Im Auftrag der Kultur

Augsburger Kulturhistoriker überschreiten Grenzen

Der Kulturhistoriker Jasper Eitze beendete im November vergangenen Jahres sein Studium der Europäischen Kulturgeschichte (EKG) an der Uni Augsburg. Heute arbeitet der 26-Jährige im Auslandsbüro der Konrad-Adenauer-Stiftung in Mexiko als Projekt-Koordinator für politische Entwicklungszusammenarbeit. Eine derart „abwechslungsreiche Tätigkeit in einem interkulturellen Umfeld“ war schon immer Jaspers „beruflicher Traum“. Den Arbeitsplatz bei der Stiftung bekam er nach zweimonatigem Praktikum angeboten. Während des Studiums hatte Jasper sein Interesse für Lateinamerika vertieft, etwa durch die Fächerwahl, durch Sprachkenntnisse oder das Einbinden des Themas Mexiko in seine Abschlussarbeit. Wie Jasper verschlägt es Absolventen der EKG alljährlich in die verschiedensten Winkel der Erde, sei es, um ein Praktikum zu machen, ein Aufbaustudium draufzusetzen oder eine Festanstellung anzutreten.

Von Ramona Feilke

Klein und intim

Gut überschaubar ist die Zahl der Studierenden des Bakkalaureus Artium (B.A.) Europäische Kulturgeschichte in Augsburg. Die Studienplätze sind heiß begehrt, der Zugang zum Studium ist durch einen Numerus Clausus beschränkt. Jedes Jahr beginnen ca. 35 bis 40 Erstsemester das Studium. Auch die Betreuungsrelation stimmt: Auf die 96 vergangenes Semester Eingeschriebenen kamen fünf Lehrbeauftragte. Seit sechs Jahren wird das Fach in Augsburg gelehrt. Der B.A. sowie der Master of Arts (M.A.) in EKG sind die ersten ihrer Art und deutschlandweit einmalig. Lehrstuhlinhaberin Prof. Silvia Serena Tschopp beschreibt ihren Studiengang als „wissenschaftlich orientiert“, sowie „historisch und theoretisch ausgerichtet“.Vor allem die „internationale Ausrichtung“ käme den Studenten zu Gute.

Das betont auch Jasper. Durch das obligatorische Auslandssemester erwerben die „EKG-ler“ interkulturelle Kompetenz, was später im Berufsleben von Vorteil sei. So auch bei Elke Ammon: Seit April ist die 24-Jährige für den Reiseveranstalter Thomas Cook tätig. Nach erfolgreichem Bewerbungsgespräch und zehntägiger Schulung ging es für Elke direkt weiter nach Korfu, wo sie mittlerweile Urlauber in sechs Hotels betreut. „Die Arbeit ist anstrengend, aber macht sehr viel Spaß und das Leben hier ist einfach schön!“ Elke sieht den Job als Reiseleiterin als Einstieg in die Tourismusbranche. Ihr war es bei der Jobwahl vor allem wichtig „erstmal einen angenehmen Job im Ausland bei einem deutschen Arbeitgeber zu bekommen“. Nach ihrer Zeit auf Korfu wird sie an einen anderen Ort versetzt. Wohin, weiß sie noch nicht.

Viele Wege offen

Von den Erfahrungen der berufstätigen Alumni sollen auch die Noch- Studis profitieren. Deshalb organisierte Prof. Wolfgang Weber vom Augsburger Institut für Europäische Kulturgeschichte im Juni erstmalig ein Treffen von EKG-Absolventen. Dabei berichteten sie von ihren Erfahrungen bei der Jobsuche. Praktika, Volontariate oder Traineeprogramme seien generell gute Einstiegsmöglichkeiten in Unternehmen, hoben die Absolventen hervor. Häufig spielten beim Ergattern des Traumberufs aber auch persönliche Beziehungen sowie Kontakte eine große Rolle. Darin unterscheidet sich EKG nicht von anderen Studiengängen. Jobs für Kulturhistoriker finden sich in deutschen und internationalen Kulturinstitutionen, in der Medienbranche sowie bei Presse- undÖffentlichkeitsarbeit, in Archiven, im Verlags-, Museums- und Ausstellungswesen, beim Eventmanagement, aber auch im Kulturtourismus. Punkten könnten EKG-ler mit Kernkompetenzen wie „Neugier, Vielseitigkeit, klaren Zielen, einer hohen Bereitschaft, sich zu engagieren und Ansprüche an sich zu stellen“, bestätigt Tschopp. EKG-ler seien in der Regel schon während des Studiums hoch engagiert und ehrenamtlich im kulturellen Bereich, im interkulturellen Jugendaustausch oder in der Lokalpolitik tätig. Dies helfe später beim Berufseinstieg.

Geschichte mit Zukunft

Jasper kann dies nur bestätigen. Sein EKG-Studium habe ihm „geholfen, interkulturelle und analytische Fertigkeiten zu erwerben“ und sei daher eine „hervorragende Grundlage“ für den Job bei der Konrad-Adenauer- Stiftung. Zu seinen Aufgaben vor Ort in Mexiko gehören „der ständige Kontakt zu den mexikanischen Partnern der Stiftung, die Zusammenarbeit mit politischen und wissenschaftlichen Institutionen, die Pflege enger Kontakte zur christdemokratischen Partei Mexikos und damit die Auseinandersetzung mit der mexikanischen Tagespolitik“. Frank Priess,

Jaspers Chef im mexikanischen Auslandsbüro der Stiftung, bestätigt: „Unter den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern finden sich traditionell sehr viele Geistes- und Sozialwissenschaftler.“ An Historikern schätzt Priess vor allem ihr „ausgeprägtes Grundverständnis gesellschaftlicher Abläufe, die sich auch historisch erklären und einordnen lassen“. Die Fähigkeit der Geisteswissenschaftler, „Prozesse zu analysieren und sich entsprechend schnell in neue Zusammenhänge zu denken und einzuarbeiten“, trage dazu bei, dass sie gerne von derCDU-nahen Stiftung eingestellt werden. Auch Stefan Ott ist mit EKG erfolgreich in das Berufsleben gestartet. Er bekam nach seinem Abschluss vor drei Jahren sofort eine Stelle als Volontär bei der Münchener Produktionsfirma „Bilderfest“. Danach wurde er als fest angestellter Redakteur übernommen. Schon während des Studiums war der heute 27-Jährige regelmäßig als Kameramann tätig, übernahm Regie- und Cutterarbeiten, und sammelte so frühzeitig praktische Berufserfahrung. Heute produziert er Beiträge für Pro Sieben, den Bayerischen Rundfunk oder Arte und ist begeistert vom abwechslungsreichen Berufsalltag.

Ebenfalls in der Medienbranche tätig ist Margit Hufnagel. Seit April ist sie für das Wirtschaftsressort des Konstanzer Südkuriers verantwortlich. „Man muss seine eigenen Interessen entwickeln, das Studium durch eigene Taten ergänzen und so seinen Weg gehen“, gab sie den EKG-lern beim Absolvententreffen mit auf den Weg. Großes Engagement und Praktika schon während des Studiums hält auch sie für das Wichtigste – egal, was man studiere. EKG habe sie vor allem gelehrt, „kritisch zu denken und Sachverhalte zu hinterfragen“. Dies verlange nun auch ihre tägliche Redaktionsarbeit.

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