eine Flüchtlingsunterkunft. Die Menschen verbringen dort hauptsächlich Zeit auf engstem Raum mit anderen Arabisch Sprechenden und kommen immer mehr hierher, um auch andere Kulturen und Sprachen kennen zu lernen.“
Es ist ein Donnerstagnachmittag im März. Vasen mit gelben Narzissen stehen auf den Tischen im Café. Ein Tisch ist für das gemeinsam gekochte Mittagessen gedeckt. Die ersten Kinder trudeln von der Schule und dem Kindergarten ein. Es gibt Kartoffelgratin, Gemüse und Salat, dazu türkischen Tee. Auf ausgewogene Ernährung achten Galanti und seine Mitarbeiterinnen Nadine Geier und Sandra Berndt, genauso wie darauf, dass alle gemeinsam Wasser und Energie sparen. Eine junge Frau mit rotem Kopftuch serviert den Tee. Sie ist Praktikantin beim Stadtjugendring, dem Träger des k15, und wäre gerne Grundschullehrerin geworden. Das Kopftuch würde ihr die Arbeitsplatzsuche nach dem Studium in Bayern erschweren. Als gebürtige Augsburgerin möchte sie jedoch nicht weg. Deshalb entscheidet sie sich nun für das Fach Erziehungswissenschaften.

 

Ein Ort zum Austauschen und Ankommen

Am Tisch sitzt auch ein syrischer Mann. Salim* hat gerade seine Aufenthaltserlaubnis bekommen. Vor fünf Jahren ist er aus Syrien aufgebrochen. Dort besaß er ein Haus mit Pool und sammelte alte, amerikanische Autos. Wenn er Fotos davon zeigt, ist mehr Stolz als Traurigkeit in seiner Stimme. Mit einem lachenden Auge erzählt er von den drei Tagen, die er trauernd vor seinem zerstörten Haus verbracht hat, ehe er sich dazu entschloss, gemeinsam mit seiner Familie zu gehen. Seine Frau ist mit den Kindern noch in der Türkei, doch im Sommer kommt sie nach. Folglich bleiben drei Monate, um eine Wohnung zu finden. Doch zuerst braucht er eine Bleibe für sich, denn nach der Genehmigung seines Aufenthalts in Deutschland muss er die Flüchtlingsunterkunft verlassen.
„Ein Thema, das uns immer häufiger betrifft“, erklärt Galanti. „Die Wohnungslage in Augsburg ist kritisch für die sozial Schwächeren. Das war es auch bevor so viele Flüchtlinge hierher kamen. Nun wird es nicht leichter.“ Doch Aufgeben gibt es nicht. Schon fliegen die ersten Ideen über den Tisch. Eine Lehramtsstudentin richtet für Salim ein Profil auf WG-Gesucht ein. Einmal die Woche hilft sie ehrenamtlich im k15 aus. Es gibt Schwierigkeiten in der Verständigung. Salim spricht Deutsch noch brüchig und besteht deshalb darauf, vorerst in eine kulturell gemischte WG zu ziehen: „Wenn du in diesem Heim bist, reden alle um dich herum Arabisch und du hörst nur Arabisch. Das geht ins Ohr und Deutsch bleibt nicht hängen. Deswegen eine deutsche WG, oder wenigstens eine andere Sprache.“
Auch einige Wochen zuvor ging es um Verständigung und Sprache. Am zweiten Samstag im Monat findet seit einiger Zeit die JamSession statt. Musiker jeden Genres können sich am Abend im großen Veranstaltungsraum treffen und sich nach Herzenslust musikalisch austoben. Eine Grundausrüstung aus Schlagzeug, Bass, Gitarre, Keyboard und Mikrofon stellt das k15 zur Verfügung. Eine junge Band, gerade einmal einen Monat bestehend, spielt an diesem Abend. Galanti zeigt den Proberaum, der hinter dem großen Veranstaltungsraum liegt. Er wird renoviert. Noch leuchten die Wände grün, doch schon bald werden sie von Dämmmaterial verdeckt sein.

Ausgabe 29: Europa
Dieser Artikel erschien zuerst in Ausgabe 29 unseres Magazins als E-Paper.

„Just talk!

Der Abend ist noch früh und sehr ruhig. Ein junges Paar schaut vorbei. Es sind Portugiesen aus Regensburg, die einen spontanen Wochenendtrip nach Augsburg unternehmen und nach Lokalen und Übernachtungsmöglichkeiten fragen. Sie sprechen Englisch. Schnell entwickelt sich ein Gespräch darüber, wer wo herkommt und was in seinem Leben macht. Sich selbst bei Sprachfehlern zu ertappen sorgt dabei für Lachen. „Just talk! No shame, we practise English in this way“, sagt die Portugiesin mit einem Grinsen.

Doch Sprache ist auch im Alltag immer wieder Thema im k15. Galanti schließt die hauseigene Fahrradwerkstatt auf. Hier arbeitet ein Syrer kostenlos für andere syrisch Sprechende, die nach Deutschland kommen und deren Mobilität von einem Fahrrad abhängt. Auch der Fahrradreparateur findet sich an dem einen Nachmittag im März am Mittagstisch ein. Seine Kinder springen fröhlich um ihn herum, bis sie zu einem Impftermin beim Arzt aufbrechen. Das Mittagessen ist vorbei und einige beschließen, die Tischtennisplatte im Innenhof aufzubauen.
Die bunten Graffitis leuchten in der Sonne, während eine Lehramtsstudentin, eine Türkin und ein Jugendzentrumsleiter einem Syrer mit Händen und Füßen den Rundlauf erklären, bei dem die Spieler nach einem Schlag um die Tischtennisplatte auf die andere Seite laufen. Das Spiel trägt übrigens auch den Namen „Chinesisch“ – wenn das nicht multikulturell ist.

* Name von der Redaktion geändert.

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