Fliegende Autos und menschliche Maschinen

Was uns ab morgen, im Jahr 2020, erwartet

© Balthasar Zehetmair; Illustration Isabelle Mader

Kaum zu glauben, dass wir bald das Jahr 2020 erreicht haben! Das Datum klingt schon fast, als wäre es aus einem Science-Fiction-Film entsprungen, wird nun aber ab morgen für uns Realität sein. Obwohl der technische Fortschritt in den letzten Jahren enorm war, sind fliegende Autos und Roboter im täglichen Leben dann doch noch nicht eingetreten. 1984 hat sich die Billings Gazette, eine amerikanische Zeitung, mit dieser Frage beschäftigt und Schüler über ihre Zukunftsvorstellungen für das Jahr 2020 befragt. Die Visionen reichen von Robotern, die einem ein luxuriöses Leben ermöglichen, bis zu weltzerstörerischen Horrorszenarien. Mit manchen Prognosen liegen die Schüler gar nicht so daneben, bei anderen kann man froh sein, dass es nicht so weit gekommen ist. Hier ein Überblick über die kuriosesten Vorhersagen für das nächste Jahr, die auf den zweiten Blick doch nicht ganz so absurd klingen.

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„Personen tragen Mikrochips unter der Haut in der Handfläche, in der ihre Geschichte, ihr Geburtstag und andere Daten gespeichert sind.”

Klingt abwegig? Auf den ersten Blick erscheint es wie ein Auszug aus einer Black Mirror Folge. Ein Beispiel in Schweden zeigt aber, dass gar nicht 2020 eintreten musste, um es Realität werden zu lassen. Hier haben sich ein Fünftel aller Mitarbeiter der Firma TUI Nordic dieses Jahr einen Mikrochip in ihr Handgelenk implantieren lassen. Dieser öffnet Türen, kann Maschinen steuern oder einfach nur Snackautomaten, für die kurze Pause zwischendurch, bedienen.[1] Gruselig, faszinierend oder irgendwas dazwischen? Das muss jeder selbst entscheiden.


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„Menschen werden 150 Jahre lang leben und es wird eine Pille gegen Alkoholsucht geben.“

Damals träumten die Schüler von medizinischen Durchbrüchen, die die Menschen gesünder machen und das Leben verlängern sollten. Eine andere Schülerin stellte sich Medikamente gegen Erkältung, Krebs und Haarausfall vor. Zweifelsohne hat es in der Medizin im 20 und 21. Jahrhundert erhebliche Fortschritte gegeben. Menschen können dadurch viel wahrscheinlicher von schweren Krankheiten geheilt werden. Das hängt unter anderem mit dem Forschungsfortschritt von Arzneimitteln zusammen, aber auch mit der wachsenden Qualität der medizinischen Versorgung und des Lebensstils durch beispielsweise steigendes Einkommen. Pillen gegen Alkoholsucht existieren bereits, bei 150 Jahren Lebenserwartung sind wir allerdings noch lange nicht. Forscher gehen davon aus, dass die durchschnittliche Lebensdauer im Jahre 2050 „erst“ bei 88 Jahren sein wird.[2]


8

Es würde Videosportarten geben, bei denen wir in den Fernseher springen und mit den Videostars singen könnten.”

Wirklich körperlich in den Fernseher springen können wir zwar immer noch nicht. Wer aber schon mal eine Virtual Reality Brille ausprobiert hat, die einen zumindest visuell in eine fremde Welt eintauchen lässt, weiß, dass diese Vorstellung schon nah an der Realität ist. 


7

„Die Sportart, die es geben wird, ist Bobfahren wie bei den Olympischen Spielen, aber die Strecke wird im Weltraum sein.“

Zur Abwechslung ein etwas verrückter wirkendes Beispiel. Die Meinungen gehen auseinander, was den Fortbestand unserer Spezies auf diesem Planeten angeht. Glaubt man dem berühmten Stephen Hawking müssen wir uns in spätestens 100 Jahren nach neuen Planeten umschauen, auf denen wir wohnen können. Gründe dafür sind beispielsweise der Klimawandel, Überbevölkerung oder drohende Asteroideneinschläge.[3] Aber für das Weltall sei der Mensch nicht gemacht, zumindest nicht in seiner jetzigen Form, da er zu gut an unsere Erde angepasst ist. Bobfahren im All scheint daher noch eine Illusion in weiter Ferne zu sein, vorher gibt es andere Probleme zu lösen.


6

„Die Autos sind leise und darauf ausgelegt, vom Start bis zur Höchstgeschwindigkeit reibungslos zu fließen, wodurch quietschende Reifen und donnernde Schalldämpfer vermieden werden. Durch fortschrittliche Technologie wird vielleicht Atomkraft oder Sonnenenergie, die sich im gesamten Außenmaterial angesammelt hat, zur treibenden Kraft.“

Leise Autos, die über die Straßen schweben, verbinden die meisten mit E-Autos. Die deutsche Politik zumindest sieht darin die Zukunft der Mobilität. Betrieben werden sie im besten Fall mit Ökostrom, also Strom, der aus erneuerbaren Energiequellen wie beispielsweise Sonnenenergie erzeugt wird. In Atomkraft sieht Deutschland spätestens seit der Abschaltungswelle vieler Atomkraftwerke im Jahr 2011 keine Zukunft. Bis 2022 sollen sogar alle Reaktoren vom Netz gehen.[4] An Aktualität hat das Thema Mobilität und Energieversorgung auch angesichts des verstärkten Interesses an Klimapolitik bis heute nicht verloren.


5

„Stellen Sie sich an jedem Schreibtisch einen PC vor. Jeder Computer wird mit dem Hauptcomputer im Schulbüro verbunden sein. Die Computer werden die Hausaufgaben und Tests sofort bewerten. (…) Ein Vorteil des Einsatzes von Computern in der Bildung ist der Personalabbau in der Schule. Für jede Abteilung gibt es einen Lehrer, der den Unterricht programmiert. Ein paar Leute werden im Hauptcomputerraum arbeiten, und Helfer werden die Fernsehmonitore in jedem Raum beobachten, um Disziplinprobleme zu vermeiden.“

Viele Lehrer oder angehende Lehrer und Lehrerinnen werden bei diesem Szenario die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Wo bleibt der pädagogische Mehrwert bei diesem Konzept? In Deutschland erscheint es zumindest undenkbar, dass sich das Schulsystem in ein solches umwandeln und der Beruf des Lehrers überflüssig werden wird, ist ja noch nicht mal die Digitalisierung an vielen Schulen vollzogen. Auch im neuen Jahrzehnt kann davon ausgegangen werden, dass die Digitalisierung nur in schleppendem Tempo vorangehen wird und eine durchdigitalisierte Schule zumindest aktuell nicht eintreten wird.


4

„Menschen sind für nichts mehr zuständig, sondern tun das, was ihnen gesagt wird. Wenn nicht, töten die Roboter sie. Überall wird es Roboter geben, die die Menschen beobachten und sicherstellen, dass sie nichts vermasseln.”

Gerne wird die Angst geschürt, Roboter könnten eines Tages klüger werden als wir Menschen. Von einer Invasion der Roboter brauchen wir uns aber laut Toby Walsh, einem australischen KI-Forscher im nächsten Jahrzehnt noch nicht fürchten. Obwohl die künstliche Intelligenz sich weiterentwickeln wird, bestehe laut Walsh keine Sorge, dass Roboter die Kontrolle übernehmen. Sorgen macht sich der Wissenschaftler vielmehr um die menschliche Inkompetenz, denn Roboter haben keine eigenen Wünsche, sondern führen nur die Befehle der Menschheit aus.[5] 


3

„Der Gouverneur wird ein wilder und verrückter alter Mann mit einem Roboter sein, um alle seine Gesetze durchzusetzen und einem Computer, um alle menschlichen Gedanken zu kontrollieren.”

Wie viel Wahrheit in der Aussage über den Gouverneur steckt, vermag jeder selbst zu entscheiden. Die Bedrohung der Machtübernahme von Robotern jedenfalls fasst Walsh im vorigen Punkt schon sehr treffend zusammen. Viel interessanter erscheint in diesem Zusammenhang, inwiefern künstliche Intelligenz eines Tages unsere Gedanken kontrollieren wird. Diese erscheinen uns unantastbar. Aber wie frei sind sie tatsächlich? In der Medizin wurde durch die Verknüpfung von künstlicher Intelligenz und Neurologie ein immenser Fortschritt erreicht.[6] Nur mithilfe von Gedankenkraft können heutzutage schon Roboter gesteuert werden. Den Wissenschaftlern erscheint es daher nicht undenkbar, dass künstliche Intelligenz eines Tages auch unsere Gefühle lenken kann. Bedrohlich wird es dann, wenn neben Gefühlen auch Meinungen oder gar ganze Ideologien übertragbar werden. Andere Forscher vertreten die Ansicht, dass das Gehirn für so etwas zu komplex aufgebaut sei. [7] Egal was eintreten wird, solange der Mensch mit diesem Wissen umzugehen weiß, besteht keine Gefahr. Sollte es missbraucht oder falsch eingesetzt werden, wären die Folgen verheerend.


2

„Eine riesige Luftfilterblase wird sich über unsere riesige Metropole erstrecken und unsere Luft Tag und Nacht filtern.(…). Wenn etwas oder jemand ohne besonderen Schutz der rohen Luft außerhalb der Luftblase ausgesetzt ist, werden sie mit Umweltverschmutzung kontaminiert und sterben höchstwahrscheinlich.“

Bei diesem Punkt sind wir nun endgültig mitten in einer Science-Fiction Szene angekommen. Es klingt wie das Ende der Menschheit auf unserem Planeten, der sich mit einer Schutzhülle umhüllt von den Folgen des Klimawandels zu schützen versucht, um zu überleben. Glücklicherweise können wir im Jahr 2020 davon ausgehen, dass wir noch ohne Luftfilterblase atmen können. Wie lange es noch dauert bis oder ob solche Szenarien eintreten, wird von den Handlungen der Menschen und Erfindungen der Zukunft abhängen.


1

„Nach dem Atomkrieg: In der Stadt liegen zerstörte Wolkenkratzer auf Mietshäusern beziehungsweise überall liegen Teile aus Stahl. Es gibt keine Lebewesen mehr, die verkohlten Körper von Menschen, Hunden, Katzen und Vögeln liegen überall und die Straßen sind mit Münzen aus den Casinos übersät.”

So weit ist es glücklicherweise noch nicht gekommen. Im Vergleich zum vorigen Punkt erscheint dieses Szenario aber erschreckend real. Beide handeln von der Zerstörung und Unbewohnbarkeit der Erde. Das Bedrohliche hier – im Vergleich zum Klimawandel – ist die plötzliche Eintrittsmöglichkeit eines Atomkrieges und dessen akute Folgen. Mehr mediale Aufmerksamkeit bekommt hingegen der Klimawandel, was womöglich daran liegt, dass eine Klimakatastrophe mit in unseren Händen liegt, während wir bei Atomkatastrophen als Individuen nur machtlos zusehen können.

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Heute, einen Tag bevor das ominöse Jahr bevorsteht, klingen erstaunlich viele absurde Prognosen gar nicht so unrealistisch. Bei anderen können wir von Glück reden, dass sie bisher nicht eingetreten sind. Wir dürfen gespannt bleiben, was sich in diesem Jahrzehnt entwickeln und bis zum Jahr 2030 passieren wird. Fest steht, dass Zukunftsforscher auch für das Jahr 2030 schon einige vielversprechende Prognosen gefunden haben.

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[1]https://www.zdf.de/nachrichten/heute/konzern-testet-in-skandinavien-tui-mitarbeiter-tragen-mikrochip-100.html

[2]https://www.vfa.de/de/patienten/artikel-patienten/lebenserwartung-steigt-dank-moderner-medikamente.html

[3]https://www.dw.com/de/k%C3%B6nnen-wir-uns-an-ein-leben-im-weltraum-anpassen/a-38800144

[4]https://www.bmu.de/vorgang/kernbrennstofffreiheit-und-rueckbau-der-im-jahr-2011-endgueltig-abgeschalteten-atomkraftwerke-und-des/

[5]https://www.futurezone.de/science/article215755433/Nicht-mehr-lange-Bald-ist-uns-die-Kuenstliche-Intelligenz-ueberlegen.html

[6]https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/digitec/digitale-technik/nimmt-die-ki-uns-die-kontrolle-ueber-unsere-gedanken-15631415.html

[7]https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/digitec/digitale-technik/nimmt-die-ki-uns-die-kontrolle-ueber-unsere-gedanken-15631415.html