„Mit Kunst, Musik und viel Kaffee durch den Politikeralltag“

Teil 1: Ein Besuch beim SPD-Landtagsabgeordneten Dr. Linus Förster

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Text: Yevgeniya M. Isakov – Foto: privat – Layout: Alexandra Kiefer

Seit 2003 sitzt der Augsburger Dr. Linus Förster für die SPD im Bayerischen Landtag und ist dort Mitglied im Ausschuss für Europaangelegenheiten sowie jugendpolitischer Sprecher seiner Fraktion. Unsere Redakteurin hat ihn in seinem Wahlkreisbüro getroffen und mit ihm über Karriere, Jugend, Europa und das große Thema Flüchtlingspolitik gesprochen.

Ich steige die vielen Stufen zum Büro von Dr. Linus Förster hoch. Die Treppen müssen ihn fit halten, denn der Mann, der mich begrüßt, macht trotz seiner 50 Jahre einen jungen Eindruck. Im Büro vor seinem Arbeitszimmer sitzen drei junge Mitarbeiter. Aus der gesamten Atmosphäre und den Gesprächen wird ersichtlich, dass die Zusammenarbeit recht angenehm verläuft. Ein gutes und engagiertes Team sei wichtig, erklärt Linus Förster, aber trotzdem gebe es immer viel zu tun. Zur Politik ist er über die Bildung gekommen, wobei seine Motivation für Jugendthemen ebenso beeindruckend wie beständig geblieben ist. Bereits als Bezirksschülersprecher in Schwaben hat er zusammen mit anderen Schülersprechern an einer Stellungnahme zu einem Erziehungs- und Unterrichtsgesetz gearbeitet. Als Beamte und CSU-Politiker offensichtlich kein Interesse an der Meinung der Jugend zu diesem Thema zeigten, entschloss er sich 1984 in die SPD einzutreten. Allerdings fühlte er sich als junger Mann in der Parteiarbeit nicht so richtig wohl. Deshalb trat er als Vertreter der Augsburger Rockmusiker ehrenamtlich in den Stadtjugendring Augsburg ein – und hier nahm seine Karriere ihren Anfang.

Über 12 Jahre hinweg war er Vorsitzender im Stadtjugendring. Eine Tätigkeit, die ihn gut auf seine jetzige Arbeit im Ausschuss für Europaangelegenheiten und als jugendpolitischen Sprecher der SPD-Landtagsfraktion vorbereitete. „Beide Themen sind ohnehin untrennbar verbunden“, so Förster, „denn Europa ist die Zukunft der Jugend und die Jugend ist die Zukunft Europas.“ Die gemeinsame Kultur sei wichtiger als nationale Grenzen, erklärt er. Jeder dürfe sich trotzdem als Schwabe, Bayer oder Deutscher fühlen und auch Menschen mit Migrationshintergrund sollten auf keinen Fall ihre Kultur vergessen. Migration berge großen Reichtum, der hierzulande zur kulturellen Vielfalt beitragen kann. Genau darin, aus jeder Kultur das Beste herauszunehmen, liege für ihn die Europaidee.

„Die Flüchtlinge sind eine Chance für Deutschland und Europa.“

Daher betrachtet Linus Förster die momentane Flüchtlingssituation als politische Herausforderung und nicht als Bedrohung. Gerade finde dazu eine differenzierte Debatte statt, wobei es etliche Nuancen zu beachten gelte. Aus Sicht der SPD gebe es ganz klar eine Asylpflicht und die Frage sei eher, wie am vernünftigsten geholfen werden kann, zum Beispiel auch durch Öffentlichkeitsarbeit und Aufklärung. Oftmals fehle es aber an Geld, wobei auch der sinnvolle Einsatz von Bundesfinanzen eine Rolle spiele. Zum Beispiel habe Augsburg momentan weniger Mittel zur Verfügung als Gersthofen.

Ausgabe 29: Europa
Dieser Artikel erschien zuerst in Ausgabe 29 unseres Magazins als E-Paper.

Der Umgang mit Flüchtlingen ist ein schwieriges Politikfeld, da viele Interessen aufeinander treffen. Ganz deutlich wird das beim Thema der Wirtschaftsflüchtlinge. In Deutschland liegt die Anerkennungsquote bei null Prozent, in Frankreich sind es neun Prozent. Hier gilt es, die Gründe für solche Unterschiede zu finden. Beispielsweise habe eine Frau, die vor Gewalt in der Ehe flieht, die in Balkanstaaten kulturell akzeptiert wird, in Deutschland keinen anerkannten Asylgrund, da diese Staaten als sicheres Herkunftsland eingestuft sind. Dennoch sei die Unversehrtheit der Frau gefährdet, betont Förster. Das negative Frauenbild in manchen Kulturräumen sorge dafür, dass einige Gemeinden nur Christen und keine Muslime aufnehmen wollen, obwohl es in Deutschland bisher keinerlei Anzeichen für vermehrte Übergriffe durch Flüchtlinge gibt. Dennoch geht Förster davon aus, dass eine kulturelle Debatte folgen werde: „Es wird wohl eine Diskussion geben über Freizügigkeit, Akzeptanz und Toleranz. Aber ich bin der Meinung, dass deutsche Frauen sich hier nicht nach der Kultur derer richten sollten, die zu uns fliehen. Nichts rechtfertigt einen Übergriff auf Frauen, auch nicht ein kurzer Rock. Die Regel ist klar: Wer zu uns flieht, muss unsere Kultur und deren Werte akzeptieren und respektieren, was nicht bedeutet, dass seine Religionsfreiheit dadurch eingeschränkt wird.“

Gegenseitige Annäherung als gesellschaftliche Herausforderung

Es bleibe eine große Herausforderung, den Menschen zu erklären, dass sie hier Toleranz und Religionsfreiheit finden, sich aber dennoch an die zentralen Regeln in unserer Kultur halten müssen. Auch in Bezug auf Probleme in der Integration hat Förster in seiner Zeit beim Stadtjugendring wichtige Erfahrungen gemacht: „Die aufklärerischen Ideen, die Europa ausmachen, sollten schon in der Schulbildung vorangetrieben werden. Dazu gehört es nicht nur mit Mädchen, sondern auch mit den Jungs an der Gleichstellung der Geschlechter zu arbeiten.“ Eine große Rolle spiele zudem eine offene Willkommenskultur: „Wenn die Menschen in der Gemeinde begrüßt werden, entstehen gleich die ersten Kontakte. Vielleicht setzen sich Muslime mit dem Christentum auseinander, wenn wir ihnen erklä- ren, dass auch christliche Gebote einer der Gründe für unsere Hilfsbereitschaft sind. Gerade in Augsburg ist Andersgläubigkeit ganz normal, doch der Islam kennt dieses Konzept nicht. Wer etwas anderes glaubt, gilt schlicht als ungläubig. Es ist wichtig, diesen Menschen zu zeigen, dass viele der Helfer in Deutschland sich aufgrund von Werten engagieren, die auch mit ihrem Glauben zu tun haben.“ Dazu gehöre aber ebenso eine gegenseitige Auseinandersetzung mit dem Glauben der anderen. Zu bemerken, wie viele Überschneidungen es zwischen dem Judentum, dem Christentum und dem Islam gebe, sei bereits ein erster Schritt zum gegenseitigen Verständnis.

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