Willst du mit mir leben?

Eine Anleitung für ein gelungenes Zusammenziehen

Text: Alexandra Kiefer, Fotos: Lisa Luthardt
Text: Alexandra Kiefer, Illustration: Lisa Luthardt

Wir haben eine Psychologin um Rat gefragt und die wichtigsten Tipps gesammelt. Außerdem erzählen zwei Pärchen von ihren Erfahrungen mit dem Zusammenziehen. Die einen haben den Umzugsstress gerade erst hinter sich, die anderen leben schon seit vier Jahren zusammen.

Wie sagten noch alle am Ende der Schulzeit? „Jetzt beginnt der Ernst des Lebens.“ Für viele Studenten bedeutet das auch, allein in eine fremde Stadt zu ziehen und neue Bekannt- und Liebschaften zu finden. Wird eine feste Beziehung daraus, kommt vielleicht die Frage nach dem Ernst der Liebe auf: Wollen wir den nächsten Schritt wagen und bald zusammenziehen?

Tipp 1: Der perfekte Zeitpunkt

„Bald“ kann hier aber alles heißen. Manche Paare können schon nach wenigen Wochen nicht mehr ohne einander, andere warten ab, bis wichtige Meilensteile passiert sind: der erste gemeinsame Urlaub, der erste große Krach, der erste Jahrestag. Gibt es einen perfekten Zeitpunkt? Dr. Doris Wolf, eine Diplom-Psychologin, erklärt, dass sich die Partner gut kennen sollten. Die jeweiligen Lebenspläne und -vorstellungen müssen klar sein. Zudem darf die rosarote Brille nicht alles verspiegeln: „In der Verliebtheitsphase idealisiert man und verlässt sich nur auf seine Gefühle. Zieht man da schon zusammen, gerät die Partnerschaft beim Erkennen der Fehler des anderen bereits in die erste Krise.“ Wer die Schwächen seines Partners vorher kennt, erlebt keine bösen Überraschungen.

Tipps 2 & 3: Der beste Umgang mit Fehlern und der Hausarbeit

Schwierig wird es, wenn die Schwächen keine kleinen Macken mehr sind wie die unzähligen, verlorenen Haare auf dem Boden oder der fehlende Sinn für Mülltrennung. Diese Dinge sollte man nicht krampfhaft umerziehen, sondern akzeptieren lernen, betont Dr. Wolf. Doch verstößt der Partner mit seinen Handlungen gegen die wichtigsten eigenen Prinzipien, muss er erfahren, wie sehr man darunter leidet und es braucht eine gemeinsame Lösung. Sollte sich also einer der beiden dem Umweltschutz verschrieben haben, ist auch die Diskussion um den Müll wieder in Ordnung.

Wer den Müll runterbringt, ist auch noch so eine Frage. Anders als in WGs klingt ein Putzplan in der Pärchen-Harmonie nach unnötiger Kontrolle. Schließlich ist, wie Dr. Wolf sagt, „erst einmal Vertrauen gegenüber dem Partner da. Man sollte aber nicht blauäugig davon ausgehen, dass sich alles einspielen wird.“ Gemeinsam überlegen und ausloten ist hier die Devise: Was steht alles an, wer macht was gerne oder besonders gut und ist die Last der Hausarbeit auch gleich verteilt? Diese Fragen sollten Paare am Anfang klären und danach ihr System regelmäßig überprüfen.

Tipp 4: So bleibt die Liebe frisch

Auch die Beziehung selbst verträgt nach einiger Zeit eine Art „Check-Up“. Sobald ein Paar die erste Zeit der trauten Zweisamkeit ausgiebig genossen hat, kann es vorkommen, dass der Partner selbstverständlich wird und Kleinigkeiten einen großen Streit entfachen. Damit das nicht passiert, gibt Dr. Wolf hilfreiche Tipps. Gemeinsame Pläne und regelmäßige Rituale, wie eine Reise oder das gemeinsame Schaumbad, steigern die Sehnsucht und prägen positive Erfahrungen. An die sollte man sich oft zurückerinnern, genauso auch an die Anfangszeit der Beziehung und die positiven Eigenschaften des Partners. Regelmäßige Komplimente und kleine Aufmerksamkeiten pflegen ebenfalls die Liebe. Neben dem Austausch über den Alltag sind ebenso offene Gespräche über Trauer und Ärger wichtig. Zudem muss ab und an geklärt werden, ob beide noch dieselben Vorstellungen vom Leben und der Beziehung haben. Außerdem braucht eine Partnerschaft auch Distanz: Zeit getrennt voneinander hilft die gemeinsame Zeit besser genießen zu können.

Dr. Doris Wolf

Dr. Doris Wolf ist bereits seit 30 Jahren als Diplom-Psychologin tätig. Neben ihrer Arbeit in einer Psychotherapiepraxis in Mannheim veröffentlicht sie auch Ratgeber und tritt als Expertin in Fernsehen und Radio auf. Auf ihrer Website www.partnerschaft-beziehung.de geben ihre Texte erste Hilfe bei Beziehungsproblemen.

Anna (30) und Tobias (30) sind über zwei Jahre ein Paar und leben seit zwei Monaten in ihrer ersten gemeinsamen Wohnung.

Presstige: Wie verlief euer Umzug?

Tobias: Es gab kleine Katastrophen, die anfangs die Stimmung gedrückt haben: ein Wasserschaden und ein kaputter Kabelanschluss in der Wohnung. Und die Couch, auf der wir sitzen, kam zuerst mit dem falschen Muster.

Gab es bereits einen ersten Streit in der neuen Wohnung?

Anna: Einen großen Krach hatten wir noch nicht. Aber es gibt immer wieder Kleinigkeiten, wie Möbelstücke oder Angewohnheiten des anderen, die einem nicht passen und wegen derentwegen wir diskutieren.

Habt ihr Angst, dass euch die neue Nähe mal zu viel wird?

Anna: Eine gemeinsame Wohnung stellt die Beziehung auch auf die Probe. Wir haben da schon etwas vorgesorgt: Ich habe ein eigenes Zimmer als Rückzugsort. Bisher habe ich das aber noch nicht gebraucht.

Barbara (30) und Matthias (32) lernten sich während der Schulzeit kennen und führten acht Jahre lang eine Fernbeziehung bis sie vor vier Jahren in ihre erste gemeinsame Wohnung zogen.

Presstige: Warum seid ihr damals zusammengezogen?

Matthias: Mit dem Ende des Studiums war zwar noch nicht völlig klar, wohin es beruflich mit uns gehen sollte, aber wir wollten das einfach probieren. Nach und nach haben wir mit den ersten Gehältern unsere Möbel gekauft.

Worüber streitet ihr euch am häufigsten?

Barbara: Wir streiten uns nur selten. Im Alltag gibt es zwar Kleinigkeiten, die stören, aber das meiste hat sich geregelt. Anders als anfangs erledige ich jetzt mehr von der Hausarbeit, weil ich früher zu Hause bin und wir die gemeinsame Zeit so besser genießen können.

Wie hat sich eure Beziehung mit der gemeinsamen Wohnung verändert?

Matthias: Die größte Veränderung kam vor ein paar Wochen: Wir haben geheiratet (sie zeigen lächelnd die Ringe). Unsere Leben und unsere Beziehung haben sich gefestigt, seit wir hier eingezogen sind.

Ausgabe 27: Wohnen Dieser Artikel erschien zuerst in Ausgabe 27 unseres gedruckten Magazins.

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