Zwischen Business und Bachelor

Praktikum in der Eventbranche

Die Augsburgerin Tatjana L. studiert im sechsten Semester Sport-, Kultur- und Veranstaltungsmanagement im österreichischen Kufstein. Für ihr Pflichtpraktikum kam sie zurück nach Deutschland in eine Münchener Live-Kommunikationsagentur.

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Text und Illustration: Marina Schröppel

Das Agenturleben

Im April startete Tatjana ihr sechsmonatiges Abenteuer. Statt Kaffeekochen stand sofort eine verantwortungsvolle Aufgabe auf dem Programm: die Vorbereitung einer Konferenz für einen Autohersteller mit beinahe 2.500 Teilnehmern. „Das klang vielversprechend, aber definitiv nach viel Arbeit“, erzählt Tatjana. Eine Veranstaltung diesen Umfangs bedarf einer sorgfältigen Planung: Sie versendete die Einladungen, buchte zwei Hallen in der Messe München und organisierte Unterkünfte in über zwanzig verschiedenen Hotels in München. Tatjana kontaktierte die Hotels, besprach sich mit Dienstleistern und dem Kunden und verglich Catering-Angebote. Ihre Hauptaufgabe war jedoch das Teilnehmermanagement. Sie kontrollierte die Teilnehmerlisten, kümmerte sich darum, dass alle Einladungen bei ihren Empfängern ankamen und stand für Rückfragen der Konferenzteilnehmer bereit. Auch bei Geschäftsterminen durfte sie von Anfang an dabei sein.

Je näher die Veranstaltung rückte, desto mehr gab es zu tun. Bei Events dieser Größenordnung läuft selten alles nach Plan und somit kamen immer wieder ungeplante Aufgaben dazu. In der heißen Phase verbrachten Tatjana und ihre Kollegen oft sehr viel Zeit in der Arbeit. Auch wenn die Deadlines drängten, fanden sie doch ab und zu Zeit für ein gemeinsames Mittag- oder Abendessen oder auch nur einen kurzen Tratsch an der Kaffeemaschine. „Das Wichtigste ist, dass man Spaß an seiner Arbeit hat“, meint Tatjana. Und wenn es mal eng wurde, konnte sie immer auf ihre Kollegen zählen – auch wenn diese eigentlich in einem anderen Projekt steckten.

Ausgabe 26: Macht
Dieser Artikel erschien zuerst in Ausgabe 26 unseres gedruckten Magazins.

Die Bachelorarbeit

Viele ihrer Kollegen wussten lange Zeit nicht, dass Tatjana neben ihrem Praktikum ihre Bachelorarbeit verfassen musste. Der Abgabetermin fiel genau mit dem Veranstaltungstag zusammen. Anfangs war sie sehr zuversichtlich, alles unter einer Hut zu bringen. Je näher das Event heranrückte, desto klarer wurde ihr, dass sie den Doppelaufwand unterschätzt hatte: „Fünf letzte Seiten, sie waren einfach nicht mehr machbar. Mir fehlte die passende Literatur, ich hatte keinerlei Konzentration, keinen Kopf für irgendwas.“ Als die Kollegen davon Wind bekamen, versuchten sie, noch Arbeit zu übernehmen und ihr den Rücken freizuhalten. Aber Tatjana erzählt: „Wenn du dich schon wochenlang intensiv mit einem Event beschäftigst hast, ist das durch Andere nicht so leicht zu kompensieren, die nicht dieses Detailwissen haben. Und meine Kollegen im Stich zu lassen, kam für mich zu keiner Zeit in Frage.“ Sie entschied sich, ihre Bachelorarbeit zu vertagen und sich ganz der Veranstaltung zu widmen.

Die Konferenz

Wenige Tage vor dem Event zogen Tatjana und ihr Projektleiter in ein Hotel in der Nähe des Veranstaltungsortes, um zu jeder Tages- und Nachtzeit schnell vor Ort sein zu können. Je näher der Veranstaltungstag rückte, desto öfter nahmen die Gäste die Service-Hotline in Anspruch. Aber auch mit dem Kunden stand Tatjana in ständigem Kontakt. Rund um die Uhr musste jemand von der Agentur zur Verfügung stehen.

Nach zwanzig Stunden ging die Veranstaltung zu Ende. Erschöpft, aber glücklich hieß es jetzt erst einmal anstoßen und durchatmen. Im Großen und Ganzen verlief alles nach Plan. Und für Tatjana blieb die Erkenntnis: „Das Schönste am Ende eines Events ist, dass man das Ergebnis seiner Arbeit vor Augen hat und die Freude an zufriedenen Gästen und Auftraggebern. Da weiß man, dass sich die arbeitsreichen Wochen gelohnt haben. Das Praktikum hat mir gezeigt, dass ich mit meinem Studienfach auf dem richtigen Weg bin.“

Im Nachhinein scheint es, als hätte sie alles richtig gemacht. Tatjana und ihr Projektleiter bekamen reichlich Lob von ihren Chefs und dem Kunden. Doch die Bachelorarbeit ging nun von vorne los. In einem Zweitversuch erzielte sie mit 94 Prozent die Note Eins. Abschließend erklärt Tatjana: „Auch wenn ich zwischendurch daran gezweifelt habe, die richtige Entscheidung getroffen zu haben: Ich bereue es nicht und würde immer wieder so wählen. Ich bin stolz darauf, ein Teil der Veranstaltung gewesen zu sein und ich bin gespannt darauf, welche Herausforderungen mir in Zukunft begegnen werden!“ Tatjana ist nun wieder zurück in Kufstein und absolviert ihr letztes Semester, bevor sie mit der zweiten Bachelorarbeit – das ist in ihrem Studiengang so üblich – ihr Studium endlich abschließt. Hoffentlich diesmal beim ersten Versuch.

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