Nachhaltigkeit ist in aller Munde. Ob man das kritisiert, als Öko-Hype belächelt oder dadurch angeregt ist, das eigene Konsumverhalten zu überdenken und sich vielleicht sogar anderweitig zu engagieren – immer präsenter scheint das Thema zu sein. Die Aktionen #fridaysforfuture und „Rettet die Bienen!“ sind zwei Beispiele dafür, wie die Diskussion um Nachhaltigkeit auch hier in Augsburg 2019 weiter in die Öffentlichkeit getragen wurde.
Wer am 18. Januar vormittags in der Augsburger Innenstadt unterwegs war, konnte wohl kaum umhin, einen riesigen Demonstrationszug mit Schildern wie „Change the system, not the climate“, „Ihr geht mit der Erde um, als hätten wir ‘ne zweite“ und „Make Earth Cool Again“ zu bemerken. Dabei ertönte immer wieder der Ruf „Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Zukunft klaut“. Wir – das waren in diesem Fall vor allem SchülerInnen, von denen an diesem sonnigen Freitag nach Angaben der Polizei zwischen 1000 und 2000 an dem Demonstrationszug teilnahmen. Vorbild ist ihnen dabei die schwedische Schülerin Greta Thurnberg, die weltweit Aufmerksamkeit auf sich zog, indem sie seit September 2018 jeden Freitag vor dem schwedischen Parlamentsgebäude verbrachte statt in der Schule. So viel Aufmerksamkeit, dass sie inzwischen sogar auf dem EU-Klimagipfel und auf dem Weltwirtschaftsforum Reden gehalten hat. Immer wieder hat Greta die klimapolitischen Maßnahmen der Regierungen als bloße Fassade bezeichnet und darauf hingewiesen, dass auch die besten Pläne zur Bekämpfung des Klimawandels nicht weiter als 2050 reichten. Doch während die meisten der PolitikerInnen, die diese Pläne formulieren bis dahin schon in Rente sein werden, steht für die junge Generation ihre Zukunft auf dem Spiel.
Immer mehr junge Leute haben sich deswegen nach und nach mit Greta solidarisiert, auch in Deutschland wird mittlerweile an fast jedem Freitag unter dem Motto #fridaysforfuture Schule gestreikt oder Uni geschwänzt und demonstriert – am 18. Januar sogar in über 50 deutschen Städten.
Das Thema polarisiert
Nicht bei jedem kommt diese Aktion allerdings gut an. So veröffentlichte beispielsweise die Augsburger Allgemeine eine Pro-Contra-Debatte zu der Demonstration. Als Argument gegen die #fridaysforfuture-Bewegung wurde dort angebracht, dass man die Demo ebenso auch hätte am Samstag stattfinden lassen können; dass ein Großteil wahrscheinlich nur teilnehme, um Schule zu schwänzen, entwerte schlussendlich das Anliegen selbst. Auch von anderen Seiten wurde Kritik gegen das rechtswidrige Fernbleiben vom Unterricht zu Demonstrationszwecken laut. Doch gerade der Zivile Ungehorsam ist es ja, der letztlich die Aufmerksamkeit erregt – hätte Greta Thurnberg sich Samstags vors Parlament gesetzt, wäre ihre Aktion wohl kaum so bekannt geworden. Und in Gretas Worten: Warum für eine Zukunft lernen, wenn es vielleicht bald gar keine Zukunft mehr gibt?
Auch sonst scheiden sich an den Themen Klimaschutz und Nachhaltigkeit scheinbar die Geister. Das berichtet mir Lukas von der Augsburger Ortgruppe der Organisation Greenpeace, einer NGO, die sich weltweit für den Klimaschutz einsetzt. Immer wieder werde die Organisation wegen ihrer Thematik angefeindet. Die Augsburger Gruppe war bei der Demonstration am 18. Januar dabei und unterstützt die AktivistInnen von #fridaysforfuture darüber hinaus mit taktischem Wissen und finanziellen Mitteln. Auch das Volksbegehren Artenvielfalt wurde in Augsburg durch Greenpeace unterstützt. Mitglieder der Ortsgruppe standen bis zum 13. Februar, dem letzten Tag, an dem man das Begehren unterschreiben konnte, mit einem riesigen „Rettet die Bienen!“-Banner in der Augsburger Innenstadt, um BürgerInnen dazu aufzurufen, sich eine Meinung zu bilden und sie über Formalien wie die Öffnungszeiten der Eintragungsräume zu informieren.
Ein neues Umweltbewusstsein in Bayern?
Und zumindest beim Volksbegehren wurde der Einsatz rasch belohnt: Schon einen Tag vor Ende des Eintragungszeitraums war das Ziel erreicht: 10% aller Wahlberechtigten in Bayern hatten das Begehren unterschrieben, das sich, wie der Name schon sagt, für eine Sicherung der Artenvielfalt in Flora und Fauna einsetzt, „um einen weiteren Verlust von Biodiversität zu verhindern“.[1] Um das zu erreichen, sollen bis 2030 ein Drittel aller landwirtschaftlich genutzten Flächen in Bayern gemäß den Grundsätzen des ökologischen Landbaus bewirtschaftet werden, staatliche Flächen bereits bis 2020.
Größter Gegner des Volksbegehrens ist wohl der Bayerische Bauernverband (BBV), welcher kritisiert, dass der Hauptgrund für den Artenschwund bei allen liege, die Verantwortung allerdings lediglich auf die Bauern abgewälzt werde. Die Initiatoren des Volksbegehrens wiederum weisen auf ihrer Internetseite darauf hin, dass das Begehren sich gar nicht an alle einzelnen Landwirte und Bäuerinnen richte, sondern vielmehr an die Landesregierung, welche dazu verpflichtet werden soll, „entsprechende Angebote an die Landwirte zu machen“.
Um auf beide Seiten einzugehen, hat Ministerpräsident Söder bereits einen Runden Tisch angekündigt, bei dem unter dem Motto „Rettet die Bienen und die Bauern“ die Initiatoren des Volksbegehrens, Naturschutzverbände und der BBV diskutieren und sich so bis zum Frühsommer hoffentlich auf einen Gesetzesentwurf einigen werden. Über diesen Gesetzesentwurf wird es dann noch einmal einen Volksentscheid in der bayerischen Bevölkerung geben.
Die Chancen, dass die BefürworterInnen dieses Gesetzesentwurfes dabei die Nase vorn haben werden, werden jetzt schon als gut prognostiziert. Schließlich ist das Volksbegehren Artenvielfalt mit genau 1.745.383 Unterschriften das bislang erfolgreichste in Bayern – 18,4% aller wahlberechtigten BürgerInnen in Bayern haben sich eingetragen. Zeugt das vielleicht von einem neuen Umweltbewusstsein der Bayern? Jein, sagt Lukas von Greenpeace. Zwar sei die Beteiligung im Falle des Volksbegehrens hoch gewesen, die Bemühungen für den Klimaschutz seien jedoch „überaus gering“, „die breite Masse für solche Themen verschlossen“. Eine Ausnahme stellten hier allerdings Jugendliche und junge Erwachsene dar, „welchen klar geworden ist, dass es ihre Zukunft ist. Gerade im Bereich der Schulen und im Kontakt mit Schülern bemerken wir ein steigendes Interesse“, so Lukas.
Mehr zu #fridaysforfuture erfährt man auf deren Internetseite.
Wer gerne mehr über Greenpeace erfahren oder sich auch engagieren möchte, der kann am 4. März um 18:30h zu einem Treffen extra für Neue und Interessierte ins Neruda Kulturcafé kommen. Über die Arbeit von Greenpeace Augsburg kann man sich außerdem auf deren Internetseite sowie deren Facebook-Seite informieren.
[1] Den Gesetzesentwurf für eine Änderung des bayerischen Naturschutzgesetztes kann man hier einsehen.