Die Welt teilt sich in blau und rosa

oder: der Kampf der Geschlechter einmal anders

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Text: Alexandra Kiefer, Katharina Knopf – Illustration & Layout: Julia Muhm

Unsere Gesellschaft ist besessen von der Zweiteilung in männlich und weiblich: Das fängt bei den Farben Blau und Rosa für Babystrampler an und endet noch lange nicht bei Chipssorten, die passend für Männer (mit Grillaroma) und Frauen (mit wenig Fett) verkauft werden. Doch ist diese Ordnung am Ende weniger natürlich als menschengemacht?

blau_rosa_jungeKlingt doch logisch: Männer sind vom Mars und haben ein X- und ein Y-Chromosom, Frauen von der Venus und zwei X-Chromosomen. Es scheint auch selbstverständlich zu sein, dass die Babys mit den doppelten X-Chromosomen später einmal Röcke und Make-up tragen, niemals allein eine öffentliche Toilette besuchen, bei Titanic weinen und sowieso immer übertreiben, während ihre männlichen Mitmenschen sich wenig aus Mode machen, lieber Actionthriller sehen und ihre Gefühle nie öffentlich zeigen.

Jeder von uns hat eine bestimmte Vorstellung davon, was typisch weiblich oder typisch männlich ist. Eine Vorstellung, die weit über unsere körperlichen Merkmale hinausgeht. Im englischen Sprachraum gibt es daher auch für das Geschlecht zwei Begriffe: „sex“ für das biologische, „gender“ für das soziale. Letzteres bezieht sich auf all die Verhaltensweisen, die wir im Alltag für „natürlich“ halten, die aber tatsächlich nur erlernt sind. Warum einige Menschen nicht gut einparken und andere nicht gut zuhören können, dafür gibt es vielfältige Gründe. Genetisch bedingt und damit „natürlich“ ist keiner davon.. Auch Kleinkinder haben keine erbliche Vorliebe für die ein oder andere Farbe. Der Junge, der mit rosa Spielsachen nichts zu tun haben möchte, ist nicht etwa mit dem genetischen Material auf die Welt gekommen, das eine Abneigung gegenüber Rosatönen rechtfertigt. Kaum zu glauben: Vor rund hundert Jahren waren die Jungs pretty in pink und die Mädchen trugen blau.

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Werbung – für Sie und Ihn blau_rosa_mädchen

Erlernte Verhaltensweisen sind erst einmal nicht schlimm. Problematisch wird es, wenn utns gesellschaftliche Vorstellungen in etwas hineinpressen, das wir nicht sind. Weibliche Schülerinnen trauen sich beispielsweise in den Naturwissenschaften bei gleichen Noten weniger zu – das zeigt später ebenso in der Berufswahl. Ihre männlichen Mitschüler dürfen dafür keine Tränen zeigen, sonst sinkt der soziale Status ins Bodenlose.

Erlernt werden diese Vorstellungen, wie das eine oder das andere Geschlecht sich zu verhalten hat, schon in der Kindheit. Wir dürfen es beim Spielen einüben: Actionhelden für Jungs und Puppen für Mädchen. Wie man richtig damit spielt, zeigt die Werbung. Und auch für die Erwachsenen bietet Werbung zahlreiche Erwartungen an ihr Verhalten. Die heutige Frau macht inzwischen Karriere, während sie sich Vollzeit um die Kinder und ihren Körper kümmert. Der Mann verdient mehr Geld, trinkt Bier, guckt Fußball, baut Häuser und pflegt sich sogar ab und an. Wenn beide dann gemeinsam auf dem Sofa lümmeln, hat jetzt auch jeder seinen eigenen Snack, Chips gibt es ja jetzt auch verpackt in schickem Rosa.

Ausgabe 28: Körper Dieser Artikel erschien zuerst in Ausgabe 28 unseres gedruckten Magazins.

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