Bandporträt: We Guess

Text: Daniel Guggeis, Fotos: Moritz Klöppenberger, Illustration: Alexandra Kiefer
Text: Daniel Guggeis, Fotos: Moritz Klöppenberger, Illustration: Alexandra Kiefer

Vier junge Augsburger begeistern mit mitreißenden Melodien und groovigen Beats. Sie verpacken ihre wunderbaren Indie Rock-Klänge in sozialkritische Texte und überzeugen damit derzeit am meisten von allen Augsburger Bands.

Für das Gespräch mit We Guess fahre ich zum Gebäude der Downtown Music Institute GmbH in Augsburg, einem privaten Musikinstitut, das für die Band schon von Anfang an wichtig war. Schließlich entstand sie durch die Ferienfreizeitveranstaltung Let’s Rock des Instituts: 2011 lernten sich dort drei der heutigen vier Mitglieder von We Guess kennen. Sie performten zusammen und verstanden sich sofort gut miteinander. Im darauffolgenden Herbst gründeten sie die Band We Guess. Drei Jahre später treffe ich sie also genau an jenem Ort, wo alles anfing. Inzwischen gab es einen Wechsel an der Gitarre. Als ich nach den Gründen dafür frage, bekomme ich nur eine sehr allgemeine Antwort: „In einer Band ist das eben wie in einer Beziehung, nur noch schwieriger, weil man mit vier Leuten zusammenarbeiten muss“, meint Schlagzeuger Thomas im Interview.

Erste lokale Erfolge

Mittlerweile hat die Band nicht nur einen neuen Gitarristen, sondern auch einiges an Erfahrung – trotz ihres jungen Alters. Dieses Jahr räumten sie bei  ihrer Teilnahme am Augsburger Band des Jahres-Wettbewerb den Young Talent Award ab, ein zusätzlicher Preis der Veranstaltung speziell für Bands unter 18. Im Anschluss durften sie zusammen mit anderen Augsburger Musikern wie The Preset, AWA und No Spam an einer Schulung zum Musikgeschäft teilnehmen. Dort lernten sie viele allgemeine Dinge über das Musikbusiness wie beispielsweise eine gute Vermarktung. Außerdem war Guano Apes-Gitarrist Henning Rümenapp an der Schulung beteiligt. „Er hat uns auf jeden Fall sehr weitergeholfen und viele gute Tipps gegeben. Aber auch das Zusammenarbeiten mit den anderen bekannten Augsburger Gruppen hat uns viel Spaß gemacht und uns wesentlich weitergebracht. Da wurde gerne mal spontan gemeinsam gejamt. Das war für uns alle ein schönes Erlebnis.“ Neben dem bereits gewonnenen Preis haben sie Chancen auf mehr, denn sie nehmen dieses Jahr auch noch am sogenannten SPH-Bandcontest teil, einem Nachwuchswettbewerb, der von Musikern für Musiker ins Leben gerufen wurde. Dort stand We Guess am 17. Oktober im Regionalfinale in München.

Ausgabe 27: WohnenDieser Artikel erschien zuerst in Ausgabe 27 unseres gedruckten Magazins.

Musikalische Neuausrichtung

Doch wie sieht es eigentlich musiktechnisch bei den jungen Augsburgern aus? „Vor allem beim Songwriting sind wir schon sehr routiniert. Felix, der auch Gitarre spielt, produziert die Songs beinahe fertig. Dann nehmen wir den Track natürlich nochmal auseinander und ändern Sachen“, erzählt Sängerin Laura. Die Texte der Band sind dabei (bis auf die Ausnahme „Alice“) vor allem gesellschaftskritisch. So geht es zum Beispiel im Lied „Ask The Television“ um den allgemeinen Medienkonsum und das ständige Bedürfnis überall und jederzeit online zu sein.
„You built up these walls, you’ve built them up for years”, singt Sängerin Laura. „Diese virtuellen Mauern, hinter denen man sich versteckt, sollen eingerissen werden.“ Ein brisantes und hochaktuelles Thema für ein Stück. Deshalb ist es wahrscheinlich auch einer der Lieblingssongs ihrer Anhänger. Ein Track, bei dem Lauras Stimme, die alles andere als Mainstream ist, zum Vorschein kommt. „Ask The Television“ verbesserten die vier über die Jahre hinweg immer wieder. Sie performten ihn zusammen mit einem kleinen Chor – diese Chorpassage gibt dem Song noch eine ganz besondere Note. Ein Musikvideo zu „Ask The Television“ ist schon in Planung. Außerdem soll die Nummer zusammen mit anderen Klassikern auf ihrer EP im Winter veröffentlicht werden.
Musikalisch inspirieren ließ sich We Guess einerseits von Singer-Songwritern wie Tom Odell und Kate Nash. Andererseits pickten sie sich auch Elemente populärer Indie-Bands wie den Arctic Monkeys oder Alt-J heraus. „Die Arctic Monkeys kann ich bis heute rauf und runter hören“, fügt Laura noch hinzu.
Doch wie schafft man es überhaupt neben der Schule oder der Ausbildung noch eben eine EP zu produzieren und für Auftritte zu proben? „Klar, die Zeit für andere Hobbys oder Freunde fällt da natürlich weg. Aber unsere Freunde verstehen unsere Prioritäten und unterstützen uns sehr.“ Auch sonst können die Vier auf einige Unterstützer bauen, egal ob Freunde, Familie oder Musikinstitut. Diese Unterstützung zeigt sich auch dadurch, dass sie bald ein eigenes Studio bekommen werden. Ihr aktueller Proberaum bei der Kantine, den auch Bands wie We Destroy Disco nutzen, wird demnächst nämlich abgerissen.
Im neuen Studio sollen 2015 dann endlich die ersten Songs für ein eigenes Album entstehen. „Die neuen Songs sollen etwas tanzbarer und grooviger werden als unser aktuelles Material“, kündigt Sängerin Laura an. In Tradition von Muse und Panic at the Disco wollen sie den Stil immer wieder verändern. Eine groovige Indie-Band wäre in Augsburg definitiv nicht verkehrt. We Guess sollte man die nächsten Monate im Auge behalten. Schließlich schaffen es immer mehr regionale Künstler, wie beispielsweise eRRdeKa oder Marie Marie, auch außerhalb der Stadt oder sogar außerhalb Bayerns bekannt zu werden.

Steckbrief:
Bandname? We Guess
Wer genau? Laura Szep (Gesang, Bass), Alexander Schuster (Gitarre), Felix Birzele (Gitarre), Thomas Reinholz
(Schlagzeug)
Musikrichtung? Indie-Rock
Größer Erfolg? Young Talent Award 2014
Bekannte Songs? Ask the Television, We Still Believe
Wunsch für Augsburg? Ein größeres Miteinander unter den Augsburger Bands und Proberäum, die nicht am Arsch der Welt sind
Als Bundeskanzlerin Angelika Merkel? Würde ich das Betreuungsgeld wieder abschaffen

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