„Kein Interesse an einer Beziehung zu einem Iren“

Interview mit einem Augsburger Erasmuspärchen

Foto & Text: Maria-Luisa Huber
Foto & Text: Maria-Luisa Huber

Erasmus, als Programm zum kulturellen Austausch in Europa, führt in vielen Fällen zu mehr als nur Wissenserwerb und Auslandserfahrung. So wie bei Anne(25)* und Peter (23)*: Die beiden lernten sich kennen, als Anne ein Auslandssemester in Irland absolvierte. Nun sind sie seit zwei Jahren in einer Beziehung und wirken noch wie frisch verliebt. Im Interview mit presstige sitzen sie eng zusammen und sehen sich oft in die Augen, während sie uns lachend von den Besonderheiten eines Erasmuspärchens erzählen.

presstige: Anne, wie bist du dazu gekommen ein Erasmussemester in Irland zu machen?

Anne: Ich wollte schon immer am Erasmusprogramm der Uni teilnehmen. Dabei war mir wichtig, an einem Ort zu studieren, an dem ich mein Englisch aufbessern kann. Drei Jahre zuvor war ich bereits zum Urlaub in Dublin gewesen. Weil mir die Stadt so gut gefiel und mein Lehrstuhl in Irland einen Studienplatz frei hatte, fiel meine Wahl auf Dublin.

Wann und wie habt ihr euch dort kennengelernt?

Peter: Wir haben uns das erste Mal im Herbst 2012 in meiner Heimat in Maynooth kennengelernt. Anne: Ich studiere Lehramt mit Hauptfach Religion. Als ich mein Auslandssemester in Irland gemacht habe, sind wir uns auf religiösen Besinnungstagen zum ersten Mal begegnet. Zufälligerweise fanden die Besinnungstage in jenem Wohnheim statt, in dem damals Peter wohnte.

War es Liebe auf den ersten Blick?

Peter: Anne hat mir sofort gefallen und ich habe mir auch gleich viel Mühe gegeben, um ihr zu imponieren.

Anne: Also bei mir war es eher Liebe auf den zweiten Blick (lacht). Bei unserem ersten Treffen fand ich ihn recht uninteressant.

Peter: Obwohl mich Anne anfangs nicht mochte, wollte ich mich unbedingt mal mit ihr treffen. Deswegen habe ich ihr eine Facebook-Freundschaftsanfrage geschickt, was zunächst zu nichts geführt hat (lacht).

Anne: Erst als wir uns ein zweites Mal auf weiteren Besinnungstagen getroffen haben, habe ich ihm doch noch meine Nummer gegeben. Es hat aber lange gedauert, bis wir ein richtiges Paar geworden sind.

Wieso hat es denn so lange gedauert?

Anne: Ach, ich hatte einfach keinerlei Interesse an einer Beziehung zu einem Iren.

Peter: Danke (lacht)!

Anne: Nein, ich meine damit, dass ich keine Lust auf eine Fernbeziehung hatte. Für mich stand schon immer fest, dass ich nach sechs Monaten nach Deutschland zurückfliegen werde, um dort mein Studium zu beenden. Zwar war das Auslandssemester in Belfast eine tolle Erfahrung, aber es war einfach nie mein Plan gewesen, dort zu bleiben. Deshalb und weil ich eine Fernbeziehung zu Peter einfach nicht wollte, war Peter damals einfach keine Option für mich.

Peter: Wir hatten eine schöne gemeinsame Zeit in Irland, aber wir wollten beide keine komplizierte Fernbeziehung danach führen. Uns wäre es zu stressig gewesen, ständig miteinander zu skypen und uns nur im Abstand von einigen Wochen zu sehen.

Habt ihr den Kontakt zueinander nach dem Auslandssemester dann abgebrochen?

Peter: Ja, wir haben es probiert (lacht).

Anne: Es ist uns sehr schwer gefallen, aber wir hatten anfangs wirklich keinen Kontakt zueinander. Etwa einen Monat nachdem ich wieder in Augsburg war, begannen wir immer mal wieder zu telefonieren. Nach einem halben Jahr hab ich ihn dann spontan gefragt, ob er nicht Lust hätte, mich für zwei Wochen in Deutschland zu besuchen. Er kam und wir wurden schließlich doch noch ein Paar (lacht).

Ausgabe 29: Europa
Dieser Artikel erschien zuerst in Ausgabe 29 unseres Magazins als E-Paper.

Peter, du bist dann bald darauf aus Liebe zur Anne nach Augsburg gezogen. War es einfach für dich hier Fuß zu fassen?

Peter: Nach meinem College hatte ich Lust, in Augsburg bei Anne zu wohnen. Etwas unvorbereitet und spontan bin ich dann hierher geflogen (lacht). Bei meiner Ankunft in Augsburg konnte ich weder einen deutschen Satz sprechen, noch hatte ich irgendwelches Geld dabei. Aber dafür hatte ich verdammt viel Glück! Schon am ersten Tag habe ich einen Job im Irish Pub gefunden und bald darauf bin ich sogar Lehrer an einer Sprachschule geworden, an der ich auch Deutsch gelernt habe.

Vermisst du Irland?

Peter: Ja, am meisten fehlt mir meine Familie. Es gibt aber auch andere Dinge, die ich an Irland vermisse.

Welche?

Peter: Na, den irischen Humor natürlich (lacht).

Sind in eurer Beziehung irgendwelche kulturellen Unterschiede spürbar?

Anne: Oh ja! Peter kommt, wie viele Iren, oft zu spät und kann einfach nicht Nein sagen. Er ist immer freundlich und höflich, auch wenn er jemanden nicht mag.

Peter: Ja, ihr Deutschen seid mir manchmal einfach zu direkt und ehrlich. Hier gibt es auch ständig Regeln, an die man sich streng halten muss. Zum Beispiel Pünktlichkeit (verdreht die Augen).

Zum Schluss: welche Ratschläge habt ihr für andere frischverliebte Erasmuspärchen?

Peter: Es ist immer spannend, eine Beziehung mit jemandem zu führen, der aus einem anderen Kulturkreis stammt und andere Traditionen pflegt. Manchmal sind es aber auch genau die unterschiedlichen Sichtweisen, die zu Konflikten führen. Mein Tipp ist es, in solchen Situationen Verständnis für den Partner zu zeigen.

Anne: Ich finde, dass sich Zukunftspläne mit einem ausländischen Partner immer schwieriger gestalten, als bei Paaren mit derselben Herkunft. Bei uns stellt sich nämlich oft die Frage: Wo geht es als nächstes hin und kommst du mit? Peter möchte beispielsweise noch einmal studieren, er weiß aber noch nicht genau wo, ob in Deutschland oder in Irland, und ich werde nächstes Jahr für ein Semester nach Namibia fliegen. Man muss einfach bereit sein, für die Liebe Opfer zu bringen. Auch wenn das bedeutet, in ein anderes Land zu ziehen.

* Namen von der Redaktion geändert.

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