Interview mit den Geschäftsführern der Schwarzen Kiste
Sebastian Hrabak, Johanns Klingelstein und Daniel Muliyanto haben im Herbst 2012 die Schwarze Kiste eröffnet. Neben verschiedenen Kaffeesorten aus hochwertigen Bohnen bieten sie Snacks und verschiedene Gerichte aus Produkten der Region an. Ein Gespräch über den Aufbau eines Unternehmens, die Kaffee-Varietät und die wichtigsten Dinge für guten Kaffee.
Sebastian Hrabak und Daniel Muliyanto (von links) beim Gespräch mit presstige
Presstige: Wie kam es zu der Idee, die Schwarze Kiste zu gründen?
Sebastian Hrabak: Ich habe privat immer schon gerne Kaffee getrunken und mich so mit dem Thema beschäftigt. Aus diesem Interesse heraus habe ich mit einem Kumpel im Herbst 2011 in einer Bierlaune überlegt: „Hier unten gibt´s einen coolen Standort. Gegenüber die FH, nebenan die Bahn. Wenn wir diesen Standort bekommen, könnten wir da ein kleines Kistchen aufbauen.“ Für mich war von Anfang an klar, dass ich hochwertiges Zeug machen und den Imbisswagen neu interpretieren will. Über einen anderen Kumpel bin ich zu einem Röster gekommen, der im Spezialitätenbereich unterwegs ist. Daraus hat sich dann eine Eigendynamik entwickelt.
Und wie kam der Name zustande?
Sebastian: Für den Namen ist ein guter Freund von mir verantwortlich. Wir haben über diesen Standort gesprochen und hatten dabei eine Kiste vor Augen: Eine ominöse Bretterbude aus der Kaffee rauskommt. Und schwarz: Der Kaffee ist schwarz. Kombiniert war das dann die Schwarze Kiste. Der Name hat sich gehalten, da konnte man sich was darunter vorstellen – für mich war klar: Dieser Name passt zu mir.
Was habt ihr beruflich gemacht, bevor die Schwarze Kiste entstanden ist?
Sebastian: Ich hatte vorher mit Gastronomie nichts zu tun. Ich bin Sportwissenschaftler. 2010 habe ich ein Zeitungsvolontariat bei der AZ gemacht. Nachdem klar war, dass ich dort nicht bleibe, habe ich im Oktober 2011 angefangen, das Konzept für die Schwarze Kiste zu schreiben. Im April 2012 haben wir hier an der Haunstetterstraße angefangen zu bauen und im Herbst eröffnet.
Daniel Muliyanto: Ich beende gerade mein Studium an der Universität Augsburg: Lehramt Mathe und Sport. Also total im Fach!
Sebastian: Der dritte im Bunde ist mein Schwager Johannes Klingelstein, der gerade in Belgien ist. Er hat davor bei Hermannsdorfer auf dem Biohof gearbeitet und ist jetzt für unsere Küche verantwortlich. Er hat sich von Anfang an darum gekümmert, dass wir nicht nur im Kaffeebereich ein hohes Niveau haben, sondern auch im Speisenbereich.
Text: Vivian Keckeisen, Fotos: Natalia Sander
Was gab es in der Anfangsphase für Schwierigkeiten?
Sebastian: Als Start-Up ist vieles stressig. Wir wollen uns nicht fremdbestimmen lassen. Deshalb ist alles, was wir tun, entweder aus unserem eigenen Budget oder aus einem Darlehen von der Bank. Für ein junges Unternehmen, das es noch nicht mal zwei Jahre gibt, ist es natürlich eine Kraftanstrengung, so schnell im Verhältnis zu wachsen, ohne da irgendwo Doping zu haben. Außerdem macht es einem die deutsche Bürokratie bei Selbstständigkeit auch nicht einfach, sodass man hier einen langen Atem braucht.
Als Unternehmensgründer hat man oft ein straffes Arbeitspensum. Wie stark leiden Privatleben und Freizeit darunter?
Sebastian: Bei mir gehen Arbeit und Freizeit ineinander über und sind kaum trennbar: Meine Freunde kommen hierher, gleichzeitig kann ich auch im Urlaub nicht von der Kiste abschalten. Termine außerhalb oder mit Menschen, die mir wichtig sind, muss ich fest einplanen, genieße sie aber dann bewusster, so wie das Tatort-Schauen mit meiner Frau.
Daniel: Das Arbeiten in der Kiste ist kein 0815-Job mit Anweisungen von oben. Hier kann ich selbst entscheiden und mache Dinge nur für mich. Das macht mir Spaß und ist deshalb keine Arbeit im klassischen Sinne.
Ihr meint, die Zeit ist reif für guten Kaffee. Inwiefern ist euer Kaffee anders als der klassische Kaffee?
Daniel: Wir stehen hier kaffeetechnisch stark unter italienischem Einfluss. Die italienische Röstung der Robusta-Kaffeebohne mit ihrem sehr dunklen und röstigen Geschmack dominiert und wirkt vereinheitlichend. Wir verwenden dagegen die Arabica-Kaffeebohne, die zwar aufwendiger und teurer im Anbau ist, aber auch viel mehr Geschmacksvarianten zeigt. So kann der Eigengeschmack des Kaffees von Erdbeere über Nuss und Schokolade alles sein. Ich habe zu Hause etwa 15 verschiedene Sorten Kaffee, die alle anders schmecken.
Für einen optimalen Kaffee gibt es drei goldene Regeln:
- Die geröstete Kaffeebohne sollte nicht mehr als vier bis sechs Wochen gelagert werden, sonst sind zu viele Aromen verloren – ähnlich wie bei Mineralwasser, das man offen stehen lässt. Nach etwa 10 bis 14 Tagen, sind bestimmte Gase entwichen, sodass man das Optimum aus dem Kaffee rausholen kann.
- Ähnliches gilt auch für den Zeitraum zwischen Mahlen und Brühen: Nach ein paar Stunden (Filterkaffee) oder 10 Minuten (Espresso) sind zu viele Aromen über die Luft verflogen.
- Wichtig ist auch die Brühzeit: bei Filterkaffe dreieinhalb Minuten, bei Espresso 25 bis 30 Sekunden.
Wie wichtig ist euch neben der Produktqualität die Lebensqualität eurer Zulieferer?
Sebastian: Wir schmunzeln immer, wenn jemand fragt: „Habt ihr auch Fair-Trade-Kaffee?“ Nein haben wir nicht, weil wir Direct-Trade machen. Das läuft abseits vom Weltmarkt und ist keiner Spekulation unterworfen. Quijote, von denen wir unseren Espresso haben, zahlt höhere Preise, damit die Bauern bei geringerer Ernte wegen schlechtem Wetter keine Schulden machen müssen und weiterhin motiviert sind, qualitativ hochwertigen Bio-Kaffee anzubauen. Soziale Verantwortung und Qualität gehen da Hand in Hand.
Ist das für euch auch ein Zukunftswunsch: weg vom Kommerziellen hin zur Qualität?
Sebastian: Das Wichtigste ist eigentlich das Handwerk. Wir haben hier viele Leute, die irgendwas aus ihrer Eigenmotivation heraus können. Das Gemälde hier im kleinen Kaffee an der Haunstetterstraße hat ein Bekannter gemalt. Kevin, der bei uns arbeitet, macht die ganzen Grafiken: Er ist gelernter Schreiner, studiert jetzt interaktive Medien an der FH und hat auch die Bänke für uns gebaut. Wenn ich in irgendeiner großen Kette sitze und das Schild und die Farbe weggenommen werden, weiß ich nicht mehr, bei wem ich bin. Die Individualität fehlt und das ist, worauf wir Lust haben.
Wie weit geht eure Begeisterung für Kaffee?
Daniel: Wir beschäftigen uns seit ca. 2 Jahren mit dem Thema, sodass wir einen gewissen Perfektionismus entwickelt haben. Für einen perfekten Kaffee würde ich sogar den PH-Wert des Wassers manipulieren. Am besten lernt man über praktische Erfahrung. In Zukunft wollen wir Kaffeeschulung anbieten, sodass man die wichtigsten Dinge lernt und seinen eigenen Siebträger zu Hause erfolgreich bedienen kann.
Sebastian: Kaffee ist für uns ein Spitzensport. Daniel nimmt am Herbst an der deutschen Meisterschaft teil. Dafür muss man viel trainieren und ausprobieren, was einem niemand bezahlt. Aber wenn man zur Spitzenklasse gehören will, muss man das einfach machen. Natürlich ist es eine gewisse Art der Verrücktheit, aber es macht Spaß.
Trauen sich eure Freunde noch, euch Kaffee anzubieten?
Daniel: Den Spruch – „Ich biete euch jetzt keinen Kaffee an.“ – haben wir schon öfter gehört.
Sebastian: Nein, meine Leute wissen, dass sie mir keinen Kaffee anbieten müssen. Ich trinke dann meistens Spezi.