Study-Work-Life: Alles in Balance…

…oder etwa doch nicht?

Bachelor, Master, Staatsexamen… – egal, welcher Abschluss angestrebt wird: Hauptsache man hat ihn möglichst schnell in der Tasche. Manche Freundschaften und Beziehungen zerbrechen aber an dem daraus resultierenden Stress. Auch ist nicht gesagt, dass nach der letzten Prüfung ein Job vor der Tür steht. Zu viele Probleme wie diese in deinem Kopf und keine Lösungen parat? presstige war für euch bei Florian Ress, Diplompädagoge und Study-Work-Life Berater der Uni Augsburg, in der Sprechstunde.

Von Sophia Druwe

Donnerstag, 10 Uhr, Gebäude A1, vor Raum 2041. Mitten in meiner Überlegung, wie man sich einen Study-Work-Life Berater vorzustellen hat, öffnet ein Herr mit unauffälligem Äußeren die Tür. Es ist Florian Ress. Seit etwa drei Jahren ist er an der Uni angestellt. Studiert hat Ress in Berlin und dort auch zehn Jahre als freiberuflicher Therapeut in einer Beratungsstelle gearbeitet. Auf den ersten Blick wirkt sein typisches Uni-Büro mit dem leicht chaotischen Schreibtisch etwas trist und kühl. Doch unterhält man sich mit ihm, ändert sich das schlagartig. Er bringt dem Gegenüber aufrichtiges Interesse entgegen, hört zu und antwortet mit einer weichen Stimme. Sofort vergisst man, dass der runde Tisch weder eine Decke hat noch Blümchen in einer Vase stehen. Man lauscht einfach.

Was tut ein Study-Work-Life Berater?

Florian Ress selbst beschreibt seine Aufgabe an der Uni Augsburg als „Kurzberatung für einen bewussten Umgang mit den Herausforderungen im Alltag“. Der Experte will weniger schwerwiegende Probleme im Leben der Studierenden lösen und neue Perspektiven aufzeigen. Gemeinsam mit der oder dem Studierenden wird in einem Einzelgespräch die Ursache der akuten Problematik ergründet und eine Lösung erarbeitet. Die Studierenden, die zu ihm kommen, sind höchstens fünf Mal bei ihm und tauchen dabei in „einen kleinen Ort der Ruhe, Achtsamkeit und Balance“ ein. Etwa 100 Studenten finden diesen pro Semester. Eine Anmeldungsmail genügt und lange Wartezeiten gibt es auch nicht. „Die Chance, ganz in Ruhe ein Gespräch führen zu können, schätze ich sehr“, erklärt Ress.

Warum zum Study-Work-Life Berater gehen?

Die Probleme der Studis hängen zu gleichen Teilen mit dem Studium selbst und mit zusätzlichen Ereignissen zusammen. Gerade vor Prüfungen treten Zweifel auf, ob man die Situation durchsteht. In Zusammenarbeit mit dem Career Service schafft Florian Ress in Seminaren wie „Den inneren Schweinehund zähmen“ Abhilfe. Typische Fälle für Einzelgespräche sind Probleme in der Familie, in der Beziehung oder im Freundeskreis. „Etwa durch tägliches Pendeln, zwischen der Uni-Stadt Augsburg und dem eigentlichen Wohnort hat man weniger Zeit füreinander und ein Streit kann schnell entstehen“, erklärt Ress. Für härtere Fälle, etwa sexuellen Missbrauch oder Alkoholismus, steht er in engem Kontakt zum Uni-Psychologen Thomas Blum und leitet die Studenten mit ihren Problemen an ihn weiter. Im Gegensatz zu Herrn Blum ist der Study-Work-Life Berater als Ansprechpartner vor Ort, direkt an der Uni. Hier tritt Ress als neutraler Berater auf, wenn Ratschläge der Freunde nicht recht überzeugen wollen. Erstaunt ist er über die Entwicklung, dass zunehmend Erst- und Zweitsemester zu ihm finden – ihm zufolge ein sicheres Zeichen für die Überforderung und den hohen Druck im Bachelor. Vierzig Prozent der „Patienten“ sind Männer, erstaunlich zu hören, da Ress zu Beginn seiner Tätigkeit fast nur Studentinnen in seiner Sprechstunde beraten hat. Naturwissenschaftler sind dünner vertreten, sonst habe er mit Studis aller Studiengänge zu tun. „Vielleicht ist bei den Naturwissenschaftlern die Hemmschwelle größer, mich aufzusuchen“, vermutet Ress. Dabei ist ein Gespräch mit Florian Ress doch genau so hilfreich wie der Austausch mit einer guten Freundin.

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