Von Pogo, Fashionistas und Grabsch-Attacken

Das Modular-Festival in der Retrospektive

Vorbereiten auf den Extremfall: 50-Cent-Einweg-Regenponcho überstreifen, die Beine mit Frischhaltefolie einwickeln, das Ganze mit Gaffa-Tape fixieren und mit einem Spritzer Imprägnierspray versiegeln. Ein Erfahrungsbericht vom Modular-Festival 2013.Kleider_LeuteSchon Tage vorher hatte der Wetterbericht eine hundertprozentige Regenwahrscheinlichkeit angekündigt. Das Modular drohte ins Wasser zu fallen. Davon ließ sich jedoch kaum ein Festivalbesucher abschrecken. Sicherheitshalber fand das Jugend- und Popkulturfestival in diesem Jahr aber nicht wie gewohnt teilweise im Wittelsbacher Park statt, sondern nur im angrenzenden Kongresszentrum. Ein Faktum, dass nicht allen bekannt war…

Heut ist alles drin!

Gerüstet für den Aufenthalt in einem Schützengraben, eiern wir durch den Regen zum Ort des Geschehens. Es scheint als wäre die Menge am Kochen. Ekstatisch rutschen wir auf heißen Gummisohlen durch die Kongresshalle zum Ausgang Richtung Parkbühne. Ein Türsteher stellt sich in unseren Weg: „Heut ist alles drin!“ Verdammt.

So stehen wir da, wie zwei Pylonen in Ganzkörper-Regen-Kondomen. Und als wir uns umsehen, finden wir uns plötzlich zwischen der Fashion-Elite Augsburgs wieder. Menschen, denen das Wort Regenponcho ein Graus ist und denen man die mehrstündige Prozedur vor dem Kleiderschrank deutlich ansieht.

Und wer sein perfektes Festival-Outfit noch nicht gefunden hatte, der konnte diesen Zustand auch noch vor Ort beheben: Beim Kreativmarkt konnten die Festivalbesucher ihre zweite Haut tauschen, bei der Making Augsburg Sackerl Session gleich eine ganz neue nähen. Nebst emsigen Näherinnen gab es unter anderem viele Workshops zum Thema Musik. Damit bot das Modular Festival auch in diesem Jahr wieder ein vielseitiges Programm. Aber Moment, haben wir da nicht etwas Wichtiges vergessen?

Ein bisschen Musik gab es auch

Ein bisschen Musik gab es auf dem Modular-Festival sogar auch. Neben den Headlinern wie Frittenbude, Thees Uhlmann und The Notwist überzeugten einige Lokalmatadoren. Gerade die wilde Aichacher Blaskapelle TSSHO, besser bekannt als The Sensational Skydrunk Heartbeat Orchestra, sorgte mit Akkordeon und Trompete für unerwartet gute Stimmung. Und weniger lokal, dafür umso mehr Matador, lockten die Jungs vom Beginner Soundsystem auch den letzten Gangster-Rapper hinter den Unterhosen mit Bügelfalte hervor.

Nun kennt ihr die musikalischen Favoriten der Redaktion, aber auch offiziell gab es ein paar Gewinner. Darunter: eRRdeKa. Der 22-jährige Rapper überzeugte mit Hits, wie „Ja ich bin Hipster“ und „Edoppelr“ und gewann den Pop-Preis Roy in der Kategorie ,Bester Nachwuchskünstler‘. Schon zum zweiten Mal wurde der mit 1000 Euro dotierte Preis am ersten Tag des Modular-Festivals verliehen. Weiterhin gewannen der Augsburger Singer/Songwriter Benni Benson als Künstler des Jahres, das Schwarze Schaf als Club des Jahres und die Macher von In Your Face – Art Exhibition + Disco als Programm-Macher des Jahres.

Bei einer so hohen Promi-Dichte war es dann auch nicht verwunderlich, dass die Stimmung kochte. Im Gedränge während der Konzerte kochte sie bei manch einem sogar über.
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It’s getting hot in here

Im Pogo wurde nicht nur die Luft extrem heiß. Wie Autorin Magdalena am eigenen Leib erfuhr, baute sich zwischen keuchendem Atem, falschen Tönen, individualisierten Textinterpretationen und Weltrekorden im Standhochspringen eine knisternde Atmosphäre auf. Angefeuert von Frittenbude-Frontmann Johannes Rögner, der zur Umarmung aufgerufen hatte, nahm sich ein junger Mann eine gute Handvoll Magdalena. Und ist sie deswegen sauer geworden? Nein. Es lag Liebe in der Luft – irgendwo zwischen verdunstetem Schweiß und Bier. Ob das mit Magdalena und dem Grabscher etwas geworden ist? Leider nicht, aber das Modular-Festival bekommt von uns dennoch einen hohen Flirt-Faktor attestiert. How I met your mother: „Ich habe sie im Pogo begrabscht und deshalb sind wir ins Gespräch gekommen.“

Spaß und Liebe für 20 Euro – das gibt’s nicht mal im Puff. Wer also einmal einen Kosten-Nutzen-Vergleich bemüht, der wird schnell merken: Es muss nicht immer das ganz große Festival sein, um das ganz große Erlebnis zu haben. Denn Augsburg hatte sie an diesem Wochenende alle: Die Mode, die Musik, die Kunst, die Liebe und das Ganze im Trockenen!

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