Einmal im SkinnyTok Algorithmus gefangen ist es schwer ihm wieder zu entkommen. Die For-You-Page wird regelrecht geflutet: 500 Kalorien Diäten, „What I eat in a Day“- Videos und vor allem Motivationssprüche wie „A moment on the Lips, a live time on your hips” oder “Do not treat yourself with food you are not a dog”. Auch wenn man bis jetzt das Glück hatte, noch nicht mit SkinnyTok in Berührung gekommen zu sein, sollte einem schnell bewusst sein, dass diese Ansätze wenig mit einem gesunden Essverhalten oder realistischem Körperbild zu tun haben. Sie fühlen sich eher an, wie ein Rückfall in alte Zeiten. Kate Moss häufig zitierte und eigentlich genauso oft kritisierte Aussage „Nothing tastes as good as skinny feels“ schien längst überholt und wirkt heute doch erschreckend aktuell. Hatten wir uns nicht vom Heroin chic der 90er Jahre abgewandt? Oder war Body Positivity letztendlich doch nur ein Trend?
In den letzten Jahren konnte man sich von Botschaften der Selbstakzeptanz und Selbstliebe kaum retten. So gut wie jede Werbung erinnert daran, dass wir genau richtig sind, so wie wir sind. Wir sollen uns und unseren Körper akzeptieren unabhängig von Gewicht und Kleidergröße. Man hätte denken können, dass wir uns endlich in Richtung eines realistischen und gesunden Körperbildes bewegen. Doch die Rechnung wurde ohne SkinnyTok gemacht. Hier wird nicht gefeiert, was ist, sondern ständig daran erinnert, wie ein Körper angeblich auszusehen hat. Es geht nicht nur darum dünn zu sein, man soll auch denken und handeln wie ein dünnes Mädchen. Geboren ist das sogenannte „Skinny-Girl-Mindset“. Superdünne Influencerinnen erzählen uns, dass dünn sein nur eine Frage der Denkweise sei. Sie selbst nennen ihre Sprüche „Toxic Motivation“. Also in anderen Worten: Selbsthass als Antrieb immer dünner zu werden. Ein besonders hängen gebliebener Tipp einer Creatorin: „Geh raus mach Sport im Bauchfreien Top und zeig den Leuten was für ein Schwein du bist. Nimm das als Antrieb dich zu verändern.“
Die Rückkehr zum Size-Zero-Trend ist allerdings nicht nur auf TikTok zu beobachten. Auch die Fashion Industrie, die bis vor kurzem noch so auf Diversity setze, scheint diesen Ansatz wieder vergessen zu haben. Auf den Laufstegen dominieren plötzlich wieder extrem dünne, Size-Zero-Models: Heroin Chic feiert sein Comeback. Nicht zu vergessen: Der aktuelle Ozempic Hype unter den Stars. Die Botschaft ist klar: Das Ziel ist dünn sein, koste es, was es wolle.
Wann ist es also normal geworden essgestörtes Verhalten und gesundheitsgefährdende Denkansätze, als Lifestyle zu verkaufen? Wann werden wir aufhören, den Körper als Trend zu betrachten? Und Body Positivity nicht nur als Mittel zum Zweck, sondern echte Haltung gegenüber uns selbst und anderen leben? Die aktuellen Entwicklungen scheinen uns nur weiter von diesem Ziel zu entfernen.