Sommer, Sonne, Semesterferien! Du suchst nach der perfekten Lektüre für den Sommer? In unserer Themenwoche stellen wir jeden Tag zwei spannende Bücher vor. An Tag eins geht es spannend mit Sebastian Fitzeks Psychothriller “Mimik” los. Genauso spannend sind auch die Biografien der Frauen in unserem zweiten Lesetipp für den Sommer. Leonie Schöler stellt in ihrem Sachbuch “Beklaute Frauen” anschaulich die Entdeckungen und Erfindungen von Frauen vor, die in Vergessenheit geraten sind.
Fast alle Texte für die Themenwoche “Sommer-Lesetipps entstanden im Rahmen des Workshops “Einstieg ins Journalistische Schreiben”. Dieser wurde vom Career Service der Universität Augsburg angeboten und von Lea Thies, der Leiterin von der Günter Holland Journalistenschule der Augsburger Allgemeinen, gehalten. Viele der Autorinnen sind deshalb nicht von presstige.
Sebastian Fitzek: Mimik
Ein winziges Zucken im Mundwinkel, ein leichtes Heben der Augenbraue oder die kleinste Veränderung in der Pupille – das reicht Hannah Herbst bereits, um einen Menschen und sein „wahres Ich“ zu lesen. Sie ist nämlich die erfahrenste Mimikresonanz-Expertin Deutschlands – und Protagonistin in Sebastian Fitzeks neuen Psychothriller „Mimik“.
Völlig unbescholtene Frau gesteht Familienmord und kann sich an nichts erinnern
Als Mimikresonanz-Expertin berät Hannah Herbst die Berliner Polizei bei ihren brutalsten Fällen. Oft, wenn es nur ein kurzes Video, etwa eine Erpresserbotschaft von einem Täter gibt, analysiert sie dieses bis ins kleinste Detail und liefert wertvolle Hinweise. Ihr Leben gerät plötzlich aus den Fugen, als sie nach einer Operation unter Gedächtnisverlust leidet und gebeten wird, sich ein Video anzusehen, in dem eine junge, bislang völlig unauffällige Frau den bestialischen Mord an ihrer Familie gesteht. Das Problem: die Frau auf dem Video ist Hannah selbst, sie kann sich allerdings an nichts erinnern. Hat Hannah Herbst ihren Mann und ihre Kinder ermordet? Das gilt es jetzt herauszufinden…
Mit seinem neuen Bestseller „Mimik“ geht Fitzek an die Grenzen des Aushaltbaren. Direkt am Anfang wird der Leser in die Geschichte hineingezogen und kann das Buch kaum aus der Hand legen, so fesselnd sind die kurzen Kapitel, von denen so gut wie jedes mit einem Cliffhanger endet. Die aufgezeigten psychischen Abgründe sind teils verwirrend, fast schon verstörend, erzeugen jedoch eine immense Spannung, die sich durch die ganze Erzählung zieht und in einem furiosen Finale gipfelt. Immer wieder denkt man während des Lesens, man wäre der Sache auf der Spur, hätte es gleich durchschaut und wähnt sich schlauer als die Protagonisten, doch dann wendet sich das Blatt erneut. Fitzek zeigt Blut, menschliche Abgründe und Gewalt, wer das aushalten kann, ist bei diesem Psychothriller genau richtig.
Spätestens seit dem ersten Platz der Spiegel-Bestseller-Liste reiht sich auch dieses Fitzek-Buch in den Erfolg seiner Vorgänger ein. Wer Fitzeks Schreibstil und Themen mag, kann auch hier nichts falsch machen, für Fitzek-Anfänger eignet sich eines seiner früheren Bücher eventuell besser als Einstieg.
Rezension von Alexandra Weihele
Leonie Schöler: Beklaute Frauen
Was haben die Kernphysikerin Lise Meitner, die entscheidende Beiträge zur Entdeckung der radioaktiven Kernspaltung leistete, die Biochemikerin Rosalind Franklin, die die menschliche DNA entschlüsselte, die Autorin Mary Shelley, die Frankenstein schreib und die feministische Aktivistin Olympe de Gouges, die für Menschenrechte für alle eintrat, gemeinsam? Sie sind Frauen – und wurden für ihre Erfolge nie so gefeiert wie ihre männlichen Kollegen!
Vielmehr noch: ihr Einfluss wurde aus der Geschichte radiert, für ihre Leistungen bekamen Männer die Auszeichnungen. Sie wurden von Männern gebremst, ausgenutzt und ihrer Chancen beraubt. In ihrem Sachbuch „Beklaute Frauen“ stellt die Historikerin Leonie Schöler, die unter anderem auf Instagram und TikTok unter @heeyleonie Geschichtswissen vermittelt, einige der unsichtbaren Heldinnen der Geschichte vor. Sie zeigt auf, wie Denkerinnen, Künstlerinnen oder Politikerinnen im Schatten ihrer Ehemänner, Väter, Vorgesetzten oder Kollegen in Vergessenheit geraten sind.
Klug analysiert die Autorin, wie Hochzeit und Kinder die Frauen ausbremste, wie systematische Bevorteilung von Männern die Geschichtsschreibung nach wie vor beeinflusst und Macht dadurch reproduziert wird: Wer vergibt Stipendien an wen, wer bestimmt über Auszeichnungen, wer verteilt Forschungsprojekte? Sie zeigt, warum und wie weibliche, aber auch Schwarze, migrantische, behinderte, queere Leistungen unsichtbar gemacht wurden und werden.
Das Sachbuch ist dicht und geht facetten- und kenntnisreich auf verschiedene Zeiten und
europäische Länder ein. Die einzelnen Biographien stehen nicht lose nebeneinander,
sondern werden kontextualisiert und in einen Zusammenhang gestellt. Es geht nicht um
Einzelschicksale, sondern um ein diskriminierendes System. Ein wichtiges Buch, das Pflichtlektüre werden sollte und aufgrund seiner lebendigen Sprache auch nicht langweilig zu lesen ist! Dieses Werk erhellt, macht nachdenklich, gar wütend, aber stimmt auch hoffnungsvoll.
Rezension von Henriette Seydel. Sie ist Soziologin und promoviert an der Universität Augsburg zu Colonial Heritage Tourism in Tansania.