Shit! „Wie kann es bloß sein, dass am Ende des Geldes noch so viel Monat übrig ist?“ Das ist wohl eine Frage, die sich jeder echte Student früher oder später einmal stellt. Nach der Erkenntnis folgt oft das Hadern. Hätte ich doch bloß nicht gleich am Anfang vom Monat die neue Jacke gekauft, hätte mich doch nur jemand davon abgehalten, letzten Mittwoch so viel beim Feiern auszugeben, hätten meine Freunde doch letztes Mal einfach nein zum Essen gehen gesagt… Jaja, hinterher ist man meistens schlauer und wüsste natürlich, wie sein Geld am besten einzuteilen gewesen wäre. Nichtsdestotrotz erreicht man den nächsten Monatsanfang irgendwie mit trockenem Brot, den letzten Vorräten und widerwilligen Spenden der Mitbewohner. Und diesmal will man alles besser machen. Man macht sich Gedanken, wie ein weiteres Dilemma vermieden und welche Präventivmaßnahmen ergriffen werden könnten.
Spulen wir noch einmal zurück. Wie war das noch gleich? Hätten meine Freunde mich nur aufgehalten, hätte meine Mutter mir nur verboten, so viel Geld so unnütz rauszuwerfen. Naja, die Mutter wird mittlerweile bei vielen eher weniger Mitbestimmungsrecht über die Barschaft haben. Aber was wäre, wenn man wirklich seinen Freunden Rechte am eigenen Konto einräumen würde, wenn sie für einen bestimmen und verfügen könnten, ob Ausgaben wirklich nötig sind?
Ich wage nach den Weihnachtsfeiertagen den Selbstversuch um herauszufinden, ob ich die Kontrolle über mein Bares abgeben und daraus am Ende sogar einen Nutzen ziehen kann! Und um das Ganze aber wirklich in vollem Ausmaß spüren zu können, hört die Fremdbestimmung für mich keinesfalls beim nächsten Einkaufsbummel auf. Vielmehr wird nicht nur der Benzinverbrauch mit einem Veto belegt, sondern ebenso jede Mahlzeit, jeder Snack und wirklich nahezu jede erdenkliche Ausgabe. Einfach alles was kostet. Aber wird das helfen?
Tag 1: „Grenzen setzen“
Zunächst gilt es, ein paar Leute zu mobilisieren und ihnen klar zu machen, worum es geht. Als meine Freunde hören, dass sie die nächsten Tage die Kontrolle über meine Ausgaben haben, lassen sie sich nicht lange bitten. Allerdings jagt mir ihr breites Grinsen schon jetzt eine solche Angst ein, dass ich mich doch gezwungen sehe, die eine oder andere Bedingung festzulegen. So muss ich vor jeder Ausgabe grundsätzlich die Zustimmung von einem von ihnen einholen, zumindest per Handy. Strom, Straßenbahn fahren, und kaltes Wasser stehen mir aber frei. Das bedeutet: Heizung, Warmwasser, jegliche Mahlzeit und sogar Zähneputzen bedürfen einer Erlaubnis.
Nachdem das geklärt ist, verläuft der Tag weitestgehend ereignislos. Zunächst will man mir zwar das Abendessen verwehren, aber nachdem ich beinahe die gesamte Gruppe anschreibe, findet sich letztlich doch noch einer, der bereit ist, mir Abendessen und gleich auch noch das Zähneputzen für den Abend und den Morgen danach zu gewähren.
Tag 2: A.I.
Nachdem ich mir am Abend zuvor noch beruhigt dachte, dass das alles ganz locker laufen würde, weil ich einfach immer alle anschreiben müsste, um eine Genehmigung zu bekommen, muss ich am nächsten Tag feststellen: Meine Freunde sind lernfähig. Ihre künstliche Intelligenz hat sich weiterentwickelt. So hatten sie sich wohl abgesprochen und mein erster Kontakt an Tag 2 meint sogleich, ich müsse es bei den Anderen gar nicht erst probieren. Sie hätten einstimmig beschlossen, dass ich heute weder ein Frühstück noch eine warme Dusche bräuchte. Mir wird nahegelegt, den Nachtmittag mit Lernen zu verbringen. Und auch bei unserer lange geplanten Einkaufstour solle ich Geld sparen und dürfe, wenn überhaupt, in beratender Funktion tätig sein. Einigermaßen enttäuscht aufgrund des Verrats und zugegebenermaßen auch etwas wütend beschließe ich daraufhin, eine Runde Joggen zu gehen – ohne mir über die fatalen Konsequenzen im Klaren zu sein. Wie war das noch mit dem warmen Wasser? Laut fluchend und im Angesicht des beinah sicheren Todes begebe ich mich unter die eisige Dusche – mit der traurigen Gewissheit, dass es wohl nicht die letzte gewesen sein wird. Der restliche Tag verläuft recht ruhig, und dieses Mal ist mit ein wenig Höflichkeit und Betteln sogar ein Abendessen drin.
Tag 3: Wär ich mal besser zuhause geblieben
Auch der heutige Tag beginnt wie der letzte, ohne Frühstück und Dusche – und ich frage mich, ob größere Mengen Zahnpasta wohl sättigen. Mein Tag verläuft eher gemäßigt. Zwei Überwacher statten mir einen Kontrollbesuch ab, was mir sogar sehr entgegen kommt. Nun muss ich, zumindest vorübergehend, nicht mehr extra drei Leute anschreiben bei so ziemlich allem, was ich tun will. Das nervt mittlerweile echt. Am Abend gehen wir, wie geplant, zunächst Essen, dann ins Kino. Meine Mahlzeit fällt, wie nicht anders zu erwarten, gewohnt karg aus. Und es gelingt mir nur unter größter Mühe und etlichen Versprechungen und Verpflichtungen, meine Freunde dazu zu überreden, meinen Anteil der Rechnung zu übernehmen. Das war natürlich von ihnen alles vorbereitet und sie nutzen es wirklich eiskalt aus, dass ich denke, das wäre dieses Mal selbstverständlich. Im Kino jedoch weigere ich mich, auf untragbare Bedingungen einzugehen. Ich habe auch sonst nichts im Tausch anzubieten. Die Karte bekomme ich dann zwar nach langem hin und her spendiert, allerdings kommt mir Kino so ganz ohne Popcorn irgendwie fad vor.
Schwerpunkt: Geld
Das Studentenleben dreht sich häufiger darum, als uns manchmal lieb ist: Geld. Ganz egal, ob wir es brauchen, um es in Bier zu investieren, den Kühlschrank zu füllen oder es für unsere kleinen Träume zurückzulegen. Darum widmet die presstige-Redaktion dem Geld einen Schwerpunkt. Alle bisher erschienenen Beiträge sind hier gesammelt.
Tag 4: Beggin, beggin you
Ein altbekanntes Bild: Ohne Frühstück und dankend auf ein Eisbad verzichtend, beginnt dieser Tag wieder einmal mit schlechten Nachrichten. So wird mir zunächst doch tatsächlich die Nutzung meines Autos verweigert und empfohlen, das Fahrrad oder meine Füße zu nutzen. Da ich aber keinesfalls riskieren will, dass das womöglich in Anstrengung und folglich in eine Eisdusche ausartet, frage ich meinen Onkel, ob er mir sein Auto leihen könne, weil meins nicht anspringt. (Eine kleine Notlüge in Ehren). Sein Angebot, erst einmal nachzusehen, was nicht stimmt, wimmle ich mit der Ausrede, dass es dringend sei, ab. Als ich dann mit knapp zwei Stunden Verspätung endlich meinen Einkauf zu einem Ende bringen will, trifft mich auf dem Weg zur Kasse plötzlich die Erkenntnis, dass keiner meinen Einkauf abgesegnet hat. Und wenn ich mir so die Grimasse ansehe, die die Frau an der Kasse zieht, scheint es nicht so, als wäre sie zu Späßen oder eventuellen Tauschgeschäften aufgelegt. Ich stelle mich also an die Seite, zücke mein Handy und schreibe an meine Kontrolleure. Diese zeigen sich wenig kooperativ, aber ich habe noch ein Ass im Ärmel: Ich drücke auf die Tränendrüse, bitte und bettle (wieder) was das Zeug hält. Tatsächlich bekomme ich bis auf den Alkohol und die Süßigkeit alles abgesegnet. Jetzt schnell zurück zum Wagen, bevor es noch einen Strafzettel wegen Parken ohne Parkschein gibt. (Ausgaben einschränken und so). Und nachdem das mit dem Betteln so gut geklappt hat, entschließe ich mich, meinen Leuten einfach so lange in den Ohren zu liegen, bis sie mir auch eine zumindest lauwarme Dusche bewilligen. Und siehe da, schon bald hat einer ein Einsehen. Von meinen jüngsten Erfolgen befriedigt, finde ich einen ruhigen Schlaf.
Tag 5: Sonntag halt
Heute ist Sonntag, viel passiert nicht. Sonntag ist kein Tag, um groß Geld auszugeben. Was ich brauche, erbettle ich mir mühsam und aufwendig, komme aber gut durch den Tag.
Tag 6: Erlöst/Abgenervt
Der letzte Tag meiner Woche ohne Kontovollmacht steht wieder ganz im Zeichen des „Betteln und Nerven“-Prinzips. Meinen Freunden ist anzumerken, dass sie mittlerweile auch genug davon haben, mir wegen jedem kleinen Unsinn ihre Einwilligung zu geben. Vermutlich, weil es ihnen langsam langweilig wird, mich zu quälen. Diese Tatsache mache ich mir natürlich voll zu Nutzen und mache eine ganz kleine Shoppingtour. Je öfter ich frage, desto schneller wird letztlich nachgegeben -als ob es praktisch keine Begrenzung mehr gäbe. Als Fazit fallen mir nach diesen sechs Tagen vor allem zwei Worte ein: aufwendig und nervig. Denn letztlich war es genau das. Nach der Endabrechnung habe ich praktisch nur minimal, nämlich gut sechs Euro gespart. Im Nachhinein betrachtet, erwies es sich als wenig sinnvoll, jede noch so kleine Ausgabe unter ein Veto zu stellen. Das hat den Aufwand über den Tag hinweg wirklich enorm in die Höhe getrieben. Und je länger es dauerte, desto nerviger wurde es für mich und die Aufpasser. Am Ende bin ich zu zwei Erkenntnissen gekommen: Erstens, meine Freunde sind nicht ganz so asozial, wie zunächst befürchtet. Zweitens, habe ich gemerkt, dass ich meine Finanzen doch am besten selbst verwalte, da sich das wesentlich weniger aufwendig gestaltet und im Endeffekt keinen Unterschied macht. Außer vielleicht, dass ich die Schuld dann auf niemand anderen schieben kann, falls es am Anfang der letzten Monatswoche mal wieder heißt: „Leihst du mir bitte…“