Fair und nachhaltig produzierte Kleidung – Anfängertipps und Alternativen

„Fair Fashion, auch das noch?“, denkt ihr euch vielleicht. „Ich nehme doch immer das Rad oder die Öffis, ich esse kein Fleisch, Gemüse kaufe ich bio und unverpackt, und Schoki Fairtrade, mein Shampoo ist ohne Mikroplastik, in meinem Rucksack ist immer ein Jutebeutel, unterwegs trinke ich Leitungswasser aus einer Glasflasche und Strohhalme verwende ich schon lange nicht mehr. Und jetzt soll ich noch darauf achten, woher meine Kleidung kommt?“ Definitiv eine verständliche Reaktion. Aber es gibt doch immer noch Luft nach oben, oder?

Fast Fashion vs. Fair Fashion

Der Großteil der Kleidung, der in Deutschland verkauft wird, wird in China oder Bangladesch produziert. Viele Textilarbeiter machen Überstunden und arbeiten bis zu 16 Stunden am Tag, um Essen, Miete und den Schulbesuch ihrer Kinder zu bezahlen. Feldarbeiter erkranken an den Pestiziden, die auf Baumwollplantagen verwendet werden, um Schädlinge zu bekämpfen, aber gleichzeitig auch Augen, Haut und Atemwegen der Arbeiter schaden. Viele Unternehmen sparen am Bau ihrer Fabriken, indem sie minderwertige Baustoffe verarbeiten oder Etagen ohne Genehmigung bauen. Die daraus resultierenden Statikprobleme führten 2013 in Bangladesch zum Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza. Mehr als 1000 Menschen kamen ums Leben.[1] Neben dem Menschen leidet aber auch die Umwelt. In China sind bereits 70 Prozent der Flüsse und Seen durch Chemikalien, die meistens ungeklärt abgeleitet werden, verseucht.[2] Für die Produktion eines Kilogramms Baumwolle benötigt man 15.000 Liter Wasser. Dafür könnte man 250 Mal 5 Minuten lang duschen. Wir kaufen aber trotzdem weiter: 80 Milliarden Kleidungsstücke werden jährlich weltweit neu produziert, doch nur 40% davon werden tatsächlich auch getragen. Die Versuchung, häufig neue Kleidung zu kaufen, ist bei 12 bis 24 verschiedenen Kollektionen pro Jahr aber auch sehr groß.[3] Während große Modeketten mit Fast Fashion also auf schnelle Produktionszyklen setzen, wird Fair Fashion bzw. Slow Fashion im Gegensatz dazu unter fairen und ökologischen Produktionsbedingungen hergestellt.

Tipps für faires Shoppen

Vor etwa zwei Jahren habe ich einen YouTube-Kanal, der sich hauptsächlich um Faire Mode dreht, für mich entdeckt. Anschließend habe ich recherchiert und den Dokumentarfilm „The True Cost“ angesehen, den ich euch auch ans Herz legen möchte. Danach werdet ihr eure Kaufentscheidungen zumindest überdenken. Vielleicht lauft ihr ja sogar durch die Annastraße und fragt euch: „Wo kann ich denn jetzt faire Kleidung kaufen?“ Ihr könntet zum Beispiel bei Suslet in der Ludwigstraße 16 oder DearGoods in der Frauentorstraße 7 vorbeischauen oder vorher mithilfe von Apps und Webseiten wie dem „Fair Fashion Finder“ oder „Fair Fashion?“ faire Stores finden und überprüfen, welche Kriterien bestimmte Marken erfüllen und welche nicht. Außerdem könnt ihr auf verschiedene Siegel wie GOTS, IVN, Fairtrade Certified Cotton, Fair Wear Foundation oder Oeko-Tex 100 achten. Die Siegel erfüllen verschiedene Standards, deswegen recherchiert am besten vor dem Kauf, ob sie das unterstützen, worauf ihr Wert legt. Ansonsten gibt es auch zahlreiche Onlineshops, die ihr einfach mal durchstöbern könnt: Greenality, Loveco oder Grundstoff zum Beispiel. Es gibt so viele unterschiedliche Labels, dass ihr bestimmt irgendwo fündig werdet. Lasst euch aber nicht erschlagen von den Preisen. Faire Mode mag zwar auf den ersten Blick teuer erscheinen, aber es ist viel wert, wenn Menschen und Umwelt nicht bezahlen müssen.

© Cam Morin/Unsplash

Alternativen zu Fair Fashion

Wenn euch faire Mode doch zu teuer ist, könnt ihr zum Beispiel günstigere Basics kaufen oder nach reduzierter Kleidung Ausschau halten. Am besten fragt ihr euch immer vor dem Kauf, ob ihr das Teil wirklich braucht. Noch besser ist natürlich Secondhandkleidung, weil kein neuer Müll entsteht und Ressourcen geschont werden. Ihr könnt aber auch selbst alte Sachen auf dem Flohmarkt verkaufen und vielleicht findet ihr dort das ein oder andere neue Teil. Aber Kleidung muss auf keinen Fall immer neu gekauft werden, ihr könnt beispielsweise Kleidungsstücke, die euch nicht mehr gefallen, zu neuen Unikaten umstylen oder zum Schuster (schaut gerne auch mal bei Sneaker Rescue vorbei) oder Schneider gehen und eure Lieblingsteile reparieren lassen. Für den ein oder anderen klingt das womöglich genauso oldschool, wie sich Bücher aus der Bücherei zu leihen, vielleicht leiht ihr euch ja lieber Kleider aus der Kleiderei? Zumindest in Freiburg und Köln geht das. Wenn ihr dafür nicht extra umziehen wollt, dann checkt doch mal Stay Awhile aus oder leiht euch Kleider von euren Freund*innen. Dann könnt ihr gleich eine Kleidertauschparty mit ihnen veranstalten. Und wenn euch eure Liebsten das nächste Mal fragen, was ihr euch zum Geburtstag oder zu Weihnachten wünscht, könnt ihr euch jetzt ja einen vielleicht etwas teureren Hoodie wünschen, natürlich vorausgesetzt, ihr seid immer lieb zu ihnen.

© Shanna Camilleri/Unsplash

Mir ist es zwar ziemlich leichtgefallen, nur noch fair oder secondhand zu kaufen, auch weil ich in den großen Ketten nicht mehr wirklich fündig wurde, doch vielleicht fällt es dem ein oder anderen nicht so leicht. Aber lasst euch nicht unter Druck setzen, sondern haltet euch das vor Augen, was schon gut funktioniert. Es geht nicht darum perfekt zu sein, sondern sich bewusst zu machen, dass wir etwas verändern können. Jeder einzelne Schritt ist wichtig, sei er noch so klein, denn „auch der Ozean besteht aus einzelnen Tropfen“, wie William Butler Yeats sagte. Jeder kann einen Unterschied machen. Auch Du.


[1] https://www.planet-wissen.de/gesellschaft/wirtschaft/fairer_handel/fairer-handel-faire-mode-100.html

[2] https://www.zentrum-der-gesundheit.de/textilien-giftstoffe-ia.html

[3] https://www.zdf.de/nachrichten/heute/kleine-veraenderungen-grosse-wirkung-zum-erdueberlastungstag-100.html

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