Recruiting an der Uni – Wie Unternehmen um die Besten der Besten buhlen

Personalmarketing-Experte Dominik A. Hahn verrät uns, was Firmen unternehmen, um die besten Hochschulabsolventen für sich zu gewinnen und wie Studierende sich optimal auf ein erfolgreiches Berufsleben vorbereiten können.[

Von Interview: Rosina Obermayer Foto: LHLK

Presstige: Herr Hahn, Sie haben viel Erfahrung in der Personalmarketingbranche, in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie im Bereich Social Media. Seit 2010 arbeiten Sie als Referent im Personalmarketing bei der Allianz Deutschland AG. Wie sind Sie das erste Mal mit dem Thema „Recruiting an der Uni“ in Berührung gekommen?

Hahn: Über zwei klassische Wege: Einmal über die alljährlichen Erstsemestertüten, über die Unternehmen mittels Give-Aways entweder auf ihre Produkte oder über sich als Arbeitgeber aufmerksam machen möchten. Zum anderen über ein Seminar in meinem Studiengang Medien und Kommunikation, das eine Unternehmensvertreterin von Audi gehalten hat. Zwar ging es in dem Seminar nicht darum, möglichst viele Teilnehmer für das Unternehmen zu rekrutieren, aber indirekt steckte sicher auch die Absicht dahinter, den ein oder anderen Praktikanten zu gewinnen. So bin auch ich als Praktikant im Audi Personalmarketing eingestiegen.

Buhlen Unternehmen wirklich umdie besten Absolventen?

Es kommt auf das Unternehmen an. Die Dax-30-Konzerne (Anm. d. Red.: Im Dax 30 (Deutscher Aktienindex) sind die größten und umsatzstärksten Unternehmen des Landes gelistet.)sind laufend auf der Suche nach sogenannten High-Potentials, also Absolventen mit durchgehend sehr guten akademischen Leistungen, exzellenten Praktika und Auslandserfahrungen. Rund zehn Prozent aller Absolventen weisen diese Eigenschaften vor. Auf diese rare Zielgruppe richtet sich ein Großteil der Personalmarketing-Aktivitäten derGroßunternehmen. Denn für Trainee-Programme oder z.B. im Falle der Allianz für das Vorstandsassistentenprogramm, sucht man den Manager-Nachwuchs von morgen. Herausragende Leistungen und Führungsanspruch sind da in der Regel Pflicht. Daneben brauchen die Unternehmen für bestimmte Bereiche Kandidaten, die eine hohe Fachexpertise aus dem Studium mitbringen.Auch der ein oder andere Mittelständler, der in seiner Sparte lokal oder gar global Marktführer ist, buhlt um High-Potentials und tritt in Konkurrenz zu Dax-30-Unternehmen oder bekanntenConsulting-Unternehmen.

An welchen Orten versuchen Firmen die besten Hochschulabsolventen für sich einzunehmen?

Die Rekrutierung findet selten direkt an der Hochschule statt – Ausnahmen sind Hochschulmessen und z.B. Kooperationen zwischen einzelnen Hochschulen bzw. bestimmten Fakultäten oder Lehrstühlen und Unternehmen. Im Rahmen dieser Kooperationen finden regelmäßige Events, wie Vorstandsvorträge oder Kaminabende mit führenden Managern, statt. Die Vermittlung von Praktikumsplätzen ist ein weiterer Bestandteil vieler Hochschulkooperationen. Weitaus beliebter sind spezielle High-Potential-Events. Ein Beispiel ist Jointhe Best. Durch ein Auswahlverfahren stellen die Veranstalter sicher, dass nur die Top-Absolventen bzw. Top-Studenten teilnehmen. Reden wir dagegen von Orten „virtueller Natur“, ist das Online-Stipendiaten-Netzwerk e-fellows.net zu nennen. Zahlreiche namhafte, international tätige Konzerne sind dort Partner und bieten Stipendiaten exklusive Informationen, Firmen-Veranstaltungen, Praktika- und Stellenangebote.

Gibt es bestimmte Methoden? Wenn ja, welche?

Bindung ist hier das Zauberwort. In der Regel können sich die besten Absolventen ihren zukünftigen Arbeitgeber frei aussuchen. Deshalb setzen Unternehmen viel daran, die Mitarbeiter von morgen bereits während des Studiums an sich zu binden bzw. mit ihnen langfristig in Kontakt zu bleiben. Das geschieht z.B. über sogenannte Bindungsprogramme. Die Allianz hat dafür das „Keep in Touch“-Programm (KIT). Wer in seinem Allianz-Praktikum sehr gut abgeschnitten hat, vom Chef empfohlen wird und mit einem Motivationsschreiben erklärt, weshalb er in dieses Programm aufgenommen werden möchte, genießt viele Vorteile. Um nur einen davon zu nennen: Sehr gute Übernahmechancen. Rund 70 Prozent aller KITler arbeiten fest bei der Allianz

Welche Tipps hast du für Studierende und Berufsanfänger, um einen besonders guten Eindruck bei Unternehmen zu hinterlassen?

Meiner Erfahrung nach ist der beste und erfolgversprechendste Weg in einen Konzern immer noch das Praktikum. Nicht nur hier gilt: Immer ein bisschen mehr wollen und abliefern. Damit macht man auf sich aufmerksam. Genau darum geht es. Man darf nicht einer unter vielen sein, sondern derjenige unter vielen. Eine gute Möglichkeit, diese „Awareness“ auch abseits des klassischen Praktikums zu bekommen, ist eine gewisse Online-Reputation aufzubauen. Führt einen Fachblog, twittertund tretet über Facebook und Co mit den Unternehmen in Kontakt. Weckt das Interesse! Apropos Facebook: Viele Studis wissen leider nicht, dass dieses Social Network ein hervorragendes Karriere-Tool ist. Zum Beispiel einfach mal auf facebook.combeim Lieblingsunternehmen vorbeischauen und sich ein eigenes Bild machen.

Wie stehst du persönlich zu dem Thema?

Allein aus beruflichen Gründen interessiert mich das Thema natürlich sehr und ich beschäftige mich täglich damit.

Was mir aber wirklich ein Anliegen ist: Viele Studierende und Absolventen wissen gar nicht, wie simpel es heutzutage ist, auf dem Campus oder eben via Web 2.0 mit erstklassigen Unternehmen in Kontakt zu treten und erste wichtige Karriereschritte zu gehen. Viele Professoren haben durch Hochschulkooperationen einen engen Draht zu Konzernen, Karrieremessen vor Ort, Online-(Stipendiaten)-Netzwerke oder Social Media – Wege in ein Unternehmen gibt es viele. Auch sehr hilfreich und oft unterschätzt: Checkt regelmäßig die Karriere-Webseiten. Dort stehen normalerweise immer die aktuellsten Infos und Event-Hinweise.

Vielen Dank für das Gespräch!

Tipps:

  • High-Potential-Events, z.B. „Join The Best“
  • Bindungsprogramme,  z.B. „Keep in Touch“-Programm (KIT) der Allianz Deutschland AG
  • Kooperationen zwischen einzelnen Hochschulen bzw. bestimmten Fakultäten oder Lehrstühlen und Unternehmen
  • Hochschulmessen
  • Online-Stipendiaten-Netzwerke
  • Soziale Netzwerke, z.B: Facebook

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