Catch me if you can – warum plötzlich alle Marathon laufen

Quelle: Foto von Hannes Egler auf Unsplash

Gerade läuft jeder. Egal, ob man auf TikTok oder Instagram unterwegs ist – jedes Mal begegnet man einem neuen Lauf-Post: Halbmarathon in unter zwei Stunden, 5k mit Sonnenaufgang, 5am Morning Run. Und mittlerweile sind das nicht mehr nur eingefleischte Sportler:innen, die schon seit ihrer Jugend laufen – immer mehr steigen ganz neu in den Trend ein. In der Instagram-Running-Bubble sind es meistens junge Leute in ihren Zwanzigern, zwischen Unistress, WG-Leben und Matcha am Morgen. Natürlich erfüllt nur ein kleiner Teil dieses Klischee, aber eine Tendenz in diesem Trend lässt sich schon erkennen.

Aber warum ist diese Running-Bubble gerade so ein Hype?

Running ist plötzlich ein Lifestyle – gefühlt schon ein Teil deiner Identität, wie es manchmal auf Social Media rüberkommt. Running-Clubs werden immer beliebter und organisieren mittlerweile richtige Events mit Hangouts nach dem Laufen oder zum Connecten. Die App Strava taucht immer häufiger in Instagram-Storys auf, bei denen die Distanz und Strecke deines Runs gepostet wird. Hashtags wie #runtok oder #marathontraining werden immer relevanter und zeigen das Wachstum dieses Trends, der vielleicht mehr als nur den sportlichen Aspekt des Laufens vereint…


Der psychologische Kick: das Runner’s High

Laufen kann nämlich nicht nur der körperlichen Gesundheit einen großen Boost geben, sondern hat auch viele Vorteile für die psychische Gesundheit – und könnte eine Erklärung für den Running-Trend sein. Im Gehirn werden beim Laufen Glückshormone wie Endorphine, Dopamin und Serotonin freigesetzt, die die Stimmung heben. Gleichzeitig wird das Stresshormon Cortisol heruntergefahren, und Gefühle von Stress und innerer Unruhe werden gedämpft. Oft wird dabei vom sogenannten „Runner’s High“ gesprochen – einem Gefühl zwischen Euphorie und meditativem Zustand.
(Quellen: Meeusen, R., De Meirleir, K. Exercise and Brain Neurotransmission. Sports Med 20, 160–188 (1995). https://doi.org/10.2165/00007256-199520030-00004 & Boecker, H. et al., The Runner’s High, Cerebral Cortex, 2008, https://doi.org/10.1093/cercor/bhn013)

Außerdem ist Laufen eindeutig messbar: Zeiten, Kilometer, Fortschritt. Etwas, das einem Routine geben kann – Selbstwirksamkeit oder einfach das Gefühl, irgendetwas im Griff zu haben, auch wenn alles andere gerade nur semi gut läuft.
Laufen wird also ein bisschen zu einer Form der Meditation – und vielleicht deswegen so beliebt, weil es ein einfaches Mittel ist, sich besser zu fühlen. Es gibt Routine, hebt die Stimmung und reduziert Stress.


Laufen als Selbstfindungsweg?

Gerade in den Zwanzigern macht dieser Trend nun auch mehr Sinn, denn Überforderung, Unsicherheiten und Identitäts- oder Rollenfindung sind in dieser Phase des Lebens mehr als gegeben – da helfen einem Routine und klare Ziele, um sich nicht mehr ganz so lost zu fühlen.
Running ist anscheinend ein bisschen eine neue, beliebte Art der Selbstfindung: diszipliniert, aber auch befreiend. Eine Art Selbstfürsorge, bei der man alles andere ein bisschen vergessen kann – und auf Social Media und in Running-Clubs noch dazu ein Netzwerk findet, mit dem man sich connecten und identifizieren kann.

Klar, man kann diese Running-Trend-Bubble vielleicht manchmal etwas belächeln, wenn sich nun jede:r in dieser Phase dazu entscheidet, eine „Marathon-Maus“ zu werden – über die vielen Strava-Posts, das besonders gehypte Hangout nach dem 5am Run oder die tollen Running-Outfits.
Manchmal fragt man sich vielleicht auch, ob diese Leute gerade laufen, weil sie es wirklich wollen – oder weil alle um sie herum gerade laufen? Aber selbst, wenn es nur ein „Mitlaufen“ ist: Die positiven Effekte auf die psychische Gesundheit kann man dem Laufen nicht absprechen. Und Wege zu finden, sich zu connecten oder Routinen zu etablieren, die einem Spaß machen, ist doch das Wichtigste – egal warum oder wofür man das gerade macht.


Zwischen Motivation und Depression“

Diese Antwort einer Freundin auf die Frage, warum sie einen Halbmarathon läuft und wie es sich für sie anfühlt, beschreibt wohl den Running-Trend ganz gut.
Laufen kann vieles sein: ein Motivationskick, eine Flucht, eine Methode, um Stress loszuwerden – oder einfach der Versuch, sich selbst besser zu verstehen.
Egal, warum man sich dafür entscheidet, in die Running-Bubble einzusteigen – positive Gründe gibt es genug.
(Und Running-Clubs auch ;))

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