3 Wochen vegan – Ein Selbstversuch

© Foto: Balthasar Zehetmair

Es gibt vermutlich wenige Themen, die so euphorisch und zugleich kritisch thematisiert werden wie vegane Ernährung. „Vegan ist ungesund“, „Ich kaufe nur Bio ein, das ist nicht so schlimm“, „Ich könnte niemals auf … verzichten“ sind Aussagen, die man immer wieder hört, wenn es um das Thema Veganismus geht. Auf der anderen Seite gibt es diejenigen, die überzeugt von ihrer Lebensweise sind. „Kein Tier sollte für mich leiden und sterben müssen“ oder „Veganismus hilft der Umwelt, den Tieren und der eigenen Gesundheit“ sind Sätze aus der Perspektive eines Veganers, die zumindest mich zum Nachdenken angeregt haben.

Allgemeines zur veganen Lebensweise

Ein „ethisch motivierter völliger Verzicht auf tierische Produkte bei der Ernährung u.a.“ nennt sich Veganismus. In Deutschland ernähren sich ca. 10% der Bevölkerung vegetarisch. Unter diesen 8 Millionen Menschen befinden sich etwa 500.000 bis 1,2 Millionnen Veganer*innen. Auch weltweit hat sich Veganismus in den letzten Jahren als Trend entwickelt und man geht von ca. 1 Milliarde Menschen aus, die sich entweder vegetarisch oder vegan ernähren. Viele entscheiden sich aus ethischen Gründen für eine vegane Ernährung oder eine vegane Lebensweise. Sie möchten nicht für das Leiden oder Sterben von Tieren mitverantwortlich gemacht werden. Ein Beispiel, das relativ gut erklärt, wieso nicht nur auf Fleisch verzichtet wird, ist die Haltung und Aufzucht von Kühen. Damit eine Kuh Milch geben kann und der natürliche Milchfluss beginnt, werden Kühe schon im jungen Alter künstlich befruchtet. Ist das Kälbchen männlich, wird daraus in den meisten Fällen Kalbsfleisch. Wenn das Kälbchen weiblich ist, wird dieses schon sehr früh von seiner Mutter getrennt und später auch zur Milchkuh. Milchkühe werden nach einigen Jahren geschlachtet, sobald ihre Milchleistung nachlässt. Dies ist etwa nach einem Drittel der Lebenszeit, die eigentlich für sie erreichbar wäre. Durch die Milchproduktion entsteht also eine große Anzahl an Nachwuchs, was wiederum zu mehr Schlachtungen führt. 

Erhöhte Treibhausgase durch Massentierhaltung treiben auch den ein oder anderen Umweltschützer zum Veganismus. Außerdem gibt es mittlerweile zahlreiche Studien, die nachweisen, dass zum Beispiel Diabetes, Bluthochdruck und Übergewicht bei einer rein pflanzlichen Ernährung wesentlich seltener vorkommen, weshalb auch manche Leute, bei denen die eigene Gesundheit im Fokus steht, dem Vegan-Trend folgen. Allerdings muss man bedenken, dass gerade bei einer pflanzenbasierten Ernährung ein Mangel an kritischen Nährstoffen entstehen kann. Vitamin B12 zum Beispiel ist essentiell für die Blutbindung, spielt eine wichtige Rolle bei diversen Stoffwechselvorgängen und ist ausschließlich in tierischen Lebensmitteln enthalten, weshalb hier in jedem Fall auf ein Supplement zurückgegriffen werden muss. Man spricht vom Veganismus als „ein Kind des 20. Jahrhunderts“ und vor allem in den letzten Jahren hat sich gezeigt, dass zum einen die Zahl der vegan-vegetarisch lebenden Menschen ansteigt und zum anderen, dass immer mehr vegane Produkte mit dem V-Label und Fleischalternativen auf den Markt kommen. Der Trend lässt sich bei veganen Kochbüchern, veganer Mode und Kosmetik wiederfinden und es gibt einige Stars, wie zum Beispiel Miley Cyrus oder Johnny Depp, die offen über ihre vegane Lebensweise sprechen und das auch promoten.

Ausgangssituation

Vor diesem Selbstversuch habe ich nie ernsthaft darüber nachgedacht mich vegan zu ernähren. Ich bin einer von den Menschen, die gesagt haben „Ich könnte niemals auf Honig verzichten“ und da ich auch ganz gerne backe, wobei Zutaten wie Butter und Eier häufig ein „Muss“ sind, habe ich mir eine vegane Lebensweise eher schwierig vorgestellt. Allerdings konnte ich auch häufig verstehen, wenn mir jemand erklärt hat, wieso er oder sie auf eine vegane Ernährung umgestiegen ist. 

Relativ spontan habe ich dann beschlossen eine „Vegane Woche“ zu machen, nachdem ich wie viele andere auch in der Quarantänezeit etwas mehr Langeweile als sonst hatte und mit meiner Schwester gemeinsam ausprobieren wollte, wie schwierig es uns fallen würde, eine Woche lang komplett auf tierische Produkte zu verzichten. Da ich generell sehr selten Käse oder Fleisch esse und auch schon vor längerem auf pflanzliche Milch umgestiegen bin, hatte ich vermutlich nicht die schwierigste Ausgangssituation.

Herausforderungen

Eine große Herausforderung zu Beginn war für mich das richtige Einkaufen. Uninformiert darüber wie es lecker, gesund und intelligent ist eine vegane Ernährung zu starten, habe ich bei meinem ersten Einkauf tatsächlich nur Gemüse, Obst und einen Alpro-Joghurt gekauft. Es ist wirklich etwas frustrierend, wenn man mit der Annahme, dass ein Lebensmittel mit dem Siegel „Vegetarisch“ auch gleichzeitig vegan ist, falsch liegt, weil viele Produkte wie Kekse, Chips, bestimmte Brotsorten oder Fertiggerichte Süßmolkenpulver oder Milchzucker enthalten. Vielleicht hatte ich also Pech bei meinem ersten Einkauf, aber gefühlt waren in jedem zweiten Produkt, von dem ich ausgegangen bin, dass es vegan ist, tierische Inhaltsstoffe. Außerdem hatte ich viele Lebensmittel zu Hause, die ich auf täglicher Basis nutze, wie z. B Müsli mit Schokoladenstücken, nicht vegane Gemüsebrühe oder einen Honig-Dill Senf, wo ich mir im Vorhinein beim Essen nie mehr Gedanken dazu gemacht habe, für die ich jetzt aber eine Alternative brauchte. Eine weitere Herausforderung war für mich eine nährstoffreiche und ausgewogene Ernährung. Nach einigen Tagen, an denen ich wirklich nur Salat oder Gemüse mit Reis und Nudeln gegessen habe, hatte ich das Gefühl müder zu sein als sonst und ich habe ein größeres Hungergefühl verspürt. Vegane Ersatzprodukte wie z. B Joghurt, Eis oder Milch auf pflanzlicher Basis sind zwar etwas teurer als tierische Milchprodukte, aber den Kostenaspekt würde ich nicht als Herausforderung sehen, weil man stattdessen Lebensmittel wie Eier oder Fleisch weglässt, die relativ gesehen teurer sind.

© Foto: Antonia Weinmann

Positive Erfahrungen und meine Empfehlungen

Die soeben genannten Herausforderungen haben sich primär in den ersten Tagen abgespielt und logischerweise habe ich dann angefangen zu recherchieren, denn mit starkem Hungergefühl und einer einseitigen Ernährung hat der Selbstversuch nicht so viel Spaß gemacht. Sehr positiv war, dass viele aus meinem Bekanntenkreis, die vegan sind und mitbekommen haben, dass ich versuche mich vegan zu ernähren, reichlich Tipps und Empfehlungen hatten. So habe ich gelernt, dass vor allem pflanzliche Eiweiße hilfreich für ein Sättigungsgefühl sind, in Hülsenfrüchten vorkommen und auch noch eine gute Eisenquelle sind. Außerdem habe ich einige YouTube Videos von veganen YouTubern wie zum Beispiel Philipp oder Vegains DE gesehen, die ihre veganen Einkäufe aus diverse Supermarktketten vorstellen, so dass ich weniger frustriert und mit mehr Plan und Struktur einkaufen gehen konnte. Vor allem DM und Rossmann sind empfehlenswert, wenn man pflanzliche Lebensmittel sucht, da das Sortiment dort fast ausschließlich vegan ist und man „die Qual der Wahl“ hat. In Woche zwei hatte ich also nicht das Gefühl „Vegan ist langweilig“, sondern ich hatte Spaß daran, neue vegane Produkte zu entdecken und hatte eine ausgewogene Ernährung mit Hülsenfrüchten, Gemüse, veganer Schokolade etc. und um ehrlich zu sein ist nicht das Gefühl entstanden, als würde mir irgendetwas fehlen. Deshalb habe ich beschlossen mein Selbstexperiment auf 3 Wochen zu verlängern, um so viel wie möglich auszuprobieren. Zum Beispiel hat es mich interessiert wie veganer Fleischersatz schmeckt, weshalb ich einige Produkte von „LikeMeat“ und aus dem Veggie Sortiment von Aldi probiert habe. Mein erster Gedanke war, wieso Leute überhaupt noch „Normales Fleisch“ essen, wenn man geschmacklich keinen Unterschied schmeckt, aber weiß, dass man gerade etwas genießt, wofür kein anderes Lebewesen leiden musste. Auch war es für mich wichtig, zu testen wie machbar es ist vegan zu backen, weshalb ich das ebenfalls einige Male ausprobiert habe. Mit pflanzlicher Margarine statt Butter und Ei-Ersatz hatte ich auch hier keine Probleme sondern habe eher eine positive Erfahrung gemacht. Allerdings kann ich mir vorstellen, dass je nachdem was man backt Schwierigkeiten auftreten können. Wenn ich nochmal neu starten könnte, würde ich mich von Beginn an auf Blogs und Instagram informieren, wie eine gesunde und leckere vegane Ernährung aussieht. Sehr empfehlen kann ich den Blog Eat this! wo es nicht nur tolle Rezeptinspirationen gibt, sondern auch Tipps für einen sinnvollen veganen Vorratsschrank oder Experimente zu Themen wie „Less Food Waste!“.

Vegan in Augsburg

Sogar unsere Mensa an der Uni Augsburg hat bewiesen, dass sie vegan-freundlich ist. Die letzten Jahre gab es auch immer anlässlich zum Weltvegantag am 01. November ein besonderes Gericht.
Im ZUHAUSE in Augsburg ist alles vegan und Genuss steht hier großgeschrieben. Von selbstgemachten Kuchen bis hin zu veganen Burgern und Suppen, gibt es dort vor Ort und Online einige vegane Köstlichkeiten zu entdecken.
Das Café Himmelgrün bietet ebenfalls viele vegane Alternativen und ab Montag, dem 25. Mai, können wir uns auch wieder auf eine schöne und leckere Zeit mit Innengastronomie freuen. 🙂
Leckere, vitale und vegane Gerichte gibt es auch im MOM´S TABLE. Das nachhaltige Restaurant möchte gesunde Ernährung zugänglich machen und dabei eine positive Wirkung auf die Gesellschaft nehmen.

Selbstversuch vorbei… was jetzt?

Nachdem meine 3 Wochen, in denen ich konsequent pflanzliche Produkte zu mir genommen habe, vorbei sind, bin ich nicht direkt wieder dazu verleitet mich normal zu ernähren. Ganz im Gegenteil. Je mehr ich mich in das Thema eingearbeitet habe, umso mehr Gefallen habe ich daran gewonnen. Ich ernähre mich viel bewusster und drehe mittlerweile bei jedem Supermarkteinkauf die Verpackung um und schaue mir die Inhaltsstoffe an… und wenn möglich nehme ich das vegane Produkt. Ich hatte im Großen und Ganzen nicht so viele Schwierigkeiten mit der Ernährungsweise wie ich mir ursprünglich vorgestellt habe. Allerdings war ich nicht auf Reisen, wo Essen ja auch ein Stückchen Kultur bedeutet oder in Situationen wie Familienfesten, Geburtstagen etc., wo man es schwerer hat vegane Alternativen vorzufinden. Ich muss gestehen, dass ich noch immer schwer auf Honig verzichten kann, und da ich meinen Honig direkt vom Imker habe, ist hier meiner Meinung nach auch kein schlechtes Gewissen nötig. Ich werde versuchen in Zukunft so gut wie möglich auf tierische Produkte zu verzichten, weil ich mir bewusst bin, was ich unterstütze, wenn ich tierische Produkte konsumiere. Allerdings kann und will ich mich nicht in ein Label zwängen, das mir nicht erlaubt an vereinzelten Tagen auch mal eine Ausnahme zu machen. Ich würde einen solchen Selbstversuch jedem empfehlen, egal wie gerne man tierische Produkte isst. Denn obwohl Veganismus oft missverstanden wird, ist es meiner Meinung nach eine Lebensweise, die eine Auseinandersetzung damit wert ist.

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