Wie immer, wenn ich das Liliom betrete, liegt ein süßer Popcornduft in der Luft und ich bekomme Lust auf zwei entspannte Stunden mit einem guten Film… doch heute bin ich nicht wie sonst hier, um mich im Kinosessel von einem Film fesseln zu lassen, ich bin hier um etwas zu „lernen“. Die Geschäftsführung des Liliom bietet den Besuchern des Kinos nämlich einen Workshop an, bei dem man hinter die Kulissen eines Programmkinos blicken kann. Da man als Besucher im Normalfall nur den Karten- bzw. Süßwarenverkauf sowie den Film zu sehen bekommt, finde ich die Idee super und wollte diese Möglichkeit, mehr über das Tun und Handeln eines kleinen Arthouse-Kinos zu erfahren, auf jeden Fall nutzen. Was alles thematisiert wurde und was in einem Programmkino so alles abgeht, möchte ich nun in diesem Artikel mit euch teilen.
Der Workshop fand in einem der Kinosäle des Liliom statt, eine ungewohnte Situation im Kinosessel zu sitzen und zu wissen: heute kommt kein Film. Zu Beginn der Veranstaltung haben sich die Referenten erst einmal vorgestellt, darunter die Geschäftsführer des Liliom, Daniela Bergauer und Michael Hehl sowie ein Vertreter des „Weltkino“-Filmverleihs, David Feucht.
Dass sich ein Programmkino von den großen Filmpalästen wie Cinemaxx, Cinestar und wie sie doch alle heißen, unterscheidet, ist wohl jedem klar. Aber was macht denn nun ein Programmkino genau aus?
Zuerst einmal richten sich die Filme, die in einem Programmkino laufen, nach dem Standort des jeweiligen Kinos. Grund dafür ist, dass nicht jeder Film überall gleich gut angenommen wird, wie ich im Workshop erfahren habe. Als Beispiel nennt Geschäftsführerin Daniela Bergauer den Film „Der Junge muss an die frische Luft“, der das Leben von Hape Kerkeling erzählt. Dieser wurde im Norden von Deutschland mehr angeschaut, als bei uns hier in Bayern. Daneben steigt auch für lokale Amateur-Filmemacher die Chance, dass sie in einem Programmkino wie dem Liliom mal einen ihrer Filme zeigen können.
Aber nicht nur der Standort ist entscheidend, ein Kino wie das Liliom arbeitet auch sehr zielgruppenorientiert. Das heißt, dass sich das Programm eher an den Programmwünschen der 50-59-jährigen Besucher orientiert, da diese Altersgruppe am meisten ins Kino geht. Die Zahl der Kinobesuche der Gruppe der 20-29-jährigen hingegen nimmt ab, was zum Teil wohl auf Streaming-Dienste wie Netflix zurückzuführen ist. Ich persönlich kann das nicht verstehen, kein Netflix-Abend kann einen Kinobesuch mit einer guten Tüte Popcorn und einer kleinen Cola ersetzen.
Letztlich versucht das Liliom auch, Filme auszusuchen, die sich gut mit Events verbinden lassen. So kommt zum Beispiel gelegentlich der Regisseur des gezeigten Films für eine Diskussion mit den Zuschauern vorbei oder es werden zum Kinostart eines neuen Films vorab alte Film des Regisseurs gezeigt. Dies ist übrigens bald wieder der Fall, um auf den neuen Film von Quentin Tarantino „Once upon a time in Hollywood“ einzustimmen, zeigt das Liliom Klassiker wie „Inglorious Basterds“ oder „Django Unchained“. Wie sich am Ende in der Diskussionsrunde des Workshops gezeigt hat, kommt ein Event besonders gut bei den Kinobesuchern an: „Cinema in Concert“ und die anschließenden Partys mit DJ in der Liliom-Bar. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass dieses Kino-Special in jedem Fall mal einen Besuch wert ist! Und auch wer einen Film gerne mal in der Originalsprache sehen möchte, kommt im Liliom auf seine Kosten, denn Montag ist OMU-Tag (=Original mit Untertitel). Diese Möglichkeit bieten die großen Kinos meistens nicht an, weil der Großteil der deutschen Kinobesucher Wert auf Synchronisation legt.
Beim Thema Filmauswahl stellt sich jetzt nun für viele bestimmt noch eine Frage: Da die Besitzer eines Programmkinos in der Filmauswahl immer etwas freier sind als die Multiplexkinos, laufen dann im Programmkino nur Filme, die den Betreibern auch gefallen? Dies haben Daniela Bergauer und Michael Hehl jedoch verneint, man muss ja auch wirtschaftlich denken und seinen Unterhaltungsauftrag als Kino erfüllen. Außerdem gibt es ab und zu einfach Must-Have-Filme, die man ins Programm aufnehmen muss, wie zum Beispiel „Bohemian Rapsody“. Zudem haben die Besitzer des Kinos auch nicht die Zeit, jeden Film, der läuft, im Voraus selbst zu sichten. Aber immerhin ca. 75% der Filme haben die Beiden gesehen, bevor sie auf den Liliom-Leinwänden flimmern.
Ein weiteres Thema, das im Workshop angesprochen wurde, war die Kalkulation des Eintrittspreises. Hier denkt sich jetzt erst mal jeder: „*stöhn* Kino ist so teuer!“. Und tatsächlich sind die Eintrittspreise im Durchschnitt die letzten Jahre gestiegen. Aber betrachtet man die andere Seite, die der Kinobetreiber, wird schnell ersichtlich, warum ein Ticketpreis von 9€ wohl doch gerechtfertigt sein kann. Zuallererst fließen die Ticketeinnahmen ja nicht direkt und zu 100% in die Geldbeutel der Kinobesitzer. Circa die Hälfte des Ticketpreises und manchmal sogar mehr als die Hälfte gehen an den Filmverleih, also die Firma, die das Kino sozusagen mit den Filmen versorgt. Daneben hat ein Kino natürlich auch noch andere Ausgaben: Strom, Miete, Personal, Technik bzw. anfallende Reparaturen, Nebenkosten und Modernisierungsmaßnahmen wollen ja auch finanziert werden. Deshalb spielen neben dem Filmgeschäft an sich ebenfalls Snacks und Getränke eine wichtige Rolle für die Einnahmen. Im Falle des Liliom kommt an dieser Stelle aber natürlich noch der Biergarten und die Bar als großer Pluspunkt hinzu. Alles in allem spricht sich das Betreiberteam gegen ein Preisdumping im Bereich Kino aus, da dies den Tod der Programmkinos bedeuten würde und ein Film als Kulturgut oder auch als Kunstobjekt immer noch einen gewissen Wert haben sollte.
Wenn ich nun im Nachhinein den Workshop Revue passieren lasse, war das ganze Event ein voller Erfolg. Ich habe viel Interessantes erfahren und einen super Einblick bekommen. Das alles in einer entspannten Atmosphäre, in der man zwischendurch auch immer Fragen stellen konnte. Nur einen Bruchteil von dem, was erzählt oder gezeigt wurde, kann ich hier in meinem Artikel wiedergeben, deshalb rate ich allen, die sich für das Thema interessieren, selbst mal im Liliom vorbeizuschauen, denn der nächste Workshop ist bereits für Herbst in Planung!