„Das Wichtigste bei der Musik ist, dass sie knallt und gut ist.“

Im Studio mit The Big Band Theory

Ende Oktober hat die Augsburger Funkrock-Combo The Big Band Theory in der Beathof FABRIK in Leitershofen ihr zweites Album Make The World Great Again aufgenommen. Wir waren zu Besuch im Studio und haben mit der Band und den Produzenten über Jazz mit Rockattitüde und den Versuch gesprochen, die Bühne auf die Platte zu bringen.

Text: Michael Müller – Fotos: Paul von Platen
Text: Michael Müller – Fotos: Paul von Platen

Scheinwerfer tauchen den Raum in ein Dämmerlicht aus rot, blau, grün und gelb. Die Bewegungen der Musiker, die sich in den letzten Minuten in einen lässigen, aber druckvollen Funkgroove hineingearbeitet haben, werfen lange Schatten auf die Backsteinwand im Hintergrund. Als nach einem präzisen Break das Saxofonsolo einsetzt, zieht der Bassist anerkennend eine Augenbraue hoch. Auch wenn die beschriebene Szenerie auf den ersten Blick danach aussieht, spielt sie sich nicht auf einem nächtlichen Clubkonzert ab, sondern im Keller der Leopold-Mozart-Schule in Leitershofen. Nur ein Foyer, eine Stiege und eine schwere Feuerschutztür vom Schulhof entfernt, der an diesem sonnigen Samstagnachmittag verlassen daliegt, befindet sich die Beathof FABRIK. Das Musikstudio, in dem The Big Band Theory Ende Oktober 2016 ihr zweites Album Make The World Great Again eingespielt haben.

Gegründet wurde die Augsburger Band im Frühjahr 2013 von Funk-Hörer Florian Hartz (Bass) und Heavy Metal-Fan Valentin Metzger (Trompete) – und zwar ausdrücklich als Jazzband. Was zunächst vielleicht ein wenig merkwürdig klingt, hat sich allerdings schnell zum Prinzip entwickelt. Denn die vielen verschiedenen Einflüsse haben vor allem dazu geführt, musikalische Grenzen zu sprengen. Genau diese Spontaneität liegt aus Sicht der Combo, zu deren aktueller Besetzung zudem Daniel Korger (Altsax), Patrick Oster (Gitarre) und Luis Rett (Drums) gehören, auch im Kern des Jazz, erklärt Hartz: „Eine freie Attitüde haben wir definitiv. Viele Teile in den Songs sind nur grob festgehalten, der Rest ist improvisiert. Wir gehen einfach davon aus, dass es funktioniert, weil wir uns musikalisch so gut verstehen.“ Wie eng diese Verbindung ist und dass dieser Jazz auch ganz ohne elitäres Gehabe funktioniert, zeigt sich vor allem auf der Bühne. Denn dort müssen sich die Augsburger mit ihrer Power hinter keinem Rock-Act verstecken.

Ein Sound für Kopf und Bauch

Deshalb lautet auch im Studio das erklärte Ziel, die innere Spannung und Energie fünf eigenständiger Musiker in einen geschlossenen Sound umzusetzen – und das Ergebnis kann sich hören lassen. Die verspielten bis vertrackten Songs und Arrangements stammen zwar größtenteils aus der Feder von Florian Hartz, doch bieten allen Bandmitgliedern die Möglichkeit, sich frei einzubringen. So entsteht Musik, die mal an den Jazzrock der frühen Weather Report erinnert, mal an den urbanen Funk der New Mastersounds. Zusammengehalten wird das Klangbild von einer präzisen Rhythmusgruppe und das warme Gitarrenspiel Osters, das sowohl mit vollen Harmonien als auch mit rauen Kanten aufwartet. Mit bissigen Riffs, treibenden Grooves und überraschenden Ideen bieten Big Band Theory durchdachte Musik, die trotzdem tanzbar ist und vor allem jede Menge Spaß macht.

Damit die Energie der Bühne auch auf die Platte findet, haben die Produzenten Dominik Scherer und Johannes Kandels beschlossen in einer Livesituation aufzuzeichnen. Um die nötige Atmosphäre für diese auch im Beathof nicht alltägliche Methode zu finden, wurden die nebenan gelegenen Räume der dazugehörigen Musikschule für ein Wochenende in einen Jazzkeller verwandelt. Um auch die beiden Bläser in den Austausch der Band einzubeziehen, die aus klanglichen Gründen in einem anderen Raum aufnehmen mussten, wurde eigens ein Lichtsignal installiert. Auch aus Sicht der Produzenten sind die Aufnahmen eine spannende Herausforderung, erklärt Kandels: „Es soll das Gefühl aufkommen, mit der Band auf der Bühne zu stehen. Wir wollen einen möglichst direkten Sound, um ihre Musik von der besten Seite zu zeigen, vielleicht sogar so, wie sie auf sie selbst auf der Bühne wirkt. Aber das halt auch im bestmöglichen Klang.“

Wie auf der Bühne, nur mit zweitem Versuch

Ein wesentlicher Unterschied zur Bühne bleibt allerdings: Gute Aufnahmen brauchen Geduld. Inzwischen ist die Sonne untergegangen, was die Atmosphäre im Aufnahmeraum nochmals verstärkt. Die Band widmet sich einem Song, der nachmittags nicht so richtig klappen wollte. Daher wurde das Intro durch einen neuen Drumgroove ergänzt und für die Gitarre ein wabernder Tremolo-Effekt aus den Tiefen des Studioequipments hervorgeholt. Vielleicht sind es diese Änderungen, vielleicht ist es die späte Stunde, doch plötzlich sagt die Nummer etwas aus, was sie vorher verschwiegen hat. Es sind diese Augenblicke, die für Scherer den besonderen Reiz der Liveaufnahmen ausmachen: „Man setzt sich hin, spielt und wartet auf den magischen Moment – und meistens kommt der dann auch. Das hatten wir jetzt bei fast jedem Song.“ Zu dieser Herangehensweise gehören je nach Song ein gutes Durchhaltevermögen, Experimentierfreude und vor allem ein offener Umgang mit Kritik.

Steckbrief:

Bandname: The Big Band Theory

Wer genau: Daniel Korger (Altsax) / Florian Hartz (Bass) / Valentin Metzger (Trompete) / Luis Rett (Drums) / Patrick Oster (Gitarre)

Musikrichtung: Jazzrock, Funkrock

Wunsche für Augsburg: Dass man die Leute nicht mehr zu jedem coolen Konzert zerren muss. Der Augsburger kommt praktisch nicht aus dem Haus, außer es spielt wirklich ein ganz großer Name. Es wäre schön, wenn sich das etwas ändert.

Als Bundeskanzlerin Merkel würde ich: erst einmal neue Klamotten kaufen

Doch schon die ersten Rohaufnahmen, die der gespannten Band im Studio gezeigt werden, machen deutlich, dass der Plan aufgeht. Demensprechend zufrieden ist Patrick Oster mit dem Ergebnis: „Ich habe mir vorher nicht vorgestellt, dass es so glatt läuft. Klar, bei dem ein oder anderen Song ist es etwas schwieriger, das ist ja normal. Aber wir haben bis jetzt schon eine ganze Menge geschafft.“ Nun ist es Aufgabe der Produktion, auf die Spiel- und Experimentierfreude der Band klanglich noch eine Schippe drauf zu legen.  Erscheinen soll Make The World Great Again im Frühjahr 2017, doch der ein oder andere Song ist sicher schon vorher live zu hören. Wer modernen Funkrock sucht, oder einfach wieder einmal zu handgemachter Musik tanzen möchte, sollte die Big Band Theory auf jeden Fall im Auge behalten.

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