Zuhause – Zwischen Heimat und einer neuen Stadt

Text: Julia Brandl, Bild: (c) Pixabay

„Home sweet home“ ist der Spruch, der mich regelrecht anspringt, als ich zum ersten Mal das Zimmer meiner neuer Nachbarin betrete. Kein Einzelfall. Tiefgründige Worte wie „Zuhause ist nicht da, wo der Schlüssel passt, sondern da, wo sich dein Herz wohlfühlt.“ oder „Zuhause ist kein Ort, sondern ein Gefühl.“ zieren Schränke, Plakate und sogar Wandtattoos vieler junger Leute. Aber was machen, wenn die Schlüssel an zwei Haustüren passen und wenn das Herz irgendwo dazwischen ist? Wo fühlt sich denn das Herz wohl, wenn man gerade erst von Zuhause ausgezogen ist und jetzt in einem völlig neuen Zuhause wohnt?

Am Anfang des Studiums steht für viele Studierende ein Umzug an. Man packt seine Sachen, fährt in eine neue Stadt und richtet sein Zimmer in der neuen WG oder einem Wohnheim ein. Natürlich muss es gemütlich werden, so, dass man sich wohlfühlen kann. Aber irgendetwas fehlt gerade am Anfang immer. Wenigstens der Ausweis ist sich sicher, dass Augsburg das neue Zuhause ist.

Nach einiger Zeit lernt man Freunde kennen und fühlt sich schon nicht mehr ganz so alleine. Aber da sind immer noch die Freunde und die Familie Zuhause. Also das andere Zuhause. Man sitzt zwischen zwei Stühlen. Einerseits möchte man in der neuen Stadt Fuß fassen, neue Leute kennenlernen, offen sein und dennoch alle daheimgebliebenen, wichtigen Menschen nicht vergessen oder vernachlässigen. Um das zu vermeiden, setzt man sich also regelmäßig am Wochenende in den Zug und fährt in die alte Heimat.

Oft wird es stressig. Mütter wollen, dass man mit ihnen einen Kaffee trinkt. Väter brauchen Hilfe am Computer. Jüngere Geschwister möchten, dass man ihnen mal schnell nebenbei den Stoff für die nächste Matheschulaufgabe erklärt. Die Großeltern rufen an, es wäre doch mal wieder schön gemeinsam essen zugehen. Und dann sind da auch noch die Freunde. Man will feiern, ins Kino gehen und einfach mal wieder quatschen. Das Wochenende ist leider viel zu kurz und Sonntagabend sitzt man dann schon wieder im Zug Richtung Augsburg. Es war schön Zuhause.

Die Woche geht meist schnell vorbei und schon steht das nächste Wochenende an. Schon wieder heimfahren? Eigentlich wäre es doch mal wieder gut hier zu bleiben und mit den Leuten hier etwas zu unternehmen. Kurze Nachfrage bei den neu gewonnenen Freunden aus dem Studium und dem Wohnheim: Die meisten fahren dieses Wochenende heim. Was jetzt? Also doch nicht hier bleiben? Ist ja eh keiner da. Freitagnachmittag also das gleiche Spiel nochmal. Hauptbahnhof. Zug. Hauptbahnhof. Zuhause. Kaffee. Computer. Diesmal Englisch. Essen gehen. Kino. Hauptbahnhof. Zug. Hauptbahnhof.

Zurück zu diesem Gefühl, um das es ja wohl gehen soll. Die Frage ist, wo man sich am wohlsten fühlt? Hier oder dort? Meistens ist das situationsabhängig und es gibt dafür wahrscheinlich keine klare Antwort. Gefühle ändern sich und man selbst ist sich nicht mehr ganz sicher, wo jetzt eigentlich sein Zuhause ist. Man hängt zwischen Heimat und einer neuen Stadt.

Um Augsburg zu seinem neuen Zuhause zu machen, lohnt es sich allerdings, sich sein Zimmer gemütlich einzurichten, neue Leute kennenzulernen und sich ein Hobby zu suchen. Es ist wichtig, dass man gedanklich hier in Augsburg ankommt.

Eigentlich bleibt einem auch kaum etwas anderes übrig. Augsburg ist für die meisten von uns erst einmal mindestens drei Jahre der Ort, an dem wir studieren, wohnen, feiern und leben. Für einige vielleicht sogar noch länger. Man sollte sich also wohlfühlen und Augsburg zu seinem Zuhause machen. Das bedeutet aber nicht, dass man sich nicht auch noch an einem anderen Ort daheim fühlen kann. „Zuhause ist da, wo dein Herz ist.“, oder so ähnlich.

Seit Neustem hängt jetzt übrigens auch in meinem Zimmer einer dieser Sprüche. „Zuhause ist der Ort, an dem sich dein WLAN automatisch verbindet“. Hauptsächlich als satirische Antwort auf die ganzen Sprüche, die ich bisher schon in anderen Wohnungen gesehen habe, aber vielleicht auch ein bisschen, um es mir selbst etwas leichter zu machen und mich zu erinnern: Augsburg ist jetzt mein Zuhause.