Ein Präsident, der gemocht werden wollte – Nachruf auf Wilfried Bottke

Über eine Dekade lang prägte er die Universität Augsburg maßgeblich. Zunächst als Prorektor, dann als Rektor, und zuletzt leitete Wilfried Bottke – nach der Novelle des Bayerischen Hochschulgesetzes – als Präsident die Geschicke der Hochschule. Geschockt waren nicht wenige Mitarbeiter und Studenten, als sie in den Semesterferien die Nachricht vom seinem Tod erreichte.

Von Jörn Retterath

Seit 1999 stand der Strafrechtsprofessor an der Spitze der Augsburger Universität. In Zeiten von Spar-, Rationalisierungs- und Profilierungszwängen war es Bottke stets wichtig, die verschiedenen Fachbereiche nicht gegeneinander auszuspielen und die Universität als ‚universitas‘, also als Gesamtheit und Kollegium, zu begreifen. Die Einheit der Universität mit all ihren Fakultäten lag ihm am Herzen. Eine von manchen Politikern geforderte Abschaffung geistes- und sozialwissenschaftlicher Fächer in Augsburg lehnte Bottke strikt ab – und konnte sich durchsetzen.

Sein patriarchaler Stil wurde nicht von allen Studenten goutiert. Manche Studierendenvertreter hätten sich lieber einen stärker zupackenden, reformorientierten Präsidenten mit klarer politischer Position gewünscht. Doch Bottke war stärker auf Harmonie und Zusammenhalt bedacht. Er sei ein Mensch gewesen, der stets um Ausgleich bemüht war, aber im Zweifel auch Entscheidungen treffen konnte, die nicht im Konsens standen, berichten Studenten, die ihn in den Uni-Gremien kennen gelernt haben. Der überraschende Tod des Uni-Präsidenten hat bei ihnen große Bestürzung ausgelöst. Bottke sei immer die gute Zusammenarbeit zwischen Studierenden und Hochschulleitung wichtig gewesen. So ist auch das hohe Maß an studentischer Mitbestimmung in der Frage der Studienbeitragsvergabe dem verstorbenen Präsidenten zu verdanken.

In den Monaten vor seinem Tod lag dem Präsidenten vor allem das Projekt ‚Universitätsklinikum‘ am Herzen – also das Vorhaben, das Bezirkskrankenhaus zu einer Uniklinik auszubauen und an der Hochschule einige Medizinlehrstühle einzurichten. Daneben pflegte Bottke besonders die Beziehungen der Universität zu Russland und baute dort ein Netz von Partnerhochschulen auf. So konnte es vorkommen, dass er russische Studentendelegationen freudestrahlend in seinem Büro mit Sekt empfing und sich viel Zeit für das Gespräch mit den Gaststudenten nahm. Seine Herzlichkeit, sein offenes Ohr, seine gewinnende Art und auch seine Fähigkeit, aus dem Stand heraus Gedichte zu zitieren, werden von Studenten als Charakteristika genannt, die sie mit der Person des Verstorbenen verbinden. Auch wenn Bottke kein großer Redner war, so beeindruckte die Zuhörer doch seine juristisch geschulte, präzise und druckreife Sprache sowie seine Fähigkeit, spontan vom Manuskript abzuweichen und Reden mit der Darstellung eigener Erlebnisse zu bereichern. In seinem Streben um Ausgleich und Harmonie sei er darauf bedacht gewesen, dass „er gemocht wird“, berichten studentische Gremienmitglieder, daher habe der Präsident „sachliche Kritik“ auch „leicht persönlich“ nehmen können.

In der Außendarstellung als Uni-Präsident war Bottke bescheiden, fuhr jahrelang seinen uralten schwarzen BMW und wollte zu seinem 60. Geburtstag keine größere Feierlichkeit. Auch in seinem Tod war Wilfried Bottke darauf bedacht, alles Aufsehen um seine Person zu vermeiden: Eine Beisetzung im Familienkreis, keine Beileidsanzeige der Universität und die öffentliche Bekanntgabe der traurigen Nachricht erst Tage nach dem Tod des Präsidenten am 8. August, entsprachen dem Willen des 63-Jährigen. Sein Tod hinterlässt eine Lücke – nicht nur in der Unileitung.

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