Augsburg bekommt eine Oberbürgermeisterin

Zur Stichwahl um den Chefsessel im Augsburger Rathaus.

Nach 2035 Jahren Stadtgeschichte bekommt Augsburg erstmals ein weibliches Oberhaupt. Die bisherige Wirtschafts- und Finanzreferentin Eva Weber (CSU) gewann die Stichwahl gegen ihren Stadtratskollegen und Ordnungsreferenten Dirk Wurm (SPD).

© Thomas Koristka

Eine Wahl unter besonderen Umständen

Das Augsburger Rathaus: Ein Ort, wo an Wahlabenden normalerweise reges Treiben herrscht, wo sich Wahlgewinner in den Armen liegen, wo Unterlegene getröstet werden – doch an diesem Abend war alles anders: Der Ort, an dem das Herz der kommunalen Demokratie schlägt, gleicht bedingt durch die aktuellen Ereignisse einer Geisterkulisse. Lediglich die wichtigsten politischen Protagonisten sowie einige Pressevertreter waren vor Ort im Oberen Fletz.

Die Wahl fand aufgrund der Auswirkungen durch die Corona-Pandemie als reine Briefwahl statt, was sich positiv auf die Wahlbeteiligung auswirkte: Diese lag bei 48,2 Prozent, vor zwei Wochen waren es noch 45,3 Prozent. Der Großteil der Wähler schenkte Eva Weber das Vertrauen: Die 42-jährige Tochter des ehemaligen bayerischen Staatssekretärs Alfons Zeller setzte sich mit 62,3 Prozent deutlich durch und zeigte sich auf der darauffolgenden Pressekonferenz vom Ergebnis überwältigt. Im ersten Wahlgang hatte sie noch 43,1 Prozent erreicht. Ihr sozialdemokratischer Kontrahent Wurm wirkte angesichts seiner 37,7 Prozent recht zufrieden und sprach von einem respektablen Ergebnis.

Altes Bild im neuen Stadtrat?

Während Parteien wie die Linke oder Pro Augsburg Wahlempfehlungen aussprachen, hielten sich die Grünen zurück – womöglich, um sich alle Optionen für Koalitionsgespräche offenzuhalten. Im neuen Augsburger Stadtrat, der im Mai seine Arbeit aufnehmen soll, werden 14 Parteien und Gruppierungen vertreten sein – so viele wie noch nie. Eva Weber kündigte am Wahlabend an, zuerst mit den bei der Stadtratswahl zweitplatzierten Grünen reden zu wollen, danach mit der SPD. OB-Kandidat Dirk Wurm machte klar, dass die Sozialdemokraten für Gespräche zur Verfügung stünden. Gut möglich, dass das bisherige breite Bündnis aus CSU, SPD und Grünen unter etwas veränderten Kräfteverhältnissen auch die nächste Stadtregierung bilden wird.

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Krisenmanagement ist jetzt gefragt

Für die designierte Oberbürgermeisterin geht es in den kommenden Wochen vor allem darum, die Auswirkungen der Corona-Pandemie als Mitglied des Krisenstabs zu managen – gerade in wirtschaftlicher Hinsicht. Auch Dirk Wurm ist als Ordnungsreferent aktuell voll gefordert, ebenso wie der scheidende OB Kurt Gribl. Dieser hat in seinen letzten Wochen im Augsburger Rathaus noch alle Hände voll zu tun, bevor er die Amtskette an seine Nachfolgerin übergeben darf. Die neue Legislaturperiode beginnt am 1. Mai. Auch wenn bald eine neue Stadtregierung gebildet werden muss, hat dieses Thema derzeit verständlicherweise nicht die höchste Priorität.