Leben in Fernost

Praktische Tipps und Regeln zum Wohnen in Indonesien

Heutzutage gehört ein Auslandsaufenthalt schon fast zu einem Studium dazu: Sei es ein Erasmus-Semester, ein Auslandspraktikum oder einfach eine Sprachreise während der vorlesungsfreien Zeit. Zudem erfordert ein immer stärker globalisierter Arbeitsmarkt eine hohe Flexibilität und die Wahrscheinlichkeit, einmal für eine Weile im Ausland zu leben, ist relativ hoch. Diese lang- oder kurzfristigen Aufenthalte scheinen alle eines gemeinsam zu haben: Man kommt früher oder später mit fremden Kulturen und Arten des Wohnens in Berührung.

Text: Sarah Weiß - Illustration: Sandra Deyerler
Text: Sarah Weiß – Illustration: Sandra Deyerler

Das Leben im Ausland kann so viel anders sein als in Deutschland. Egal ob Asien, Nord- oder Südamerika, Afrika, ja selbst in Europa finden sich unterschiedliche Gewohnheiten und allerlei Fettnäpfchen, in die man treten kann, sobald man in einer internationalen Wohngemeinschaft, einer Gastfamilie oder allein in einem fremden Land lebt. Ich werde einige Erfahrungen, die ich während eines Auslandaufenthaltes in Indonesien gemacht habe, mit euch teilen. Während der Zeit dort habe ich in einer WG mit vier weiteren Studentinnen gelebt.

Der Eintritt in ein neues Zuhause

Die erste Regel fängt eigentlich schon beim Betreten des Hauses an. Die Schuhe sollte man im asiatischen Kulturkreis unbedingt ablegen, denn die gelten allgemein als unrein und den Schmutz der Straße darf man unter keinen Umständen mit in die Wohnung tragen. Da es in den meisten asiatischen Ländern auch sehr heiß ist, können Menschen mit frostempfindlichen Füßen aufatmen: Das Barfußlaufen ist dort sehr angenehm. Wer doch frieren sollte, kann gerne die Socken anbehalten – dagegen spricht nichts. Flipflops oder Hausschuhe sind erlaubt, sofern man nicht mit ihnen rausgeht.

Gewöhnungsbedürftige Tischmanieren

Mit den Schuhen an der Eingangstür kann man auch gleich seine guten Haus- und Tischmanieren ablegen. Gegessen wird häufig mit den bloßen Händen – was am Anfang etwas befremdlich ist. Aber mit der nötigen Zeit und Muße hat man bald schon den Dreh raus und da der Reis auch so schön klebt, ist das gar nicht so schwer! Gibt man während des Essens einige in unserem Kulturkreis als unsittlich empfundene Geräusche von sich, muss man sich keineswegs schämen. Das ist nämlich ein Kompliment für den Koch, denn man zeigt dadurch, dass man zufrieden ist und sich wohlfühlt.

Die Tücken des indonesischen Badezimmers

Kommen wir nun vom Essen zu einem anderen unglaublich wichtigen Bereich des Hauses: dem Badezimmer. Hier darf auf keinen Fall mit westlichen Maßstäben gemessen werden und die Erwartungen hält man am besten sehr niedrig. Das Standardbad in Indonesien besteht – wenn man nicht gerade in einem noblen Hotel hausiert – aus einem Loch im Boden, einem großen Eimer mit Wasser und einem kleinen Eimerchen zum Duschen und Klospülen. Im besten Fall hat man noch eine Toilettenschüssel zum Draufsitzen, was aber schon ein größerer Luxus ist. Was man als „Westler“ auf keinen Fall vergessen darf, ist Toilettenpapier, denn das findet man dort eigentlich nie, mal abgesehen von McDonalds und einigen Coffeeshops. Also immer irgendwie Taschentücher dabeihaben, ansonsten müsste man sich an die asiatische Weise herantrauen, die doch einiges an Mut erfordert. Das benutzte Toilettenpapier darf unter keinen Umständen in die Toilettenschüssel bzw. das Toilettenloch geworfen werden, denn dadurch riskiert man eine unschöne Verstopfung mit noch unschöneren Folgen. Also immer brav alles im Mülleimer entsorgen.

Ausgabe 27: Wohnen Dieser Artikel erschien zuerst in Ausgabe 27 unseres gedruckten Magazins.

Der Gast ist König

Auf keinen Fall sollte man seine Hilfe anbieten, wenn man als Gast irgendwo eingeladen wird. Denn Gäste werden dort wie Könige behandelt und die Menschen dort empfinden es als sehr unangenehm, wenn man plötzlich beim Tischdecken oder Aufräumen helfen möchte. Selbst wenn man für längere Zeit in einer Gastfamilie oder WG lebt, hat man noch einen besonderen Status. Man wird in Asien einfach unglaublich herzlich aufgenommen und die Menschen sind so freundlich und versuchen wirklich alles, damit man sich wohlfühlt. Es kann aber auch unangenehm werden, wenn man zum Beispiel ständig zum Essen eingeladen wird oder Geschenke bekommt, einfach weil man Gast ist. Hier sollte man versuchen, Kompromisse einzugehen und sich zu revanchieren, beispielsweise indem man die Mitbewohner mit selbst gekochtem Essen aus der Heimat beglückt.

Reisen als Pärchen

Auch als unverheiratetes Pärchen sollte man aufpassen: Gemeinsam in einer WG oder Gastfamilie leben, ist nicht drin, auch in manchen Hotels wird es ungern gesehen, wenn man dort zu zweit im selben Zimmer schläft. Wenn man also nicht vorhat, spontan zu heiraten, dann sollte man in weiser Voraussicht gleich zwei Zimmer buchen oder Ringe mitnehmen, denn die genügen schon als „Heiratsbeweis“. Alles andere ist gesellschaftlich nicht akzeptiert. Man sollte auch seine Zärtlichkeiten nicht vor anderen austauschen und sich auch nicht lange allein in einem Zimmer aufhalten.

Das Schöne am Reisen

Das Wichtigste aber ist, dass ihr Geduld mitbringt und offen gegenüber Neuem seid. Lasst euch auf alle möglichen verrückten Dinge ein und denkt nicht zu viel darüber nach. Das ist ja gerade das Schöne am Reisen: Dass man nie weiß, was auf einen zukommt und dass es die eigene Sichtweise stark verändern kann. Einfach einmal die typisch deutsche Pünktlichkeit und Organisation vergessen und sich auf das Chaos einlassen – spätestens zu Hause kann man wieder diszipliniert genug sein und in sein altes Leben zurückfinden.

 

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