Gefühle im Netz: Wenn Blogger über ihr Privatleben reden

Immer mehr Menschen nutzen das Internet, um selbst Texte zu veröffentlichen. Bloggen ist einfach, geht schnell und ist grundsätzlich immer und überall möglich. Wenn das Internet jedoch zum persönlichen Tagebuch wird, gibt es dann noch eine Grenze zwischen privatem und öffentlichem Leben?

Hauptbild1 Version2Text: Heike Strobl, Illustration: Alexandra Kiefer

 Tagebücher existierten schon lange vor dem Internet. Es gab und gibt sie in allen Formen und Variationen. Wenn man nach den Besonderheiten des Tagebuchschreibens fragt, bekommt man Antworten wie: Es geht darum, die eigenen Erfahrungen und auch Gefühle festzuhalten. Am besten als tägliches Ritual. Wichtig ist aber, dass niemand die geschriebenen Zeilen lesen darf. Deswegen versteckt man das Büchlein gut vor neugierigen Augen. Und was natürlich den besonderen Charme ausmacht: Es wird mit der Hand geschrieben. Nur wenige denken, wenn es um Tagebücher geht, sofort an einen Blog. Die multimediale Version wird oft einfach anders genutzt, als die ursprüngliche Form.

Bloggen, um zu inspirieren

Manche Blogger diskutieren, kommentieren oder parodieren das politische Geschehen. So veröffentlicht zum Beispiel eine Gruppe von Frauen auf ihrer Internetseite Beiträge zu aktuellen Themen. Sie wollen über den Tellerrand schauen und etwas in der Welt bewegen. Ihr Leitspruch: „Was eine nicht schafft, schaffen viele. Wir fordern: alles dafür zu tun, um für künftige Generationen eine lebenswerte Umwelt zu erhalten!” Durch ihr Engagement erregte ihr Blog bereits Aufmerksamkeit: Im Juli waren die Netzfrauen für den Deutschen Engagementpreis 2013 nominiert. Sie lehnten die Nominierung jedoch ab, um ihre Neutralität zu wahren. Die Pressemitteilung dazu ist unter diesem Link verfügbar.

Schwerpunkt: Internet

Auch wenn wir es mit der NSA und anderen Datensammlern teilen müssen: Das Internet bleibt unser Zuhause. Wir essen und schlafen vorläufig noch analog, aber sonst findet unser Leben zunehmend im Netz statt. Darum widmet die presstige-Redaktion dem Internet einen Schwerpunkt. Alle bisher erschienenen Beiträge sind hier gesammelt.

Andere teilen ihre Begeisterung für das eigene Hobby mit der Internet-Community. Ob Sportler, Koch, Autor, Bastler, Designer oder Musiker – jeder kann sein, was er will und was ihn inspiriert. Und diese Inspiration soll auch an die Leser weitergegeben und geteilt werden. Bei diesen „Themenblogs“ wird meist nur über das grundlegende Thema geschrieben. Deshalb findet man hier nur selten Persönliches, das über Hobbys oder allgemeine Einstellungen hinausgeht.

Blogs als öffentliche Tagebücher

Es gibt aber auch Blogs, bei denen alles Thema sein kann. Sie erinnern an das Tagebuch von früher. Im Vordergrund stehen dabei oft die Gefühle und Erzählungen aus dem alltäglichen Leben. Dabei entscheidet jeder selbst, was er veröffentlicht. Einen Grundsatz verfolgen jedoch die Meisten: Leute mit denen sie in Beziehung stehen, werden nicht kenntlich gemacht. So ist zum Beispiel auf dem Blog Frau Mutti immer die Rede von der „Mittwochsfreundin“ oder der „Freundin, die nie Zeit hat“. Nie werden die Namen der Personen erwähnt. Die Blogger ziehen folglich eine klare Linie zwischen privaten und öffentlichen Dingen.

Nicht immer wird es so privat oder auch speziell wie der Blog, den der Fotograf Angelo Merendino über seine Frau Jennifer führt.

Im Dezember 2011 starb sie mit 40 Jahren an Brustkrebs. Den Weg ihrer Krankheit hielt Merendino mit Fotos fest. Die Geschichte wurde schließlich in dem Buch „The Battle We Didn’t Choose: My Wife’s Fight with Breast Cancer“ veröffentlicht. Die Beiden wollten anderen Leuten zeigen, was diese Krankheit für sie bedeutet und wie sie damit umgehen. Auf seiner Homepage führt Merendino einen Blog, in dem er über seinen Alltag berichtet. Er schreibt über Vorträge, zu denen er eingeladen wird, über seine Gedanken und Erinnerungen an Jennifer oder einfach nur über die Geschichte, die hinter einem Foto steckt, das er hochstellt. Er ist als Künstler und Autor, aber auch als Mensch, für seine Follower greifbar. In solchen Fällen sprechen manche Blogger auch von Eigentherapie. Durch die Anteilnahme der Community, das Verständnis und die Aufarbeitung der Beiträge gewinnt der Blogger einen Rückhalt, den er sonst vielleicht nicht bekommen würde. Nicht jeder kann verstehen, was es bedeutet, einen geliebten Menschen zu verlieren. Was man also vielleicht in seinem Bekanntenkreis nicht findet, kann einem das Führen eines Internet-Tagebuchs geben: Verständnis.

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