Wenn der Weg zum Erlebnis wird

Drei erfahrene Tramper im Interview

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Text: Camilla Schulz – Bilder: privat

Trampen gilt als die wohl preisgünstigste und auch sozialste Art der Fortbewegung. Dennoch ist diese Möglichkeit des Verreisens sehr umstritten und stößt oftmals auf Kritik. Drei begeisterte Tramper berichteten uns von ihren Erlebnissen.

 

Malena, 21, studiert Soziale Arbeit in Emden. Sie trampte mit einer Freundin von Emden (Ostfriesland) nach Memmingen (Allgäu). Dabei sind sie in vier verschiedenen Städten gelandet und waren eine Woche unterwegs.

Presstige: Wie habt ihr euch vor eurem Aufbruch auf die Reise vorbereitet? Hattet ihr bestimmte Ziele, die ihr erreichen wolltet?

Malena: Wir haben uns überhaupt nicht vorbereitet. Es war eine sehr spontane Aktion, wir haben einfach unseren Rucksack und ein Zelt gepackt und sind losgezogen. Lediglich die Endstation Memmingen, meine Heimatstadt, haben wir im Voraus festgelegt. Über welchen Weg wir dort jedoch hinkommen würden, war uns relativ egal. Auch zeitlich waren wir sehr flexibel.

War es schwierig, so spontan Unterkünfte in den jeweiligen Städten zu finden oder habt ihr immer in eurem Zelt geschlafen?

Malena: Eigentlich sind wir durch glückliche Zufälle immer recht schnell zu einer Unterkunft gekommen. Die erste Nacht haben wir auf einem Campingplatz in unserem Zelt verbracht. In Straßburg hat zufälligerweise zu dem Zeitpunkt eine Freundin von mir ein Praktikum in einem Hotel gemacht, in dem wir dann kostenlos übernachten durften. In Karlsruhe konnten wir bei der Familie meiner Mitbewohnerin unterkommen. In Zürich gestaltete sich die Unterkunftssuche dann aufgrund der hohen Preise schon schwieriger. Am Abend haben wir jedoch auf einer Reggeaparty einen netten Kerl kennengelernt, der uns in seiner Wohnung schlafen ließ. Bei einer Freundin meiner Begleiterin konnten wir dann schließlich noch in Konstanz unterkommen.

Hattet ihr mal Angst, bei jemandem einzusteigen bzw. habt ihr es mal bereut, bei jemandem mitgefahren zu sein?

Malena: Nein, überhaupt nicht. Alle waren immer sehr freundlich und aufgeschlossen. Die meisten, die uns mitgenommen haben, sind früher selbst getrampt und haben sich sehr gefreut, dass das heutzutage noch jemand macht.

 

Martin, 25, studiert Master Maschinenbau in Erlangen. Er trampte mit seiner Gitarre in 23 Stunden von Jettingen nach London. Geplant war bei seiner Reise gar nichts, lediglich das Ziel London.

Presstige: Auf so einer Reise fährt man ja bei den unterschiedlichsten Menschen mit. Was war deine lustigste oder spannendste Begegnung?

Martin: Meine lustigste Begegnung hatte ich eigentlich in Dover. Nach 1 ½ Stunden Warten nahmen mich endlich zwei junge Männer aus Amsterdam in ihrem Opel Astra mit. Auf der Strecke nach London hatten wir dann eine Autopanne und mussten auf dem Standstreifen auf den Abschleppdienst warten. Einer der beiden erzählte mir dann, dass er der Weltmeister im Freestyle Football sei. Er holte seinen Ball aus dem Auto und fing auf dem Standstreifen an, seine Tricks vorzuführen. Das war schon ein cooles Erlebnis. Nachdem wir abgeschleppt wurden, lud er mich noch zum Essen ein.

Viele Menschen halten ja nicht viel vom Trampen, bzw. möchten keine Tramper mitnehmen. Bist du oft auf Misstrauen oder Kritik gestoßen?

Martin: In Deutschland gab es eigentlich wenig Probleme. Ich musste nie besonders lange warten, und die Menschen waren immer echt nett und offen. Allerdings wurde ich gleich zum Beginn meiner Reise an der Tankstelle von zwei Polizisten auf Drogen durchsucht, natürlich ohne Ergebnis. In Callais, zur Überfahrt, war es dann schon schwierig, jemanden zu finden, der mich mitnehmen wollte. Viele waren misstrauisch und hatten Angst, dass ich etwas schmuggeln wollte. In England lief es dann ganz schlecht. Die meisten, die angehalten haben, wollten wissen, wie viel ich ihnen fürs Mitnehmen zahlen würde.

Welche Tipps kannst du an unerfahrene Tramper weitergeben?

Martin: Ich denke es ist ganz wichtig, immer freundlich zu sein, schließlich will man ja mitgenommen werden. Außerdem sollte man immer auf sein Bauchgefühl hören. Wenn man ein ungutes Gefühl hat, bei jemandem einzusteigen, dann sollte man es lieber lassen und auf die nächste Gelegenheit warten. Außerdem würde ich im Nachhinein nicht mehr alleine nachts bei wildfremden Leuten ins Auto steigen, mit denen ich mich nicht einmal verständigen kann.

 

Julia, 21, studiert Soziologie in Erlangen. In ihrem Urlaub in Israel nutzte sie das Trampen, um von A nach B zu kommen.

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Presstige: Hast du selbst auch schon mal Tramper mitgenommen?

Julia: Ja, ich habe schon oft Tramper mitgenommen. Ich halte eigentlich immer an, wenn ich einen Anhalter sehe. Einmal war ich sogar richtig traurig, als einer nicht mitfahren wollte, da ich in die falsche Richtung gefahren bin.

Du bist ja auch in Deutschland schön öfter getrampt. Kannst du ungefähr einschätzen, ob dich bisher mehr Frauen oder mehr Männer mitgenommen haben?

Julia: Also in Israel haben mich ausschließlich Männer mitgenommen. In Deutschland war es glaub ich relativ ausgeglichen. Da haben sowohl Frauen als auch Männer angehalten.

Welche Vorteile bietet Trampen deiner Meinung nach, außer dass es preisgünstig ist?

Julia: Ich finde, man ist total flexibel. Man hat keinen Zeitdruck und kann ein- und aussteigen, wann und wo man möchte. Außerdem ist Trampen immer für eine Überraschung gut. Man landet in den unterschiedlichsten Orten und Städten, die man sich eigentlich gar nicht zum Ziel gesetzt hat. Mir gefällt auch, dass man mit vielen Menschen ins Gespräch kommen kann. In Israel habe ich dadurch viel über die Kultur und das Leben dort erfahren.

 

Wie die drei Interviews zeigen, kann man durch das Reisen per Anhalter viele tolle Erfahrungen sammeln. Ein gewisses Restrisiko bleibt natürlich trotzdem, das jeder für sich selbst einschätzen muss.

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