Schweden als geheimer Star der Auswanderungsziele
Immer häufiger huscht uns in unserem Alltag Schweden vor die Linse: Plötzlich gibt es Urlaubsangebote, die Touristen in das Land der vielseitigen grünen Landschaften locken, und immer mehr Studenten verbringen ihr Auslandssemester in Stockholm. Warum erfährt dieses auf den ersten Blick unscheinbare Land plötzlich einen solchen Aufschwung? Im Folgenden wird diese Frage mit besonderem Augenmerk auf das Bildungssystem beantwortet.
In internationalen Rankings befindet sich Schweden zurzeit nur auf Platz 16 der beliebtesten Auswanderungsziele bei Deutschen: Im Jahr 2013 emigrierten ungefähr 1720 Deutsche nach Schweden. Ungeschlagener Spitzenreiter ist dabei die Schweiz, in die 2013 circa 21 400 Deutsche auswanderten, dicht gefolgt von den USA mit immerhin 13 532 neuen Einwohnern aus Deutschland. Ein Blick auf die Zahlen lässt Schweden demnach merklich in den Hintergrund rücken. Doch wer einmal in diesem Land gelebt hat, möchte es wohl nicht mehr missen. Genau wie die Schweden selbst, die in ihrem Land mit seinen Nordlichtern und Fjorden, den kleinen Kommunen und der bunten Hauptstadt, glücklich sind.
Schweden – das neue Amerika?
Bei genauerer Betrachtung ist festzustellen, dass Schweden eindeutig unterschätzt wird, vereint es doch vieles, von dem viele Deutsche ganz unverhohlen träumen: kostenfreie Bildung und Krankenversicherung, mehr Grün, Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Tatsächlich erhalten Familien in Schweden große Unterstützung. Eltern können bis zum 8. Lebensjahr des Kindes insgesamt 480 Elterntage nehmen und ihre Kinder außerdem gebührenfrei ab dem ersten Lebensjahr in den Kindergarten (Förskola) bringen, um somit wieder in ihren Beruf einzusteigen. Wer diese Gelegenheit nicht nutzt, kann seinem Sprössling vor dem Start in die Schule dennoch einen behutsamen Einstieg bieten: die Förskoleklas. Ein Jahr lang lernen die Sechsjährigen dort in Gruppen zu arbeiten sowie Grundkenntnisse in Rechnen und Lesen. Hausaufgaben gibt es hier jedoch noch nicht, immer noch liegt der Fokus auf dem Spielerischen.
Ähnlich wie in Deutschland beginnt die Schule ab dem siebten Lebensjahr. Von der ersten bis zur neunten Klasse ist der Schulbesuch in der Grundskola verpflichtend. Die ersten drei Jahre (lågstadiet) sowie die vierte bis sechste Klasse (mellanstadiet) gleichen inhaltlich ebenfalls den Schuljahren in Deutschland. Von der siebten bis zur neunten Klasse (högstadiet) beginnt für schwedische Schüler dann der Ernst des Lebens: In neuen Klassengemeinschaften gilt es besonders gute Noten zu erlangen. Unter wachsendem Druck stehen den Schülern aber allzeit zwei Lehrkräfte als Mentoren zur Seite, die sich gemeinsam mit ihnen um die Noten, aber auch um ihre Sorgen und Ängste kümmern. Denn nach der neunten Klasse stehen die Schüler vor der schweren Entscheidung: Wähle ich den praktischen oder den theoretischen Weg?
Förderung von Selbstständigkeit und Kreativität
Wer möchte, kann nach neun Schuljahren im Alter von 16 Jahren die Schulzeit beenden, doch in dem Falle ist die Jobsuche heutzutage schwierig. In der Regel besuchen Schüler anschließend freiwillig drei Jahre lang das Gymnasiet und schlagen – je nach Noten und persönlichen Fertigkeiten – einen praktischen Weg wie Krankenschwester, Friseur, Dachdecker oder Ähnliches ein, oder aber sie wählen den theoretischen Pfad. Dabei können sie sich entweder auf Technik, Sozialwissenschaften oder Naturwissenschaften spezialisieren. Diese Möglichkeit bereitet die Schüler speziell auf die Universität vor. Doch bei beiden Varianten sind Freiheit und Kreativität die obersten Gebote: Die Schüler können neben ihrem Hauptfach zahlreiche Nebenfächer wählen, die keine Ergänzung zum Hauptfach sein müssen, sondern als Pause, Ablenkung oder Exkurs dienen sollen. So gibt es Kurse wie Massage, Tanz, Yoga oder kreatives Schreiben.
In all den Jahren müssen sich die Familien keine Sorgen um ihre Finanzen machen: Die Schulen sowie die Krankenversicherungen sind kostenlos, bis zum Gymnasiet werden oftmals viele Schulmaterialien wie Stifte, Hefte etc. gestellt. All das hat selbstverständlich seinen Preis, denn die Steuern in Schweden sind verhältnismäßig hoch. Letztendlich ist für Auswanderer aber das Gesamtpaket ein ausschlaggebender Grund, Schweden zum neuen Heimatort zu machen.