Abpfiff für die Menschenrechte: Fußball-WM in Katar

Schmiergelder, Todesfälle, Menschenrechtsverletzungen – warum die Fußball-WM 2022 in Katar so problematisch ist.

Diesen Sonntag ist es soweit – die Fußball-Weltmeisterschaft 2022 beginnt. Doch ein Sommermärchen wird es dieses Jahr nicht geben. Denn anders als gewöhnlich findet die WM zum ersten Mal in der Vorweihnachtszeit statt, in der wir normalerweise eine besinnliche Zeit mit Lebkuchen und Glühwein verbringen. Doch das Fußballereignis des Jahres scheint alles andere als friedlich zu sein und das Gastgeberland Katar wird scharf kritisiert – aber warum genau?

Foto: Janika Schneider

Neue Stadien in Katars Wüstenlandschaft

Das Land Katar weist, wie allgemein bekannt, keine große Fußballtradition vor, weshalb alle Stadien extra neu für die WM gebaut werden mussten. Doch der große Ressourcenverbrauch und die milliardenschweren Ausgaben, die mit dem Stadionbau einhergingen, sind nicht der einzige problematische Aspekt. Damit das Großereignis überhaupt rechtzeitig zum 20. November stattfinden kann, hat das Land Katar massenhaft ausländische Gastarbeiter:innen eingestellt. Verschiedenen Medienberichten wie tagesschau oder fussballwm2022 zufolge schufteten diese Arbeiter:innen bei extremer Hitze für einen Hungerlohn. Außerdem blieb es den Arbeitskräften verwehrt, Gewerkschaften zu gründen, sodass sie keinerlei Möglichkeiten hatten, für ihre Rechte einzustehen. Doch damit nicht genug:

Auf Katars Baustellen kamen mehr als 6.500 Menschen (Guardian) ums Leben.

Kann man die WM vor diesem Hintergrund überhaupt unterstützen?

Die Gesetzeslage in Katar lässt sich kaum mit unseren deutschen Werten vereinen. Zum einen fehlt es an einer Gleichberechtigung der Geschlechter, da Frauen wenige Entscheidungen selbst treffen dürfen. Sie benötigen beispielsweise die Erlaubnis ihres männlichen Vormundes, um zu heiraten, mit staatlichem Stipendium im Ausland zu studieren, zu verreisen oder um bestimmte Formen der reproduktiven Gesundheitsversorgung zu erhalten. Sie dürfen auch nicht als primärer Vormund ihrer Kinder handeln, selbst wenn sie geschieden sind, gesetzlich das Sorgerecht erhalten haben oder der Vater bereits verstorben ist. In diesem Fall agiert der Staat als Vormund. Als „ungehorsam“ wird eine Frau bezeichnet, wenn sie ohne die Erlaubnis ihres Mannes das Haus verlässt, zur Arbeit geht, verreist oder Sex ohne „legitimen Grund“ verweigert. Die Männer hingegen können bis zu vier Ehefrauen gleichzeitig haben. In einer ZDF-Doku kommt die Frage auf, warum die Frauen denn verschleiert seien und es wird deutlich, was dort für ein Frauenbild herrscht:

„Vergleich mal: Vor dir liegt eine unverpackte Süßigkeit. Du weißt nicht, ob sie jemand berührt oder reingebissen hat. Und eine verpackte. Welche nimmst du?“

Die Gesetzeslage macht es den Frauen nahezu unmöglich gegen Missbrauch vom eigenen Ehemann anzukommen (FrauenrechteKatar). Zum anderen ist auch Homosexualität gesetzlich verboten und wird teilweise sogar mit dem Tod bestraft (LGBTQ-Rechte).

„geistiger Schaden“

– so bezeichnet der WM-Botschafter aus Katar Homosexualität in einem ZDF-Interview.

Dennoch verspricht der Premierminister Scheich Chalid bin Chalifa Al-Thani der Innenministerin Nancy Faeser bei ihrer Reise nach Katar, dass alle Menschen willkommen und sicher seien (Sicherheitsgarantie). Die Frage, warum die deutsche Nationalelf überhaupt antritt, besteht jedoch weiterhin.

Was sagt der DFB?

In der offiziellen Stellungnahme bekennt sich der Deutsche Fußball Bund (DFB) zwar zu den Menschenrechten, hält aber „einen Verzicht auf die Teilnahme (…) für nicht zielführend“. In Anbetracht der finanziellen Vorteile ist dies jedoch kein Wunder. Stattdessen setzt er auf die öffentlich aufkommenden Diskussionen, welche „einen Beitrag zur Verbesserung der Menschenrechtslage in Katar (…) leisten“ würden (Positionspapier des DFB).

Die FIFA versucht, die Wogen zu glätten und spielt, laut Berichten der tagesschau, die Opferzahlen sowie weitere Vorwürfe herunter. Dazu zählt auch die Anschuldigung, dass Katar die WM nur durch den Einsatz hoher Schmiergelder austragen darf. Denn schon vor Jahren hat die FIFA-Prüfkommission das Land Katar eigentlich als ungeeigneten Austragungsort für eine Fußball-Weltmeisterschaft erklärt. Dass die WM nun doch in Katar stattfindet, lässt Fußballfans rund um die Welt aufhorchen. Die Tatsache, dass FIFA-Chef Gianni Infantino selbst in Katar lebt und das Land aktuell in den höchsten Tönen lobt, ist vielen ein weiterer Dorn im Auge. Negative Berichterstattung der WM ist generell nicht erwünscht, was nicht verwunderlich ist, da Journalist:innen in Katar, die kritisch berichten, verhaftet oder des Landes verwiesen werden (fußballwm2022). Katar fühlt sich zu Unrecht beschuldigt und verweist auf Verbesserungen, wie beispielsweise die Planung eines Mindestlohns, die jedoch laut Hochrechnung weiterhin unzureichend seien.

Public Viewing in Augsburg - nein, danke!

Foto: Nina Hosinner

Deutschlandweit boykottieren viele Kneipen und Bars deshalb die WM und nutzen Hashtags wie #keinkatarinmeinerkneipe, um auf die Problematik aufmerksam zu machen. Auch in Augsburg wird es keine öffentlichen Public Viewings geben. Oberbürgermeisterin Eva Weber findet klare Worte für den Umgang mit der Weltmeisterschaft:

„Die schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen im Zuge der Fußball-WM vor Ort in Katar sind mit den Werten der Friedensstadt Augsburg nicht vereinbar.“

Und ihr? Schaut ihr die WM oder folgt ihr dem Hashtag #boycotkatar? Lasst es uns gerne in den Kommentaren auf unserem Instagram Profil wissen (@presstige_aux).

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