Exklusive Hintergründe zu den Preiserhöhungen und Protestaktionen
Presstige hat mit dem Pressesprecher der Uni Augsburg, Klaus Prem, und einer anonymen Protest-Gruppe über die Kopiersituation gesprochen.
Fotos: Lisa Luthardt
„Wollen Sie es noch einmal versuchen, oder geben wir’s auf…“, fragt mich der nette Universitätsmitarbeiter mit leicht resignierter Stimme und entschuldigendem Blick. Wir stehen hier schon einige Zeit und warten, aber mit dem Drucken hat es immer noch nicht geklappt. „Das braucht einfach alles noch etwas Zeit bis es sich einspielt“, meint er und ich bedanke mich für seine geduldige Hilfe und die Weitergabe seines Geheimtipps. Wenn das neue Kartenlesegerät an den Druckern der Universität die eigene CampusCard weder einlesen noch wieder herausgeben will, hilft nämlich ein altbewährter Trick: Stecker ziehen!
Die CampusCard – ein Vor- und Nachteil zugleich
Etwas Gelassenheit und Flexibilität braucht man derzeit leider beim Drucken und Kopieren an der Uni Augsburg. Einige würden ergänzen: auch einen großen Geldbeutel – aber dazu später mehr. Multifunktional wie sie ist, sollte die CampusCard die alten, leicht knickbaren, wasser- und magnetstreifenscheuen Kopierkarten aus Papier ersetzen, die weiterhin gierig nach alten Fünfeuroscheinen verlangten. Doch erst vier Semester nach der Ankündigung erfolgte nun die Umstellung. Die lange Verzögerung bringt den Vorteil mit sich, dass man mit nur noch einer einzigen Karte durch‘s Unileben kommt. Okay, zwei – das Sammeln von Kaffeestempeln lässt sich leider noch nicht auf die CampusCard übertragen. Allerdings war die technische Umsetzung der neuen Bezahlfunktion mit der unieigenen Karte komplizierter als es mit der Bezahlkarte des Herstellers gewesen wäre.Hierfür gab es nämlich keine „Software‐Lösung ‚von der Stange‘, sodass einige Entwicklungs‐ und Testzeit erforderlich war“, sagt Klaus Prem, Pressesprecher der Uni.
Teure Alleskönner
Mit der durch die CampusCard möglichen Nutzeridentifikation können die neuen Kopiergeräte jetzt endlich ihre zahlreichen Zusatzfunktionen zeigen. Eine davon sorgt dafür, dass ich doch noch meinen zunächst gescheiterten Druckauftrag in den Händen halten kann – dank Follow‐Me‐Printing konnte ich ihn einfach an einem anderen Gerät ausdrucken.So muss man nicht mehr an einem bestimmten Drucker warten und kann auch den Druckauftrag in Ruhe abschicken: via E-Mail von zu Hause aus oder mit dem eigenen Notebook, eingeloggt im Uni-WLAN. Es geht aber auch ganz ohne PC, denn die Drucker akzeptieren jetzt auch USB-Sticks. So kann man zudem an denselben Geräten scannen und das Gescannte sogar per E-Mail versenden. Allerdings werden an diesen Geräten hierfür 5 Cent fällig. Und für Kopieren und Drucken müssen statt 4,4 Cent nun 7 Cent gezahlt werden. Ein satter Preisanstieg um circa 60 Prozent für die Nutzung modernster Technik, die sogar den Copyshops rund um den Campus überlegen sein soll. Ändern lässt sich an den Preisen jedenfalls erst einmal nichts. „Das neue System ist das Ergebnis einer Ausschreibung für einen Full-Service, bei dem der Vertragspartner Canon University Services die Geräte stellt sowie für deren Betrieb und Wartung sorgt, um seine Leistungen über entsprechend kalkulierte Preise für Kopien, Drucke und Scans zu finanzieren”, erklärt Prem. Die Preise macht also Canon, nicht die Uni. Allerdings hatte es die Uni bisher versäumt, den Studenten diese Details mitzuteilen und so für Verständnis zu sorgen. “In der Tat haben wir hier wohl nicht frühzeitig und nicht offensiv genug informiert”, räumt Prem ein.
Studenten als Guerillakrieger
Die Preiserhöhung hat die Studentenschaft in Aufruhr versetzt. Die Fachschaft Evangelische Theologie fordert in einer offiziellen Stellungnahme eine Begründung für den Preisanstieg von der Universitätsleitung. Die Fachschaft Lehramt ruft zum Boykott der neuen Geräte auf. Eine weitere Gruppe Studenten klebte auf Türen und Klospülungen witzig provokante Sticker mit dem Hinweis, dass für Drücken jetzt 7 Cent fällig seien – oder Moment? Für das Drucken an der Universität natürlich! Diese Sticker-Gruppe bezeichnet das als „kreative Aktionen, die die Aufmerksamkeit der Studierenden auf hochschulpolitische Themen lenken.“ Im anonymen Interview mit presstige sagten sie: „Wir wollen damit alle Angehörige der Uni zum Nachdenken und Schmunzeln bringen.“ Anonym war es deshalb, weil sie die Befürchtung haben, „dass bestimmte Personenkreise versuchen werden, uns das Leben an der Uni schwer zu machen“, falls ihre Namen bekannt werden. Doch es geht ihnen um mehr: Es sind weitere Aktionen auch in Bezug auf andere Themen geplant, um bei den Studenten „einen kritischen Denkprozess“ auszulösen und durch Protest eine „Politisierung“ der studentischen Mitbestimmung zu erreichen.
Mehr zum Thema: Im Service-Artikel “Wohin zum Kopieren?” erklären wir, welche Alternativen es zur Uni-Bibliothek gibt.
Rechtfertigen die neuen Funktionen die höheren Preise? Sagt uns eure Meinung und erzählt von euren Erfahrungen mit den neuen Druckern. Was haltet ihr von den Protestaktionen?
Pingback: Wohin zum Kopieren?
Schade, dass die anonyme Sticker-Gruppe nicht nur sich, sondern v. a. auch diejenigen nicht beim Namen nennt, die ihr angeblich das Uni-Leben schwermachen würden, wenn sie – die Sticker – nicht nur anonym, sondern ganz normal versuchen würden, bis hin zum “kritischen Denken” (sogar) zu “politisieren”. Denn dann könnte man diese “bestimmten Personenkreise” – diese von den witzig-anonymen Stickern suggerierte Universitätsstasi gewissermaßen – ja dingfest machen und ganz legal ausräuchern, und niemand bräuchte dann ihretwegen mehr Hosen zu haben, die derart voll sind, dass sie einem bekennendes, statt nur anonymes “kritisches Denken” offenbar als allzu riskant erscheinen lassen.
Und noch eine exemplarische Kleinigkeit: Die Passage “… für die Nutzung modernster Technik, die sogar den Copyshops rund um den Campus überlegen sein soll …” müsste korrekterweise lauten “… für einen flächendeckenden Campus-Service mit modernster Technik, den ein Copyshop so natürlich nie würde bieten können …”
Aber das sind, wie gesagt, Kleinigkeiten – im Grunde nicht der Rede wert.
K. P. Prem