Für Ex-Handballer Frank Löhr gibt es eine Karriere nach dem Sport: Er lehrt andere Erfolg und holt Bill Clinton nach Augsburg
Von Dominik A. Hahn
Für Ex-Handballer Frank Löhr gibt es eine Karriere nach dem Sport: Er lehrt andere Erfolg und holt Bill Clinton nach Augsburg
Obergriesbach ist ein beschauliches Dorf. Rund 25 Kilometer östlich von Augsburg findet man dort galoppierende Pferde, weidende Kühe, saftige Kornfelder, ausgedehnte Wälder und vor allem eines: Ruhe. Ruhe, die vor rund einem Jahr für Frank Löhr noch unvorstellbar war. Zu dieser Zeit stand er nämlich auf dem Siegerpodest der XXVIII. Olympischen Spiele in Athen und lauschte unter dem tosenden Applaus tausender Zuschauer andächtig der Nationalhymne. Allerdings nicht der deutschen. Denkbar knapp verlor die deutsche Handball-Nationalmannschaft das Endspiel gegen Kroatien mit 24:26. Im ersten Moment ein herber Schlag für Co-Trainer Löhr. „Rückblickend jedoch trotzdem ein bombastisches Erlebnis“, findet der gebürtige Augsburger, der Handball quasi mit der Muttermilch aufgesogen hat.
Mit Melitta zum Erfolg
Bereits sein Vater war leidenschaftlicher Handballer, die Mutter Basketballerin. Klar, dass so etwas prägt und den Weg zu einer großen Sportlerlaufbahn aufzeigt. „Mir war es aber immer wichtig, zweigleisig zu fahren“, betont der 39-jährige. „Mich nur auf den sportlichen Erfolg zu verlassen, kam für mich nicht in Frage.“ Dabei war dieser nicht zu verachten. Mit Traditionsvereinen wie dem TSV Milbertshofen oder dem VfL Gummersbach holte Löhr unter anderem den Europapokal. Neben seiner Profi-Handball-Laufbahn absolvierte der „Workaholic“ ein Trainee-Programm bei Melitta, studierte in Bochum BWL und büffelte zusätzlich für die Handball-Trainerlizenz. Dass Löhr bei diesem straffen Arbeitspensum überhaupt noch Zeit für die Spiele der deutschen Handball-Nationalmannschaft fand, nötigt Respekt ab. „Ohne das Verständnis und den Rückhalt meiner Frau wäre das alles nicht möglich gewesen“, räumt der Vater eines Sohnes ein. Also doch: Hinter jedem erfolgreichen Mann steht eine starke Frau. Und stehen musste sie noch eine ganze Weile. Denn obwohl ihr Mann 2001 seine Profi-Laufbahn bei Tusem Essen endgültig beendete, konnte von heimeligen Familienleben auf dem Lande bei den Löhrs nicht die Rede sein. Bereits ein Jahr zuvor trat er in die Firma seines älteren Bruders Jörg ein, der ebenfalls Handball-Nationalspieler war. Gleich im ersten Jahr hatte er dann auch seine „bisher schwierigste und organisatorisch anspruchsvollste Aufgabe“ zu stemmen. Als Geschäftsführer von „Jörg Löhr Erfolgstraining“ organisierte Frank Löhr den Besuch des ehemaligen US-Präsidenten Bill Clinton in der Fuggerstadt.
Weitab vom Wasser-Polo
„Einige Leute denken beim Wort ‚Motivation’ immer an dieses ‚Chakka-du-schaffst-es-Zeug’“, schüttelt Löhr, der sein Abitur am Fugger-Gymnasium machte, den Kopf. „Bei uns muss keiner auf Stühlen stehen und brüllen. Wir entwickeln vielmehr Strategien für den persönlichen Erfolg unter Einbezug vieler individueller Faktoren.“ Klingt nicht gerade einfach – ist es wahrscheinlich auch nicht. Frank Löhr ist aber einer, der weiß, wovon er spricht. Sowohl im Beruf als auch im sportlichen Bereich.
Einer von vielen Gründen für den derzeitigen Handball-Nationaltrainer Heiner Brand, seinen ehemaligen Schützling im Jahr 2000 zum Co-Trainer zu machen. „Heiner und ich haben ein gutes Verhältnis. Und er brauchte jemanden, der als harmonisches Bindeglied zwischen der Mannschaft und dem Trainerstab fungiert“, plaudert Löhr aus dem Nähkästchen. An den Erfolgen der deutschen Handball-Truppe gemessen, lag Brand mit seiner Entscheidung mehr als richtig. 2002 Vize-Europameister in Schweden, ein Jahr später Vize-Weltmeister in Portugal und 2004 endlich die Besten auf europäischer Ebene. „Die rund fünf Jahre unserer Zusammenarbeit waren die erfolgreichsten in der deutschen Handball-Geschichte“, lächelt Löhr nicht ohne Stolz. Und stolz darf er sein. Schließlich ist Handball kein Wasser-Polo, sondern die zweitbeliebteste Ballsportart Deutschlands.
Auf und Ab in Athen
„Das Highlight war selbstverständlich Olympia in Athen“, schildert der Betriebswirt. „Das war wie im Film, die reinsten Emotionen, ein ständiges Auf und Ab!“ Zum Sieg hat es trotz eines Konzentrationsseminars des Bruders leider nicht gereicht. „Macht aber nichts“, winkt Löhr ab, der sich nach dem Turnier vom Posten des Co-Trainers verabschiedete, um mehr Zeit mit seiner Familie zu verbringen. „Unsere Spiele waren eine gute Werbung für den Sport. Handball gehört schließlich dauerhaft in die großen Arenen der Republik – wie die Arena AufSchalke.“ Und mit solch engagierten und erfolgreichen Persönlichkeiten wie Frank Löhr dürfte es nur eine Frage der Zeit sein, bis dieser Traum Wirklichkeit wird.