Zwei Stellungnahmen zur Entlohnung in sozialen Berufen
Sie sind diejenigen in unserer Gesellschaft, die sich um Kinder, Alte und Menschen in Not kümmern und am Ende trotzdem häufig leer ausgehen. Dabei fördern die Aussicht auf wenig Wertschätzung, niedrige Bezahlung und eine geringe Rente nicht gerade die Attraktivität sozialer Berufe, insbesondere in der jüngeren Generation. Im Folgenden nehmen eine angehende Erzieherin sowie ein langjähriger Sozialarbeiter Stellung zum Thema: Sie erzählen über ihre Liebe zum Beruf und welche Rolle, Geld dabei spielt. Als Erfahrener in dieser Branche gibt Hans Krauss außerdem hilfreiche Tipps, um finanziell bestehen zu können.
Katharina Zitzelsberger (20), angehende Erzieherin
Einstiegsgehalt einer Erzieherin: ca. 1400 € netto (abhängig von der Einrichtung)
„Ich wollte schon immer einen aktiven Beruf ausüben, der jeden Tag aufs Neue eine Herausforderung mit sich bringt. Deshalb habe ich mich dazu entschieden, Erzieherin zu werden und absolviere aktuell mein viertes und damit vorletztes Ausbildungsjahr. Insbesondere die Verantwortung, die ich gegenüber Heranwachsenden trage, sowie der hohe Praxisanteil gefallen mir sehr. Beispielsweise arbeiten wir in den ersten zwei Ausbildungsjahren in jeweils zwei verschiedenen Einrichtungen und gehen einmal die Woche zur Schule. Die fünfjährige Ausbildungszeit ist speziell in diesem Beruf sinnvoll und wichtig, aber andrerseits natürlich auch sehr langwierig. Außerdem verdienen wir in den ersten zwei Jahren vergleichsweise wenig. Häufig nur zwischen 200-400 € netto, obwohl wir genauso Vollzeit arbeiten. Im letzten Jahr verdient man bereits 80 % des Gehalts einer ausgebildeten Erzieherin. Viel Luft nach oben ist später demnach nicht mehr. Tatsächlich wird einem als Erzieher/in nicht viel Wertschätzung entgegengebracht. Eltern wünschen sich die allerbeste Bildung und Betreuung für ihr Kind, würdigen einen aber dennoch so wenig.
Schwerpunkt: Geld
Das Studentenleben dreht sich häufiger darum, als uns manchmal lieb ist: Geld. Ganz egal, ob wir es brauchen, um es in Bier zu investieren, den Kühlschrank zu füllen oder es für unsere kleinen Träume zurückzulegen. Darum widmet die presstige-Redaktion dem Geld einen Schwerpunkt. Alle bisher erschienenen Beiträge sind hier gesammelt.
Natürlich gibt es auch in diesem Beruf immer wieder Menschen, die nicht mit vollem Herzen dabei sind. Man merkt bereits während der Ausbildung, wem etwas an seiner Arbeit liegt und wem nicht. Auch fällt auf, dass die Bezahlung für viele Interessierte abschreckend wirkt. Wenn wir auf Berufsmessen unsere Arbeit vorstellen, fragen die meisten gar nicht mehr nach, sondern gehen bereits davon aus. „Da verdient man aber nicht viel, gell“, heißt es dann immer. Aus diesem Grund entscheiden sich viele dann doch für einen anderen Job. Meine Bezahlung reicht momentan völlig aus, da ich noch zu Hause wohne und von meinen Eltern unterstützt werde.
Wenn ich an die Zukunft denke, mache ich mir ganz klar Gedanken um meine finanzielle Lage. Mir ist bewusst, dass ich meine Ausgaben im Blick behalten muss – viel mehr noch als in anderen Berufen! − und keinen verschwenderischen Lebensstil an den Tag legen darf. Einige rieten mir aufgrund der schlechten Bezahlung davon ab, Erzieherin zu werden, aber in meinen Augen kommt es nicht nur auf die Bezahlung an. Eine Arbeit, die zwar viel Geld einbringt, mir aber ansonsten keine Freude bereitet, würde mich nicht glücklich machen.”
Hans Krauss (50), erfahrener Diplompädagoge
Monatseinkommen: bei einer 75% Stelle: 1871,64 € netto
„Ich habe soziale Arbeit sowie Erziehungswissenschaften studiert und besitze eine Zusatzqualifikation als Jungenarbeiter. Bei der gleichen Qualifikation verdienen Menschen in anderen Arbeitsbereichen oder der Industrie mindestens das Doppelte. Dass die Entlohnung im erzieherischen Bereich hierzulande so miserabel ist, hat meiner Meinung nach mit der Wertschätzung des Menschen an sich zu tun. Gibt es denn einen edleren Beruf, als Menschenkinder zu bilden und zu erziehen? Wohl kaum. Die Politiker hierzulande träumen von bestens qualifizierten Schulabgängern und Auszubildenden. Eine bessere Entlohnung, um diesen Beruf auch für engagierte, junge Menschen attraktiver zu machen, gibt es dennoch nicht. Kein Wunder, dass gerade in den vergangenen Jahren manche Mädchen, die sehr unsicher in der Berufswahl sind, „halt“ Erzieherinnen werden. Das ist die bessere Alternative im Vergleich zu einer Friseuse bzw. einer Bäckerei- fachangestellten. Beobachtet man diese dann beim Ausüben ihres Berufes, dann trielen einige vor sich hin, dass es einem Vollblutpädagogen davor geradezu graust. Hut ab allerdings vor den jungen Leuten, die den Beruf aus innerster Überzeugung ausgesucht haben und ihn dementsprechend ausüben!
Die Entscheidung, Sozialarbeit zu studieren, kam daher, dass die Zukunftsperspektiven für evangelische Theologen Ende der 80er in der “alten” Bundesrepublik schlecht waren. Sozialarbeit aber ist so etwas wie “angewandte, praktische Theologie” und galt damals noch als absolut krisenfest, was heute natürlich schon lange nicht mehr der Fall ist. In den Nullerjahren gab es ein Überangebot an arbeitssuchenden Kollegen. Dann kam die Idee auf, Sozialarbeit projektabhängig zu bezahlen mit der Folge, dass eine finanziell lineare Zukunftsplanung vielfach nicht mehr möglich ist. Angesichts dieser Tatsache gilt es, clever zu agieren und beispielsweise im Ausland nach wesentlich lukrativeren Stellen Ausschau zu halten! Bezüglich des Rentenalters sollte sich jeder Sozialarbeiter rechtzeitig Gedanken machen und bereits früh privat vorsorgen. Dass Sozialarbeiter ansonsten am Rande der Altersarmut leben, ist so gut wie sicher. Aufgrund der inakzeptablen Entlohnung habe ich es mir außerdem auf die Fahne geschrieben, allen jungen Menschen eine vor allem finanziell bessere Alternative aufzuzeigen, so beispielsweise den Beruf des Lehrers zu wählen. Drei junge Menschen sind meinem Ratschlag bisher gefolgt und damit sehr glücklich!”