Quidditch an der Uni Augsburg

Von zerbrechenden Besen und einem fahrrad-fahrenden Schnatz

Text & Fotos: Palina Dautfest
Text & Fotos: Palina Dautfest

Eigentlich kein ungewöhnlicher Anblick: Donnerstagabend sind auf dem Gelände des Augsburger Hochschulsportzentrums ein paar Studenten zu sehen, die sich Bälle zuwerfen. Etwas stutzig machen einen jedoch die langen, hölzernen Stäbe zwischen deren Beine. Als großer Harry Potter-Fan brauche ich nicht lange, um mir dieses skurrile Bild zu erklären: Die Studenten spielen Quidditch!

Verantwortlich dafür, dass Augsburger Studenten seit diesem Sommersemester Quidditch als Hochschulsportart im Kursprogramm vorfinden (es steht da einfach so zwischen Lacrosse und Rugby, als wäre es das Selbstverständlichste auf der Welt), ist Johannes Lotz. Der Global Business Management Student trainiert die Augsburger Quidditch Mannschaft. Nachdem eine Freundin von ihm erst mit 18 Jahren zum ersten Mal ein Harry Potter Buch gelesen hatte und seitdem wie die meisten zum regelrechten Potter-Nerd mutierte, entstand die gemeinsame Idee, Quidditch zu spielen. Wie sich dann herausstellte, existiert Quidditch längst nicht nur auf fliegenden Besen in Harrys magischer Welt.

Studenten des Middlebury Colleges im US-Staat Vermont wagten sich 2005 als Erste auf die Besen und fanden in kurzer Zeit nicht nur im amerikanischen Raum unzählige Anhänger, sondern auf der ganzen Welt. In Frankreich und Italien beispielsweise gibt es starke Mannschaften, sowie selbstverständlich in Großbritannien – wo sonst, wenn nicht in Harry Potters Heimat selbst? Aber auch Länder, von denen man es weniger vermuten würde, wurden vom Quidditch-Fieber gepackt: Auf den Philippinen oder in Uganda bildeten sich erste junge Teams. Zweimal fanden bereits Weltmeisterschaften im Quidditch statt, die sog. Global Games. Bis der Hype nach Deutschland überschwappte, dauerte es ein bisschen: Die TU Darmstadt war im April 2014 die erste deutsche Universität mit einem Quidditch-Team im Hochschulsportangebot. Inzwischen gibt es elf deutsche Unis, an denen der Besensport gespielt wird.

Die Spielregeln und Title 9 ¾

„So“, sagte Wood, „pass auf. Quidditch ist leicht zu verstehen, auch wenn es nicht leicht zu spielen ist. Jede Mannschaft hat sieben Spieler. Drei von ihnen heißen Jäger.“ – Fast genauso wie es Harrys Quidditch-Trainer Oliver Wood in J.K. Rowlings berühmten Romanen beschreibt, sind die Regeln auch in der Realität: Die drei Jäger versuchen einen Volleyball, das Muggel-Äquivalent eines Quaffels, durch die von Trainer Johannes selbst gebauten Torringe zu werfen. Diese werden jedoch von einem Hüter bewacht, der ähnlich wie beim Fußball Tore verhindern soll. Jeder Treffer erzielt zehn Punkte. Währenddessen sind zwei Treiber den Jägern mit Klatschern, hier Völkerbälle, auf den Fersen und wollen diese damit abwerfen. Ist ein Spieler getroffen, muss er seinen Besen fallen lassen und zu seinen eigenen Torringen gehen.

Die wichtigste Aufgabe haben jedoch die Sucher: Sie müssen den Schnatz fangen. Da bisher noch kein goldener, kleiner Ball mit eingebauten Flügeln auffindbar war, muss ein Tennisball in einer Socke herhalten. Dieser ist am Hosenbund eines neutralen Spielers befestigt. Nach ca. acht bis zehn Minuten darf dieser auf das Spielfeld. Wird der Schnatz gefangen, erhält die jeweilige Mannschaft 30 Punkte. Am Ende gewinnt das Team mit den meisten Punkten. Klingt alles gar nicht so schwer? Ist es auch nicht – ihr habt schließlich nur die ganze Zeit über einen Besenstiel zwischen den Beinen und müsst deshalb einhändig spielen. Easy going!

In dem 170-seitigen Regelwerk der US Quidditch (USQ) ist noch eine weitere Besonderheit festgelegt: Der Title 9 ¾ (benannt nach dem berühmten Bahngleis am Londoner Kings Cross Bahnhof) besagt, dass jedes Team, somit auch die Augsburger Mannschaft, mindestens zwei Spieler haben sollte, die sich mit einem anderen Geschlecht identifizieren als ihre Mitspieler. Somit wird Geschlechtergleichheit gefördert, was im Sport eher eine Ausnahme und deshalb umso schöner ist!

No pain, no gain

Während ich beobachte, wie die Studenten mit ihrem Besenstiel über das Feld flitzen, frage ich mich bald, ob denn schon jemand dabei verletzt wurde. Immerhin ist beim Quidditch, ähnlich wie beim Rugby, Vollkörperkontakt erlaubt. Johannes selbst hat bisher noch keine Verletzungen aufgrund des Besens erlebt. Trotzdem scheint der Sport nicht ganz risikofrei zu sein: Neben etwa. fünf bis sechs Besen, die während eines Trainings zu Bruch gehen können, bekommt man als Spieler auch schon mal einen Besenstiel in den Bauch, wie der Kapitän des Oxford Quidditch Teams, Angus Barry, in einem Artikel der Zeit erzählte.

Neben Vorfällen wie diesen, ergriff der Spieler, an dem der Schnatz befestigt war, bei einem Spiel gegen Oxford sogar einmal die Flucht: Er raste mit dem Fahrrad bis zu einem Park davon und musste dort von den Suchern geschnappt werden. In der Augsburger Mannschaft ist bisher jedoch keiner in den Siebentischwald geflohen. Auch sonst sieht das Spielen ziemlich friedlich und nach jeder Menge Spaß aus. Verschafft euch doch einfach selbst einen Eindruck auf unseren Fotos:

 

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