Umweltbildung in Augsburg: Ein Tag mit der Schulgarten AG

Umweltbildung für Kinder wird heutzutage immer wichtiger– nur wenige Kinder kennen sich noch in der Natur aus. Doch die Schulen reagieren und bieten immer öfter zusätzlich Umweltbildungsmaßnahmen an: So auch die Kapellen-Mittelschule Augsburg in ihrer Schulgarten AG.

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Dass viele Kinder den Sinn für Natur verloren haben oder diesen nie besaßen, ist allgemein bekannt. Weniger bekannt ist, dass das Land Bayern sich intensiv mit dem Thema auseinandersetzt und in viele Projekte investiert, um Kindern das verlorene Gut zurückzugeben. Damit soll nicht nur neues Wissen vermittelt, sondern auch der verantwortungsbewusste Umgang mit Flora und Fauna geschult sowie ein allgemeines Verständnis für die Natur und deren Ressourcen hervorgebracht werden. Umweltbildung enthält deshalb weit mehr Aspekte als reine Naturerziehung. Sie beinhaltet unter anderem jedes Thema rund um Nahrung, beschäftigt sich vom Wildpfaderkunden bis hin zu Bauprojekten oder dem Anlegen von Schul- oder Naschgärten und fördert zudem nachweislich die sozialen Kompetenzen verhaltensauffälliger Kinder.

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Die Natur in die Schule holen

Auch die Kapellen-Mittelschule Augsburg setzt auf dieses Konzept: Die zwei Gruppen der Schulgarten AG betreuen und bewirtschaften nicht nur den Schulgarten, sondern bauen auch Vogelfutterspender, ein Gewächshaus und selbst ein meterhohes Tipi. „Für die Kinder sind diese Projekte etwas ganz Besonderes“, so Ildikó Reményi, Geografin und die Umwelterzieherin dieser Gruppen. Egal, welches Wetter herrscht, die Kinder sind aus dem Schulgarten nicht zu vertreiben. Normalerweise kommen sie jeden Donnerstag direkt vom Unterricht, doch Esra beispielsweise ist weit vor ihren regulären Schulstunden da, um sich bereits der ersten Gruppe anzuschließen und so an beiden AGs teilnehmen zu können. Sie liebt nicht nur die Arbeit mit den anderen Kindern, sondern ist von Haus aus sehr naturverbunden. So hat Esra beispielsweise bereits das Handwerk der Imkerei in einem Lehrgang erlernt.

Umweltbildung

Ein Kind muss auch mal dreckig sein

Die erste Gruppe baut heute Vogelfutterspender. Dazu wird zuerst ein langer Stecken in einen alten Blumentopf oder Bambusring geknotet. Dies scheint anspruchsvoll zu sein, denn selbst die Lehrerin der Kinder, Andrea Abt, muss sich in Geduld üben. Gleichzeitig wird der Ofen des Gartens vorgeheizt. „So wird gleich ein verantwortungsbewusster Umgang mit Feuer gelehrt“, sagt Ildikó. Gerade schmilzt in einem großen Topf Rinder- und Pflanzenfett, in das Körner und Nüsse eingerührt werden. Währenddessen erklärt Ildikó, warum die Vögel genau dies im Winter benötigen. Im letzten Schritt wird die abgekühlte Masse in die Töpfe gefüllt. „Das riecht wie Pferdefutter“, sagt Esra und lacht.

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Die zweite Gruppe ist schon längst eingetroffen, das zu bauende Gewächshaus eher nebensächlich. Jeder möchte einen dieser Töpfe füllen, die mit nach Hause genommen werden dürfen. Und als die Arbeit vorzeitig fertiggestellt ist, kommen Einwände gegen einen zeitigen Feierabend: „Dann machen wir noch eine halbe Stunde, oder?“ Die Freude in der AG ist ansteckend: lieber Schulstunden schwänzen als AG verpassen. Ciara ist froh, dass es die Umweltbildung an der Schule gibt: „Ich liebe die Natur und bin gern draußen, aber bei uns in der Straße gibt es fast gar keine Bäume mehr.“ Der Drang, die Natur zu erforschen, ist bei diesen Kindern noch da, doch oft fehlen die Möglichkeiten oder das Verständnis der Eltern. Benjamin Vogt, Lebensgefährte von Ildikó und Umweltpädagoge, kämpft dagegen an: „Bei uns darf ein Kind noch Kind sein und es muss manchmal richtig dreckig nach Hause kommen.“

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So lernen die Kinder heute das in Kursen, was für andere Generationen selbstverständlich war: Kindsein. Dass dafür ein eigener Berufszweig vom Freistaat teilfinanziert werden muss – ein Zeichen der Zeit? Doch es gibt Hoffnung: Immer mehr Menschen interessieren sich für die verschiedenen Angebote. Die Eltern haben wohl bemerkt, dass etwas in der Kindheit ihrer Nachkommen fehlt und bemühen sich allmählich, es ihnen zurückzugeben.

Info: Umweltbildung

Verschiedene Organisationen oder Personen tragen mit diversen Projekten, Vorträgen oder Workshops ihren Teil zur Umweltbildung in Augsburg bei. Die Allgemeine Koordination der meisten Projekte übernimmt die Umweltstation Augsburg, die dazu jährlich ein Prospekt veröffentlicht. Die Organisation NANU! Bietet ebenfalls Kurse und Workshops für Kinder und Erwachsene im Bereich der Umweltbildung an und setzt sich zudem massiv für den Naturschutz in der Region Augsburg ein. So kann man durch NANU! nicht nur lernen Vögel und Pflanzen zu bestimmen, sondern auch Märchen im Wald erleben oder in die mythische Welt der Bäume eindringen und vieles mehr.

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