Mittwoch früh, 8:30 Uhr, ich schleppe mich verschlafen ins Bad, nehme Zahnbürste und Zahnpasta und beginne, mir die Zähne zu putzen. Ich hab es eilig, klar, immer komme ich zu spät. Schnell springe ich unter die Dusche, drücke mein Shampoo aus der Plastiktube, Conditioner, Shower Gel, Rasierschaum, Rasierer. Ich creme mir den Körper und das Gesicht ein und nutze meine Asthma-Medizin. Make-Up ins Gesicht, Puder, Concealer, Wimperntusche verwischt, Mist – Wattestäbchen, Lippenstift, Kajal. Schnell noch Deo.
Warum ich euch meine chaotische Morgenroutine aufzähle? In der ersten halben Stunde meines Tages komme ich auf 18 Plastikprodukte, die ich auf kurz oder lang wegwerfen werde. Wegwerfplastik also. Als wir begonnen haben über unseren Plastikverbrauch zu reden, dachte ich noch, “Schön und gut, wichtiges Thema und super interessant. So viel Plastik verwende ich aber gar nicht. Immerhin gehe ich immer brav mit Jutebeuteln einkaufen.” Jetzt kann ich sagen: weit gefehlt! Denkt man sich mal für einen kleinen Moment durch seinen Alltag, wird einem erst richtig bewusst, wie sehr jeder Bereich unserer Gesellschaft auf Plastik angewiesen ist. Geht doch mal mit plastik-geprimten Augen in eine Drogerie, uns persönlich wurde ein bisschen schlecht. Unser Vorhaben: eine Woche komplett auf Plastik verzichten. Wie schwer kann das schon sein? Schnell wurde aus einer Woche zwei, denn schon gekaufte Produkte müssen erst aufgebraucht werden, dann drei. Dies und jenes kann man übrigens so und so ersetzen. Mittlerweile versuchen wir seit fast 6 Wochen auf Wegwerfplastik zu verzichten. Es ist ein Prozess und jeden Tag wird weiter nach neuen Alternativen gesucht.
Es gibt mittlerweile bestimmt schon tausende solcher Artikel, dennoch würden wir gerne unsere Reise mit euch teilen. Euch erwartet hier kein Masterplan, sondern eher unsere Erfahrungen, Tipps und Tricks aber auch unsere Schwierigkeiten mit dem Thema.
Der tagtägliche Einkauf im Supermarkt
Fangen wir mit den grundlegenden Dingen an: Der erste Lebensmitteleinkauf wirkt relativ ernüchternd. Zugegeben – ich bin da ohne Hintergrundwissen und ohne Rezept oder Plan rein. Eine halbe Stunde später, besteht mein Resultat aus Gemüse, das auch nicht sonderlich vielseitig aussieht, sowie Milch, Joghurt und Gewürzgurken im Glas. Meine ersten Gedanken? Wie soll ich ohne Käse auskommen, oder tatsächlich eben auch, ohne Fleisch? Tatsächlich finde ich im Rewe meiner Wahl keinen Käse und kein Fleisch ohne Plastikverpackung. Geht man an die Sache etwas systematischer ran, finden sich auch im herkömmlichen Supermarkt “plastikfreie” Alternativen. Um Papier-, Papp- und Glasverpackungen kommt man dabei nicht rum.
So komme ich am Ende doch auf ein gutes plastikfreies Frühstück. Obst, Joghurt im Glas, Haferflocken in Papier, Honig im Glas, Eier in Pappe, Aufstriche und Nutella in Gläsern, auch Brot gibt es beim Bäcker ohne Probleme plastikfrei. Schwieriger wird es für herzhafte Frühstücker, die gerne Käse, Wurst oder Speck essen. Für Mittag- und Abendessen gestaltet sich der Einkauf ebenfalls nicht leicht: Reis und Nudeln finden sich nur in Plastik. Selbst die Nudeln, die in einem Pappkarton daherkommen, haben noch ein kleines Fensterchen aus Plastik. In der Gemüseauswahl ist man plötzlich auch eingeschränkt. Ausgerechnet der Brokkoli ist ausnahmslos in Plastik verpackt und wird deswegen schweren Herzens im Laden zurückgelassen. Auch Salate oder Champignons, wie auch Kräuter und Gewürze kommen in herkömmlichen Supermärkten quasi nicht ohne Plastik aus. Genauso sieht es übrigens mit jeglichem Putzmittel oder auch Küchentüchern und Klopapier aus.
Wohin also, um all diese Dinge ohne lästige Plastikverpackung zu bekommen?
Es gibt noch Hoffnung für meinen Brokkoli: Für frisches, regionales und verpackungsfreies Obst und Gemüse kann man immer zum Stadtmarkt*, wer also in Innenstadtnähe wohnt oder auf dem Heimweg am Kö vorbeifährt, kann ohne Probleme dort plastikfrei kaufen. Gerade auch eigentliche Drogeriemärkte haben mittlerweile eine Lebensmittelabteilung. Bei DM* zum Beispiel gibt es Nudeln in Papierverpackung, viele Brotaufstriche und auch Kekse.
Und rutaNatur*, ein Traumladen für jeden, der plastikfrei leben möchte. Der Unverpacktladen in der Prinzregentenstraße bietet so ziemlich alles, was das Herz begehrt. Es fängt an mit Haferflocken, Nüssen, Nudeln, Reis, Obst, Gemüse und so ziemlich allem anderen, was sich in großen Mengen kaufen lässt. Einfach Tupperdosen oder leere Einweggläser mitbringen, stöbern und shoppen. Außerdem finden sich hier Putzmittel aller Art, die man sich selbst “zapfen” kann, sowie Klo- und Küchenpapier. Auch Butter, Käse, Milch, Sahne und Joghurt, gibt es hier plastikfrei. Einziger Nachteil: es kann teuer und schwer werden.
Körperhygiene und Plastikfrei?
Bei rutaNatur* findet ihr übrigens auch einiges zur Körperpflege. Seit einiger Zeit sind die festen Shampoos in aller Munde (also nicht wortwörtlich, ihr wisst was ich meine): Ich als Teilzeit-Öko bin vor etwa anderthalb Jahren auf den Trend aufgesprungen. Ergebnis meiner Langzeitstudie: Effektiv, platzsparend und sogar gut für den Geldbeutel, da sie eine sehr lange Lebensdauer haben. Es handelt sich dabei einfach gesagt um konzentriertes Shampoo und ihr bekommt es mittlerweile sogar für wenig Geld in der Drogerie (z.B. Alverde* festes Shampoo bei DM*). Es gilt einfach durchprobieren, nicht aufgeben und nicht frustriert sein, wenn’s manchmal doch nicht ohne die herkömmliche Kur geht. Haare müssen sich auch umgewöhnen. Wer es noch günstiger möchte, kann zu Haarseife greifen. Diese kann bei hartem Wasser jedoch Kalk (“Kalkseife”) binden und zu mattem, glanzlosen Haar führen. Hier kann (statt der herkömmlichen Kur aus der Drogerie) ab und an eine “Saure Rinse”, eine Spülung mit Apfelessig, helfen (2 EL Essig auf 1 Liter Wasser, ohne es wieder auszuspülen). Klingt zunächst befremdlich, aber der Essiggeruch verfliegt wirklich schnell. Auch an dieser Thematik wird deutlich: Um ein bisschen Recherche kommt man wahrscheinlich nicht rum, aber es geht!
Geht man plastik-geprimt durchs Leben, fallen einem nicht nur die Plastikfallen auf, sondern auch die zahlreichen Alternativen. Für so gut wie alle Produkte im Badezimmerschrank gibt es plastikfreie Wege: Festes Deo als Creme oder Stein, Zahnpastatabs und Bambuszahnbürsten, sogar feste Bodylotion konnte ich beim Seifenstadl* auf der Augsburger Dult auftreiben. Dieses kleine Team, das es sich zum Hobby gemacht hat, Seifen aller Art zu testen, berät auch ausführlich und gerne über festes Shampoo und Haarseifen, einfach mal anrufen (www.seifenstadl.de). Nebenbei steht die Selfmade-Option zur Verfügung, Arganöl statt Haaröl und Jojobaöl statt Feuchtigkeitscreme? Für uns fühlt es sich sogar gut an, zu den Naturprodukten zurückzukehren.
Doch nicht jeder kommt mit den Ersatzprodukten gleich gut zurecht. Für mich persönlich war die feste Zahnpasta beispielsweise ein No-Go. Ich brauche den minzig-frischen Zahnpasta Geschmack und ordentlich Schaum. Ein bisschen auf einem Tab rumzukauen verschafft mir da leider nicht genügend Zahnpflegebefriedigung. Auch bei festem Deo kann man seine Schwierigkeiten haben. Mit der Vorstellung, mir eine Art Creme selbst mit der Hand unter die Achseln zu schmieren, kam ich persönlich nicht klar. Auch hier gilt ausprobieren und das Richtige für sich finden. Bei “Mit Ecken und Kanten”* beispielsweise gibt es Deosticks in Pappe, für uns die optimale Lösung. Bei diesem Onlineshop könnt ihr günstige, faire und plastikfreie Produkte abstauben und nebenbei noch gegen Verschwendung ankämpfen. Daher ein kleines Shoutout an https://miteckenundkanten.com*.
Es gilt immer: Viele kleine Menschen können viele kleine Dinge tun und damit die Welt zum Positiven verändern. Nobody’s perfect!
Plastikfrei im Alltag – Alternativen, Selfmade Plastikfrei und Plastikfrei unterwegs
Ihr habt es vielleicht schon bemerkt, wer wirklich komplett ohne Plastik auskommen möchte, muss manchmal kreativ werden. Habt ihr zum Beispiel schon mal Nudeln selbst gemacht? Es gibt online eine Menge einfacher Rezepte, für die ihr lediglich Öl, Mehl und wahlweise Ei benötigt – alles problemlos in Papier und Glas erwerblich.
Wir haben uns beispielsweise an selbstgemachten Gnocchi versucht. Unser Fazit: So viel mehr Gehirnzellen als die Plastikverpackung aufzuschneiden und die Fertig-Gnocchi in kochendes Wasser zu werfen, braucht es nicht. Plus: Die Hände im Mehl-Kartoffel-Matsch zu vergraben macht sogar ein kleines bisschen Spaß. Und es lohnt sich! Übrigens auch sehr lecker und plastikfrei: selbstgebackenes Brot. Wir haben das Rezept von Alnatura ausprobiert. Super einfach und wirklich lecker. Wenn ihr also mal etwas Zeit habt, probiert es doch aus. Selbstgemacht schmeckt doch irgendwie immer besser.
Auch für herkömmliches Putzmittel gibt es gute Alternativen. Neben dem Gang zum Unverpackt-Laden, kommt man auch mit Zitronensäure, Essigkonzentrat und Natron wirklich gut um die Runden, ganz ohne Chemiekeule. Klar, der Essiggeruch ist etwas gewöhnungsbedürftig, doch genauso geht es uns mit Putzmittel, das uns immer den chemisch-beissenden Duft einer öffentlichen Toilette ins Badezimmer zaubert.
Daheim plastikfrei zu leben funktioniert also halbwegs, wenn man die richtigen Läden kennt und keine Kosten scheut. Ganz anders sieht das unterwegs aus: Muss es mal schnell gehen, so bleibt einem meist nur die Option des Wegwerfplastiks. In der Uni gibt es zwar mehr und mehr Alternativen für plastikfreie Studis, trotzdem lauern immer noch überall Plastikfallen. Auch beim Feiern werden einem immer wieder Steine in den Weg gelegt und der Verzicht auf ein Cocktail to go ist nicht so einfach. Zero Waste bedeutet nunmal viel Planung. Immer eine Wasserflasche und einen Jutebeutel im Gepäck haben und Stullen schmieren ist angesagt. Zugegeben: Die eigene Brotzeit schmeckt doch eigentlich am Besten, das Problem ist eher die Faulheit, sich eine solche zuzubereiten. Das Ganze dann in das plastikfreie Behältnis nach Wahl einpacken und mitnehmen.
Ein Go-To Tipp, den wir in der Hinsicht für euch ausprobiert haben, sind übrigens Bienenwachstücher. Für diejenigen, die dem Trend noch nicht begegnet sind: Es handelt sich um eine Art Butterbrotpapier- oder Alufolien-Ersatz.
Die mit Bienenwachs beschichteten Tücher haften wie Frischhaltefolie aneinander und haben den Vorteil, dass man sie danach einfach abspülen und wiederverwenden kann.
Diejenigen, die kein Vermögen dafür opfern wollen in Besitz solcher Tücher zu kommen (z.B. bei rutaNatur*), können sie auch ganz leicht daheim selbst machen. Lediglich Stoffreste, Bienenwachs und optional Jojobaöl braucht ihr dafür. Weil das wirklich easy ist, verzichten wir auf ein ausführliches Tutorial und geben euch stattdessen einen Einblick in unseren eigenen ersten Anlauf.
Unser Fazit
Alles was hier steht klingt für euch super aufwendig und nach viel hin und her gerenne nur für den ollen Brokkoli? Da kauft ihr doch lieber schnell beim Edeka um die Ecke welchen in Plastik, statt durch die halbe Stadt zu fahren. Ihr möchtet eben manchmal die Schoki aus der Kindheit oder den Lieblingsfrischkäse. Ja, und das ist auch okay so. Dieses kleine Projekt hat vor allem unser Bewusstsein für unseren Plastikverbrauch erweitert. Das Wichtigste ist unserer Meinung nach, einfach mal anzufangen. Step by Step, niemand verlangt eine 180 Grad Wendung. Beschäftigt man sich einmal mit dem Thema, fallen einem immer mehr Dinge auf, die man ersetzen oder einfach streichen kann. Wir können beide sagen, dass sich unser Plastikverbrauch im Vergleich zu vorher definitiv reduziert hat. Wir denken jetzt zweimal nach, bevor wir zu einem Produkt mit Plastikverpackung greifen. Dennoch gibt es nicht nur schwarz und weiß. Die einstige Lieblingsbioabteilung in der Drogerie glänzt zwar mit dem einen oder anderen plastikfreien Produkt, bekommt von uns aber auch Kritik. Die vielen veganen Leckereien und Öko-Rohkostriegel sind eigentlich eine ganz schöne Plastiksünde, und schmücken sich dennoch mit dem umweltfreundlichen Reformhaus Image. Die Thematik erscheint quasi endlos und bedarf oft eine Menge Aufwand und Recherche. Gerade im medizinischen Bereich ist Einwegplastik momentan das hygienischste Verpackungsmaterial, soll man deswegen komplett auf Medikamente verzichten? Außerdem: Wer sagt beispielsweise, dass Glas so viel besser ist als Plastik? Es ist deutlich schwerer, was bei langen Transportwegen mehr Co2 Emissionen bedeutet. Es wird bei hohen Temperaturen hergestellt und die Reinigung (beispielsweise in Pfandsystemen) braucht Tonnen von Wasser. Besser als plastikfrei ist immer noch ganz ohne Müll und jede Alternative hat auch ihre Nachteile. Dennoch ist es wichtig, irgendwo zu beginnen. Das Plastik eine Gefährdung unserer Umwelt darstellt, ist mittlerweile wahrscheinlich jeder/jedem klar. Wir wollen nicht missionieren oder mit dem Finger auf die bösen Plastiknutzer zeigen, aber vielleicht konnten wir den ein oder anderen zu einem bewussteren Umgang motivieren. Das ist nämlich das Gute an diesem “Trend”, die Aufmerksamkeit und das Bewusstsein für das Thema wird stark erhöht. Alleine die Tatsachen, dass Drogerien inzwischen festes Shampoo anbieten und die Unverpackt-Läden wie Pilze aus dem Boden schießen, zeigen: Wir können gemeinsam etwas erreichen und das ist definitiv erst der Anfang.
Ihr habt Tipps und Tricks, Fragen oder Artikelideen rund um den Bereich plastikfrei leben? Wir freuen uns über jeden Austausch in den Kommentaren oder auf Facebook und Instagram!
*Jegliche Laden- oder Markennennung ist unbezahlte Werbung und entspricht unserer persönlichen Meinung.